758 Einſiedel (Friedrich Hildebrand von)
und meiſt von Göthe aus8gehenden Wisſpiele, früher im Jagdſchloſſe zu Etters-
burg, ſpäter in, dem grünumkränzten, von der Sim umfloſſenen Tiefurt. E,
nahm an Allem mit dem lebhafteſten Jutereſſe Antheil, ſchrieb Schauſpiele
und Eleine Dperetten, übernahm Rollen, 3. B. den Almaviva im „Figaro“,
geſellte fich mit ſeinem Lieblingsinſtrumente, dem Violoncell, zum Orcheſter und
wetteiferte in Liedern, Novellen und äſthetiſchen Entwielungen mit den gro:
ßen Meiſtern Wieland, Göthe, Sedendorf, Herder, mit dem noch) jest lebenden
Knebel und einigen andern ab und zu gehenden Dichtern jener Zeit. Eine Zeitlang
theilte man fich regelmäßig dichteriſche Aufſäge und Ausarbeitungen mit, díe in
Gegenwart der Fürſtin, auch wol des Herzogs, vorgeleſen und in ein eignes „Jour-
nal von Tiefurt“ eingeſchrieben, lange Zeit in der Handſchrift vertraulich mitge-
theilt wurden. Jn dieſem Journal ſind auch von E. leſenswerthe Beiträge ent-
halten. Jn manchen Einrichtungen des kleinern Hofſtaates ward er von einer
geiſtreichen und klugen Hofdame, einem Fräulein von Göchhauſen, unterſtüst,
die ſeinem Zerſtreutſein oft zu Hülfe kommen mußte. Er bewies dem {önexGe-
ſchlechte, für deſſen Reize er viel Empfänglichkeit hatte, ſets die Galanterie eines
Mannes von Welt, der aber gar nicht an das Heirathen kommen Eonnte, und ver-
diente ſich ſhon damals den Namen des „Freundes“, mit welchem er in den Hofcir=-
keln belegt wurde, um ſo mehr, je unübertreffbarer ſcine Gutmäüthigkeit war, kleine
Nedereien gut aufzunehmen, ſowie der aus allen ſeinen Zügen hervorleuchtenden
geiſtvollen Freundlichkeit Niemand abhold ſein konnte. Die Herzogin Amalia
faßte 1787 den Entſchluß, die hohen Erinnerungen von claffifcher Vorzeit und
die Kunſt- und Lebensgenuffe, wie fie nur dort zu finden, in Stalien aufzu:
ſuchen. E. und Fräulein von Göchhaufen machten ihren ganzen prunklofen
Hofftant aus. In Neapel, wo damals der Ritter Hamilton den Ton angab,
fanden ſich die Reiſenden mit Herder zuſammen, und der noch jebt im höchſten
Greiſenalter lebende Capecelatro, Erzbiſchof von Tarent, wußte ſtets \{<ône Gold-
früchte aus dem Hesperidengarten in ſilbernen Schalen darzubieten. Jn dem
Zimmer der Herzogin ſah man ſpäter no< Scenen von Kniep gemalt hängen,
wodurch mancher köſtliche Abend in jenem Paradieſe im Freien zugebracht, feſt-
gehalten und auh E.'s geſellige Thätigkeit abgebildet wurde. Bereichert mit
geläutertem Gefchmad für muſikaliſche Compoſition, mit verfeinertem Sinn
für jeden Zweig der bildenden Kunſt, mit der erweiterten Bekanntſchaft ausge-
zexhneter Männer und Frauen , kehrte E. darauf mit der Herzogin nach Mei:
mar zurú>, um fich in dem Kreiſe, nicht der höfiſchen , ſondern der attiſchen
Geſelligkeit, nübli<h und angenehm zu machen. Ju dieſer Abſicht verpflanzte
er mehre Opern, unter andern „Impresario in angoscia”, fangbare Worte
mit Meiſterſchaft der Muſik unteriegend, aber auch ſelbſt den Zonfag nicht
ohne Beifall verfuchend. Der Einheimiſche wie der Fremde erbli>te damals
am Hofe der Herzogin Amalia, ohne Neid und Eiferſucht, das Bild des lie
benswürdigſten Hofmannes, der Jedem mit gewinnender Höflichkeit entgegen-
fam, der nicht oberflächliches Wiſſen in alten Sprachen, tiefes Eindringen in die
neuern, beſonders ins Spaniſche, und große Bekanntſchaft mit der Literatur des
Tags, neben der Leichtigkeit des Weltmannes beſaß. Allgemeine Achtung und
Neigung fand es daher nur billig, daß er ſtufenweiſe zum Oberhofmeiſter und wirk-
lihen Geheimrath emporſtieg, mit in- und ausländiſchen Ehrenzeichen ge-
{<mü>t ward, und daß nach dem für ihn unerfeglichen Verluſte der ihre Flucht
während der verhängnißvollen Octobertage 1806 nur wenige Monate überlebenden
Herzogin Amalia, die regierende Großherzogin Louiſe ihn zum Chef ihres Hofſtaats
erfor. Bald darauf geſchah es auch, daß ihm, dem vieljährigen Beiſizer des Hof-
gerichts in Jena, nah Aufhebung deſſelben die ehrenvolle Stelle als Vorfiger bei
dem neuerrichteten Dberappellationsgericht übertragen wurde, worin ihm bald
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