Full text: Die Chemie der Hölzer (1. Hälfte,1. Abteilung)

  
246 Die Nadelhöizer 
Die Hemicellulosen des Fichtenholzes 
Nach der Begriffsbestimmung des Entdeckers der Hemicellulose, 
E. Schulzet), Zürich, sind die Hemicellulosen mit verdünnten Mineral- 
säuren leichter hydrolysierbar zu einfachen Zuckern als die Cellulose. 
Diese Definition ist an Bestandteilen meist einjähriger Pflanzen, Stroh 
und Samenschalen gewonnen worden. Sie genügt heutzutage nicht mehr, 
besonders, wenn man sie auf die Hemicellulosen des Holzes anwenden 
will. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß in den Hölzern sowohl leicht 
als auch schwer hydrolysierbare Hemicellulosen vorhanden sind; unter 
Umständen von einer Widerstandsfähigkeit, die derjenigen der Cellulose 
gleichkommt, ja, sie übertrifft?). Ihrem chemischen Verhalten nach sind 
diese Hemicellulosen oder, wie sie Hess?) genannt hat, die „begleitenden 
Kohlenhydrate‘ der Cellulose nur zum kleinsten Teil in kaltem oder 
heißem Wasser löslich. Durch verdünnte Mineralsäuren werden sie beim 
Kochen, mehr noch beim Erhitzen unter Druck zu einfachen Zuckern 
mit 5 und 6 Kohlenstoffatomen abgebaut. Zum Teil sind sie in verdünnter 
Natronlauge löslich. Vielfach ist auch der Versuch gemacht worden, die 
Hemicellulosen bei der Gesamthydrolyse vermittels konzentrierter Säuren 
in Form ihrer Abbauprodukte, der einfachen Zucker, zu gewinnen. Doch 
scheinen unter gewissen Versuchsbedingungen in Gegenwart der noch nicht 
hydrolysierten Faserstoffe die einfachen Zucker oder andere Abbau- 
produkte der starken Säure nicht immer widerstehen zu können, so daß 
gewisse Anteile der Hemicellulosen bei solcher Hydrolyse verlorengehen. 
In den Rohfaserstoffen befinden sich die Hemicellulosen im wesentlichen 
als Anhydride der Hexosen und Pentosen, die Hexosane, beziehungs- 
weise Pentosane genannt werden. Die schonendste Form der Hydrolyse 
ist für die Hemicellulosen die Kochung des Rohmaterials mit Calcium- 
oder Natriumbisulfitlösung; es bleiben jedoch erhebliche Mengen der be- 
gleitenden Kohlenhydrate bei den abgeschiedenen Zellstoffen. Es ist 
deshalb unter Umständen zweckmäßig, gewisse Hemicellulosen aus den 
Zellstoffen durch Hydrolyse auszulösen. Durch die saure Hydrolyse 
gewinnt man, wie aus dem Vorhergesagten ersichtlich, nur die letzten 
Abbaustufen der Hemicellulosen, die einfachen Zucker. Aus alkalischen 
Lösungen können die Anhydride, also die Pentosane und Hexosane, ge- 
wonnen werden, mit typischen kolloiden Eigenschaften. Die Pentosane 
zeigen weit stärkere Quellbarkeit als die Hexosane®). Insbesondere zeigen 
sie eine verstärkte Reaktionsfähigkeit und spielende Auflösbarkeit in 
  
1) E. Schulze, Berichte 24, 2285 (1891). 
2) Schon Salkowski, Zeitschrift f. physiol. Chemie 114, 21 (1921), macht darauf 
aufmerksam, daß die physikalische Beschaffenheit, also wie man heute sagen kann, 
der kolloide Alterszustand die Reaktionsfähigkeit und damit die Hydrolysierbarkeit 
bedingt. 
3) Hess, Die Chemie der Cellulose, Leipzig 1928, S. 36. 
4) Über die technische Bedeutung der begleitenden Kohlehydrate (Hemicellulosen) 
vergleiche man: Runkel, Papierfabrikant 30, 682 (1932); 31. 75 (1933).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.