Full text: A bis E (1. Band)

  
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Domainenfrage 699 
gleich ſich in dieſem Verhältniſſe ſeit mehren Jahrhunderten die zwei Hauptgrund- 
fäße feftgeftellt hatten: 1) daß das Eigenthum der Domainen und Kammergüter 
(mit Vorbehalt des zum größten Theil dabei eintretenden Lehnsobereigenthums des 
deutſchen Reichs) der fürſtlichen Familie zuſtehe; und 2) daß der jedesmalige 
Landesherr nur Niesbraucher der Früchte dieſes Familienguts ſei, welches auch 
ohne beſondere Verträge, Teſtamente und dergl. ſchon ſeiner Natur und von 
Rechtswegen mit einem Familienfideicommis belaſtet ſei: ſo war doch nicht allein 
hierin dur. mancherlei Familienverträge und beſondere Umſtände eine große Ver- 
fchiedenheit der Nechte hervorgebracht worden, ſondern noch ſchwankender, ver- 
mwicßelter und ungleicher waren die Rechte, welche dem Lande, nicht fowol an dem 
Familiengute der Fürſtenhäuſer, als vielmehr in Beziehung auf daſſelbe, zuſtanden; 
Rechte, welche nicht allein mit der Erwerbung der Landeshoheit und ſpäterhin der 
Kammergüter ſelbſt in genauem Zuſammenhange ſtanden, ſondern auh durch 
neuere hinzugekommene Umſtände und Verträge mit den Landſtänden auf man- 
nichfaltige Weiſe modificirt und ſelbſt in ihren Grundzügen verändert worden ſind. 
Der gewöhnlichſte Weg hierzu war, daß die Fürſten mit den Einkünften ihrer 
Güter nicht ausgefommen waren, fondern die Güter veräußert oder auf fie eine fo 
große Schuldenlaſt gehäuft hatten, daß die Landſtände ins Mittel traten, die 
Schulden und Zuſchüſſe zu den fürſtlichen Kammern übernahmen, dagegen aber 
uun ſich auf verſchiedene Weiſe ſicherzuſtellen ſuchten, daß ähnliche Verſchleude- 
rungen und Verpfändungen ſie nicht aufs Neue in Verlegenheit ſegen möchten. 
Indeſſen wird wol aus ältern Zeiten (d. h. bis 1806) nicht leicht ein Beiſpiel ge- 
funden werden, daß die Landſtände dem Lande ein wirkliches Eigenthumsrecht an 
den Kammergütern beigelegt oder ausbedungen hätten, wiewol die fürſtlichen Fa- 
milien felbft oft genug, wie in dem Erbverbrüderungsvertrage zwiſchen den Häu- 
ſern Sachſen, Heſſen und Brandenburg (1373—1614), den Saß aufgeſtellt 
haben, daß die Kammergüter dem Lande folgen und anhängen müßten, und daß 
bei dem Ausfſterben eines fürſtlichen Hauſes das Stammgut deſſelben nicht den 
Allodialerben, ſondern den Landesnachfolgern gebühre. Vielleicht iſt es ſogar rich- 
tiger, zu fagen, daß die Landeshoheit (die Regierungsrechte) bei dieſen Verabredun- 
gen nicht die Hauptſache waren, ſondern nur eine Folge des Beſibes derjenigen 
Rechte, welche als zum Kammergute gehörig angeſehen werden mußten. Denn 
man theilte bis in die neuern Zeiten nicht das Land etwa nah Quadratmeilen, 
auch nicht die Unterthanen nach der Seelenzahl, ſondern man theilte nah Kammer- 
einfünften, und zwar nah Amtern, wobei dieſe mit mehr oder weniger Genauig- 
keit nah dem Ertrage der Kammergüter und Kammergefälle geſchäßt wurden, 
ferner nah Städten und Schlöſſern, Vogteirechten über Bisthümer und Klöſter, 
und Lehnſchaften. ' Daraus folgten dann in jedem der einzelnen Theile, die man 
allerdings nach den größern Diſtricten und dem Umfange der ältern Fürſtenthümer 
und größern Grafſchaften zuſammenhielt', die eigentlichen Regierungsrechte von 
ſelbſt. Dieſe Verfahrungsweiſe berechtigt jedoch Eeineswegs dazu, die Grund: 
herrlichEeit fie die einzige oder wenigftens die vorzüglichfte Duelle der Landeshoheit 
(für das Princip der Zerritorialverfaffung) zu erklären, indem der wichtigere Theil 
dieſer Rechte dennoch urſprünglich aus dem Neichgamt abgeleitet werden muß. 
Denn hierbei muß, welches auch für die urſprüngliche und wahre Natur der Dos 
mainen entſcheidend iſt, Mehres unterſchieden werden. 1) Die Regierung in den 
deutſchen Landen ward unter dem Könige durch Beamte — Grafen — verwaltet, 
welche Anführer, oberſte Verwalter und Richter ihres Sprengels waren, und dafür 
die Nutzungen der darin gelegenen, dem Könige nicht beſonders vorbehaltenen GÜ- 
ter und beftimmte Gefälle und nugbare Rechte hatten, wovon ſie auch die Koſten 
ihrer Verwaltung beſtritten. Zu dieſen Amtern wurden oft Männer genommen, 
die ohnehin in ihrem Bezirk angeſehen und begütert waren, welches nicht nur die 
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