824 Engliſche Literatur
zu Erörterungen über Volksrechte und Regierungsformen geführt hatten, und nach
dem praktiſchen Bedürfniſſe der Gegenwart waren es vorzüglich die Nationalöko-
nomie und die Staatswirthſchaftslehre, die eine lebhafte Theilnahme fanden und
nach verſchiedenen Anſichten, doch meiſt nad) den Grundſägen des ſcharfſinnigen
Adam Smith, von Ricardo, Malthus und in einer gründlichen Überſicht der Er-
gebniffe der neueſten Forſchungen von JF. R. M'Culloch (dem Herausgeber des 1832
erſchienenen reichhaltigen „Wörterbuchs des Handels und der Handelsſchifffahrt““) in
feinen „Principles of political economy” (zweite Ausg. London 1831) ausgebildet
wurdèn. Malthus verfocht fortdauernd ſeine Anſichten dèr Bevölkerungspolitif, die in
Beziehung auf das verkehrte Syſtem der engliſchen Armenpflege eine praktiſche Wich-
tigkeit hat, fand aber in Sadler einen ſiegreichen Gegner. — Die Rechtsgelehr-
ſamkeit beſchränkte ſich ſeither hauptſächlich auf das einheimiſche Recht , deſſen
Kenntniß und Anwendung durh Sammlung der Geſegzquellen, Erörterung von
Rechtsfragen und praktiſche Hülfsmittel erleichtert wurde, doch richtete Y. Reddie
(1829) die Aufmerkſamkeit ſeiner Landsleute auf die neueſten Fortſchritte des Stu-
diums des rômiſchen Rechts in Deutſchland, und die geſchäßte Zeitſchrift „The
Jurist” fuchte gleichfalls den Gefichtsfreis der englifchen Rechtsgelehrten zu ermeiz
tern. — Ebenſo wenig erſchien in der Theologie ein wiffenfchaftliches Streben.
Die vaterländifche Kirchengefchichte war ber einzige Zweig, der mehre ſhägbare
Früchte trug, von welchen wir nur Baughan’s Lebensgefchichte Wicliffe’s und
Todd's Leben Cranmer's nennen. Roſe hatte ber das Streben der deutſchen Theos
logen in ſeiner befangenen Anſicht einen ſo furchtbaren Bann ausgeſprochen, daß
man ihre Arbeiten nicht berührte und nur etwa Griesbach's Text des Neuen Teſta-
ments zu neuen Ausgaben benugte oder Ernefti’s Einleitung überfegte,
Das Gebiet der Gefhichte wurde, wie feit langer Zeit, mit vormwaltender
Beachtung der Landesgeſchichte bearbeitet. Unter den Quellen ſind vorzüglich die
unter der Aufſicht einer königlichen Commiſſion erſchienenen „State papers“
(erſter Bd., London 1831, 4.) zu erwähnen, die den Briefwechſel Heinrichs VI.
mit dem Cardinal Wolſey und ſeinen Übrigen Miniſtern enthalten. Die Geſchichte
der engliſchen Verfaſſung wurde ſeit Hallam, deſſen „Constitutional history of
England’ in der dritten Ausgabe (3 Bde., London 1832) erſchien, in Palgrave's
Werk: ¿The rise and progress of english commonwealth“ (2 Bände, London
1832, 4), bearbeitet, welches die Geſchichte der Staatseinrichtungen Englands
gründlicher entwi>elt als es bis jebt geſchehen iſt. Die neueſten ausführlichen
Darſtellungen der Landesgeſchichte von Sharon Turner und Lingard bilden einen
ſcharfen Gegenſaß. Turner ſcheint ſeine in drei verſchiedenen Werken bearbeitete
Geſchichte Englands , die Geſchichte der Angelſachſen , die Geſchichte Englands im
Mittelalter und die neuere Geſchichte, die in der 1832 erſchienenen Ausgabe in
12 Bänden vereinigt find, mit dem Tode der Königin Eliſabeth geſchloſſen zu
haben. Dem Verdienſte gründlicher Forſchung thut eine zuweilen befangene Be-
urtheilung und eine ungefällige Form der Darſtellung Eintrag. So eifrig er in
ſeiner neuern Geſchichte die Reformation und ihre Urheber vertheidigt , ſo ſchlau
verficht der katholiſche Prieſter Lingard in ſeinem Werke, das bis auf den Sturz des
Haufes Stuart (1688) geht, das römifche Kicchenthum. Mit einer klaren, wenn
auch nicht lebendigen Darſtellung, ‚verbindet auch er eine forgfältige Benugung der
Quellen; aber úberall, wo das kirchliche Jntereſſe, in der âlteſten wie in der neuern
Zeit, hervortritt, verlegt er durch Verſchweigung oder durch künſtliche Entſtellung
der Thatſachen die Pflicht der Unparteilichkeit , und wie Hume aus Vorliebe für
das Haus Stuart, wird er aus Hinneigung zur Hierarchie unredlih. Eine durch
unparteiliche Forſchung und vollendete Form ausgezeichnete Darftellung der reis
chen Geſchichte Englands iſt eine noh ungelöſte Aufgabe. Palgrave’s „History of
England” in der „Family library” (1831) gibt eine anfprechende Überficht, von
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