Full text: A bis E (1. Band)

    
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Deutſche Schauſpieler und Schauſpielerinnen 655 
Liebhaberz ſeine Erſcheinung reicht hin, für ihn einzunehmen. Er folgt ſtets der Ein- 
gebung eines genialen Temperaments, das ihn richtig leitet, aber ſeine Leiſtung iſt 
mehr das Werk einer glücklichen Phantaſie als der ſich bewußten Vollkommenheit der 
Begeiſterung. Das Gefällige iſt ſeine Sphärez er erheitert, reißt auch wol hin, we>t 
aber nicht Begeiſterung. Für das Luſtſpiel und búrgerliche Drama wie geboren, 
vermißt man in der romantiſchen und Reflectionstragöôdie an ihm Ernſt und Erha- 
benheit, Unter den Damen, außer Demoiſelle Gley (ſ. d.), erlangten neuer- 
dings Ruf Demoiſelle Peche (duch A.W. v. Schlegel’8 Empfehlungsbrief), [chöne, 
zarte Geſtalt, durch ihre Mittel auf das ſanft Rührende jezt hingewieſen, und 
Demoiſelle Müller, vorzügliche Toilettenkünſtlerin, gut in Lebedamenrollen. Aus- 
ſchließung von Oper und Ballet, Einſicht und Fleiß des Dramaturgen Schreyvogel 
hielten bisher das Burgtheater auf alter Höhez vorzügliche Nobleſſe und Feinheit im 
Converſationsſpiel ſind ihm eigen. Überkommene veraltete Begriffe von einer noth- 
wendigen Trennung der Genres und Beſchränkungen durch die Theatercenſur thun der 
fortwirkenden Lebenskraft dieſer Bühne Eintrag. Auf den andern Bühnen Wiens 
find bis auf den Komiker Scholz im Theater an der Wien keine neuen Talente aufge 
gangenz das der Leopoldſtadt, Ra imund?s (f.d.) beraubt (die Krones ſtarb), iſt 
im Verfall, — Jn München verliert ſich das Schauſpiel unter dem politiſchen Ha- 
der und in der ungeheuern gewölbten Opernhalle. Fräulein von Hagn, jugendliche 
Liebhaberin, von ſchöner Geſtalt, ſpielt mit einer ke>en Naivetät, freilich oft auf Ko- 
ſten des Adels der Kunſt und der weiblichen Milde, Wenn ſie die Einſeitigkeit ihrer 
Richtung aufgibt, läßt ſich viel von ihr erwarten. — Dresdens Horbühne hält 
fich, teog der verwidelten Directionsverhältniffe und obgleich es ſhon mehrmals ſeine 
beſten Schauſpieler verloren, auf einer gewiſſen Höhe der Kunſt. Zied, wenn er 
auch nicht viel handelt, hält doch das ganz Schlechte ab und muntert junge Kräfte 
auf; Pauli iſt ein wa>erer Komiker im Charakteriſtiſchen und ein tüchtiger Regiſ- 
ſeur. Emil Devrient, den die Búhne jüngſt gewonnen, iſt als Darſteller für Hel- 
den= und jugendliche Liebhäberrollen jest der einzige Schaufpieler Deutſchlands, 
der ung gerade Das erſegen könnte, was Wolff einſt geweſen. Die Natur hat 
ihn günſtig ausgeftattet; Geftalt und Züge ebenſo {ón als edel, ſein Organ 
ebenſo biegſam als wohltônend. Fleiß und glüdliches Studium verrieth er in 
jeder bedeutenden Rolle. Sein Oreſt iſt ein Studium für Maler und Bild- 
hauer wie für den Schauſpieler. Der Reflectionstragödie zugewieſen, wirkt er min- 
der im bürgerlichen Schau- und Luſtſpiel, weil hier ſeine Naturgaben nicht ins ge- 
hörige Licht treten. Seine Gattin, wa>ere Künſtlerin im feinern Luſtſpiele, ſein 
Bruder Karl, mit fhönen Mitteln ausgeftattet, bekannt ſchon von früher. Madame 
Mevius, eine mit einer ſonoren Stimme ausgeſtattete Tragikerin. — Aus der 
in Leipzig beſtandenen Geſellſchaft ſeit der Auflöſung des Küſtner'ſchen Etabliſz 
fements erwarb fich neuerdings Rott (jest in Berlin) einen Namen; von großen 
Mitteln, wol noch höher als er ſteht von ſeinen Freunden geſtellt, neuerdings 
aber auf dem Wege, durch gewaltige Anſtrengungen frühere Vorwürfe zu tilgen 
und ein ausgezeichneter Tragiker zu werden. Roſalie. Wagner, erfreuliches Ta- 
lent im Luſtſpiel und in ſentimental tragiſchen Rollen. — Auf den mitteldeutſchen 
Bühnen, außer den ſhon von unſerm Vorgänger genannten Laroche und Ge- 
naſt in Weimar, haben fich nur Rettich (edle Geſtalt, Feuer, verſprechend im ju- 
gendlichen Heldenfach), früher in Kaſſel, und Seydelmann neuerdings Namen 
gemacht. Nächſt Devrient dem Altern iſt dieſer in dem chargirt komiſchen 
Fache der Bedeutendſte, vorzüglich, ja einzig als Maskenkünſtler. Humor 
iſt da, aber beſchränkt; ihm fehlt die Poeſie. Marr, jet in Braunſchweig, 
hat eine gewiſſe tro>ene Tüchtigkeit in Charakterrolfen. — Am Rhein geht 
die deutſche Kunſt aus, nichts in Düſſeldorf und Kölnz große neuere Anſtren- 
gungen brachten in Aachen noch nichts Eignes hervor, Der neue Aufſchwung in 
 
	        
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