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Deutſche Muſik - und Liederfefte 651
Städten dergleichen Feſtmuſiken und Muſikfeſte zu Stande. Biſchof lud 1820
wieder zu einem Muſikfeſte in Helmſtädt ein, wo ſih mehre Muſikfreunde aus
Quedlinburg entſchloſſen, in demſelben Jahre ein großes Feſt in ihrem Wohnorte
zu veranſtalten, welches ſo allgemeinen Beifall fand, daß 1824 der hundertjährige
Geburtstag Klopſtoc®s in Quedlinburg durch ein glänzendes, vont den erſten Mei:
ſtern Deutſchlands beſuchtes Muſikfeſt gefeiert ward. Gleichzeitig bildeten mehre
rheiniſche Städte — Elberfeld, Düſſeldorf, Köln und Aachen — einen Verein zu
jährlichen großen Muſikfeſten. Bei dem lebten Muſiffeſte zu Quedlinburg ward
ein muſikaliſcher Städteverein für die Elbprovinzen geſtiftet, welcher 1326 ſein
erſtes Muſikfeſt zu Magdeburg gab, das durch Friedrih Schneider's Oratorium :
„Das verlorene Paradies“ verherrlicht wourde ; das zweite Feſt wurde 1827 zu Zerbſt,
das dritte 1828 zu Halberſtadt, das vierte 1829 zu Nordhauſen gefeiert. Der
Muſlikdirector Naue in Halle trennte fich von jenem Städteverein und veranſtaltete
im September 1829 ein Muſikfeſt in ſeinem Wohnorte, das unter Spontini's
Leitung durch ein Orcheſter von mehr als 600 Perſonen ausgeführt, hinſichtlich
der Kunſtleiſtuugen alle frühern Úberſtralte, rviewol es als Feſt im Sinne der von
Biſchof veranſtalteten Vereine den bisherigen nachſtand. Dieſer neue Verein trat
unter dem Namen „Thüringiſch- ſächſiſher Muſikverein“ auf. Mit Schnei-
der's „Gideon“ begann 1830 das thüringiſhe Muſikfeſt in Erfurt, wo auch
Naue 1831 viele Künſtler wieder verſammelte. Auch am Oberrhein, in der
Mark und anderwärts beſtehen ſeit mehren Jahren ähnliche Vereine. Außer-
dem find die Aufführungen der großen Paſſionsmuſik von Sebaſtian Bach
durch die Singafademie in Berlin. und den Cäcilienverein in Frankfurt a. M.,
fowwie andere große mufifalifche Darftellungen dieſer Snftitute unter die Mu:
fiffefte zu rechnen. Der von Kocher geleitete Gefangsverein in Stuttgart gab
1831 mit Unterſtüßung der königlichen Hofcapelle den Händel ſchen „Meſſias“. Jn
Paſſau beſteht ſeit 1813 unter der Direction des Profeſſor Waldhauſer ein muſika:
liſcher Verein zur Darſtellung großer Muſikwerke. Solche Aufführungen ſind aber
nur bei roohleingerihteten muſikaliſchen Übungsſchulen möglich, welche auf den Vor-
trag der großen kirchlichen Muſik allen Fleiß verwenden. Dies geſchieht nun theils in
öffentlichen Anſtalten, wie der leipziger Thomasſchule und vielen Schullehrerſemina-
rien; theils in größern und kleinern Privatgeſellſchaften, unter welchen der von
Schelble errichtete Cäcilienverein in Frankfurt a. M. und die Singſchule von
Nrägele in Zürich fich befonders auszeichnen; vor Allen ift aber hier die Wirêſam-
keit der berliner Singafademie zu nennen, die, von Fafch geftiftet, feit deffen Zode
1800 von dem nunmehr audy dahingefchiedenen Zelter auf das Anerkennenswer-
thefte geleitet wurde, und befonders durch Aufführung geoßer Kichenmufifen, die
bisher noch nicht gehört worden waren, fich ein dauerndes Verdienſt um die Kunſt
erwarb, — Die Muſikfeſte haben Überhaupt manches ſeltene Muſikwerk wieder ins
Leben gerufen, ſowie manchem neuen den Urſprung gegeben, wie ſich denn auch die
erſten Meiſter unſerer Zeit, Spohr, Schneider, Ries, Spontini, Lindpaintner,
Elaſing u. A. m. ihrer Direction unterzogen, Mit den über ganz Deutſchland
verbreiteten Geſangvereinen ſind die Liedertafeln und Liederkränze verwandt.
Fene beſtehen in Berlin, Hamburg, Leipzig und andern Orten, beſonders des nörd-
lichen Deutſchlands als engere Privatcirkel, die ſich um eine heitere Abendtafel
mit mehrſtimmigem Geſange unterhalten, der jedoh immer zugleich eine höhere
muſikaliſche Bildung erfodert. Die Liederkränze,. welche unſers Wiſſens zuerſt in
Schwaben ſeit'8 — 10 Jahren aufgekommen ſind, bilden größere Vereinigun-
gen zur Belebung des Volksgeſanges und überhaupt einer geſelligen Muſik, Der
ftuttgarter Liederkranz feiert alljährlich den Todestag Schiller's mit Geſang und
Rede im Freien; auch dem Andenken des großen Liedercomponiſten Zumſteeg wur-
den ähnliche Feſte gewidmet. Das große ſchwäbiſche Liederfeſt, bei welchem Mit: