700 Domainenfrage
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Veranlaſſung zu einer anfangs bloß zufälligen Erblichkeit wurde, ſondern auch, als
die Erblichkeit der Grafſchaften entſchieden und allgemein war (in vielen einzelnen
Fällen aud) fhon früher), zu einer Vermiſchung des Amtsguts und des Eigen:
guts führte. Die Geiſtlichen erlangten durch die Befreiung von der weltlichen
Autorität dieſelben Rechte über ihre Güter, und ſpäterhin waren ſie ſehr eifcig und
glücklich darin, die in ihrem kirchlichen Sprengel gelegenen Grafſchaften ſelbſt an
ſich zu bringen. Es iſk auch zu glauben, daß große Grundeigenthümer die Rechte
des Grafenamts über ihre Befigungen nicht felten ausdruclich erhalten, vielleicht
aber noch häufiger durch Ufurpation an fic) gebracht haben. 2) Über dieſe Beamten
Und zwiſchen ſie und den König ſtellten ſich höhere, die Stelle des Königs vertre-
tende Beamte, deren Entſkehung und Rechte auch nicht völlig gleich waren und
blieben. Die alten Oberhäupter der Stämme, welche ſih dem fränkiſchen Reich
unterwarfen, behielten groß: ntheils ihre Autorität oder erlangten ſie nach einiger
Heit wieder, und waren abhängige Verbündete, wie die Herzoge von Baiern, Sad:
fen, Bretagne, Guienne u.f.w. Sie übten königliche Rechte (Regalien) aus, ord:
neten ihren Hof nach dem Muſter des königlichen und bezogen auch die königlichen
Einkünfte. An den Grenzen war die Grafenverwaltung nicht ſtark genug; es wur-
den höhere Anführer angeſtellt, welchen die Grafen ſo untergeordnet waren , wie
andere Grafen dem Könige ſelbſt, und die, vornehmlich in den von ihnen er
oberten Ländern, ebenfalls die Rechte des Königs ausübten und die königlichen
Güter und Einkünfte benugten. Die alten Stammhäupter find nad) und nach
ausgegangen; ihre Länder entweder mit der Krone vereinigt oder an geiſtliche und
weltliche Herren zerſplittert worden. Die Regalien (das Schirmrecht über die Stif-
ter mit bedeutenden Nugungen, die höhere Jurisdiction, die Benüßung der Reichs-
güter) ſind an Diejenigen übergegangen , welche in dem alten Herzogsamte mit
verkleinertem Sprengel nachfolgten, und wurden ſehr Vielen verliehen, welche früher
den Herzogen untergeben geweſen waren. Viele Grafen wurden gefürſtetz die
Familie Heinrichs des Löwen erlangte für die Länder, welche ſie in dem alten
Herzogthume Sachſen beſeſſen hatte, ſelbſt die Würde und das Recht der Herzoge.
Auch unter den Domainen der Fürſten war hiernach Vieles, was Privateigenthum,
aber auch Vieles, was zuerſt Amts- oder Reichsgut war.
Dieſe Verhältniſſe machen es unmöglich, eine einfache und durchgreifende Ant-
wort darauf zu geben, oh die Kammergüter Dotation der landesherrlichen Würde,
oder ob ſie Stammgut der fürſtlichen Familie ſind, und noch weniger würde es möglich
ſein, auf hiſtoriſhem Wege zu einer vollſtändigen Sonderung beider Beſtandtheile zu
gelangen, obgleich von mehren Domainen wol klar gemacht werden kann , daß fie
zu dem Einen oder dem Andern gehören. So iſ es von den ſogenannten Kammer-
regalien nicht zu bezweifeln, daß ſie von dem alten Grafenamte herrühren und alſo
nicht Privatgut find; auch Eönnen die eingezogenenStifts- und Klofkergüternicht zum
Privatgut gerechnet werden. Bis 1806 iſt es indeſſen im Allgemeinen nicht be:
zweifelt worden, daß die Domainen an fich Eigenthum der fürſtlichen Familien
ſeien, und daß das Land zunächſt bei ihrer Erhaltung nur inſoweit ein rechtliches
Intereſſe habe, als die Unterhaltung des Fürſten und die Beſtreitung der Regie:
rungsfoſten auf die Kammergüter und Einkünfte radicirt waren. Jm Übrigen
hielt man zu einer gültigen Verfügung über die Domainen nur die Zuſtimmung
der Agnaten für erfoderlich, und eine große Zahl fürſtlicher Hausverträge über die
Zuſammenhaltung der Kammergüter und die Bedingungen ihrer Veräußerung ſind
von den Mitgliedern der fürſtlichen Familie ohne alle Mitwirkung des Landes ge:
ſchloſſen worden , ja die Stände widerſprachen fogar, wenn die Unveräußerlichkeit
der Kammergüter zur Sprache kam, weil ſie es für ſich vortheilhaft fanden, daß
der Landesherr Güter zu verſchenken und zu verkaufen berechtigt ſei. (S. Weiße's
„„Beſchichte des Königreichs Sachſen“, Bd. 1, S, 294, Bd. 2, S. 193.) Als
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