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Diplomatie 689
tion des Amts im engern Sinne kann der Beamte niemals ein Recht haben,
dénn dies würde zu der ungereimten Behauptung führen , daß der Staat verpflichz -
tet wäre, ſeine Geſchäfte auch allenfalls /ſhle<t beſorgen zu laſſen. Aber den
Stand kann er nur im Wege eines rechtlichen Erkenntniſſes (dur eine Degrada-
tion) verlieren, und ebenſo wird ihm auch die Beſoldung verbleiben müffen, wenn
er nicht feines Amtes durch vichtsrliches Urtheil entfegt wird. Für dieſen Punkt
forgen nun die meiften der oben angeführten Gefege über die Verhältniſſe dcr
Staatsdiener mit mehr oder weniger Liberalität. Jm Großherzogthume Weimar
wurde ein ähnliches Edict ſhon 1820 von den Landſtänden mit der Erklärung
in Antrag gebracht, daß ein Geſes im Großherzogthume nicht vorhanden ſei, wel:
hes die Entlaſſung der Staatsdiener ohnè rechtliches Erkenntniß verbiete. Ein
ausdrücfliches Geſeß mag freilich nicht vorhanden geweſen ſein, allein geltendes Recht,
die Staatsdiener nicht willkürlih zu entlaſſen , wird es, wie in andern deutſchen
Landen, auch im Großherzogthume geweſen ſein, welches gegen die Neigung der
Regierungen von den Reichsgerichten immer aufrecht gehalten worden iſt. Das
durch ein hôchſtes Decret vom 4. Februar 1821 zugeſicherte Sefes ift noch nicht
vorgelegt worden. Die Landſtände ſind auch ſeit ihrer neuern Geſtaltung in der
Regel nicht von großer Vorliebe gegen die Staatsdiener durchdrungen , und viel-
mehr geneigt, ſie als ihre naturlichen Feinde anzuſehen, was wol leicht zu erklären,
aber immer ein Beweis iſt, daß beiden Theilen -der rechte Sinn für ein wohl:
geordnetes Stantsleben noch nicht aufgegangen ift. Jn Preußen iſt zwar in
Anſehung der Juſtizbeamten allein verordnet (,„Allgem. Landrecht“, Th, 2, Tit.
17, $. 99), daß fie nur von den Gerichten ihres Amts entfegt werden kön-
nen, allein auch in Hinſicht der übrigen Staatsdiener ſind ſolche Formen vor-
geſchrieben , daß die Entlaſſung nicht ohne genaue Erörterung und nicht ohne
Gehör des Beamten vorgenommen werden kann. (Cabinetsordres vom 22. April
1822 und 21. Februar 1823; Strombe>'s „Ergänzungen zum Allgemeinen
Landrecht“, Th. 2, Tit. 10, $. 98 — 103.) Man muß jedoch nicht vergeſſen,
daß eben dieſe Formen nur in einem großen Staate Sicherheit gewähren können,
nicht aber in einem fleinen Staate, wo faſt jeder Staatsbeamte mit den Miniſte-
rien in unmittelbare Berührung kommt. Auch gehört in Preußen noch der ſtrenge
Organismus des Staatsdienſtes, vermöge deſſen nur durch wiederholte ſtrenge
Prüfungen und Probejahre die Stellen der Collegialräthe, von welchen dann das
Aufſteigen zu den höhern nur von Tüchtigkeit und einigermaßen vom Dienſtalter
abhängt, zu der weſentlichen Einrichtung des Ganzen, und mit Recht iſ neuerer
Zeit gerühmt worden, daß dieſe feſte Organiſation des Staatsdienſtes in manchem
Betracht als ein Erſaß anderer ſtaatsrechtlichen Garantien angeſehen werden könne.
Über die Verantwortlichkeit der Staatsdiener, wohin auch die Frage , in wie weit
der Staat für ſeine Beamten und die von ihnen begangenen Verſehen und Geſeb-
widrigkeiten zu haften habe, ſt. den Art. Verantwortlichkeit. (3)
Diplomatie. Wenn man genau ſein will, ſo muß man die doppelte
Bedeutung, in welcher dieſer Ausdru> jet gewöhnlich vorkommt, wohl von ein:
ander unterſcheiden, indem ſowol der Stoff, welchen die Diplomaten behandeln,
als die Form , in welcher dieſes geſchieht, dadurch bezeichnet wird. Denn ſo iſt
Flaſſan’s „Uistoire dela diplomatie française“’ feineswegs eine Gefchichte des fran-
zöſiſchen Geſandtenweſens, auch keine Geſchichte der Formen deſſelben, ſondern eine
Geſchichte der auswärtigen Politik Frankreichs und der darauf ſich beziehenden Ver-
handlungen und Verträge mit ihren Veranlaſſungen und Erfolgen. Der Stoff
der Diplomatie iſt das Völkerrecht, und dorthin gehören. alfo die, Grund:
fäße, welche in der neuern Zeit bald anerkannt, bald wieder beſtritten und dur
die That ſelbſt verworfen worden ſind. Zu dem Völkerrecht alſo gehört auch die
Frage, mit welcher die Diplomaten ſich in den legten zroölf Sahren fo oft beſchôf-
EConv.-Lex. der neueſten Zeit und Literatur. 1. 44
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