40° Die Nadelhölzer
Fiehtenholz bei Wärmezufuhr
Künstliche Holz-Trocknung')
Es ist selbstverständlich, daß grünes Fichtenholz durch Zufuhr
von Wärme rascher entwässert werden kann als bei gewöhnlicher Tem-
peratur durch Verdunstung. Die Tension des Wasserdampfes erreicht
bei 50-—-60° schon recht erhebliche Beträge, weshalb auch die künstliche
Trocknung des Holzes bei Temperaturen von 60-80° und mehr, keinesfalls
aber bei 100° vorgenommen wird. Bei der künstlichen Trocknung ist es
ein Problem, das Holz auf die genannten Temperaturen zu erwärmen,
was besser als durch heiße Luft durch Dampfzufuhr geschehen kann bei
dem bekannten hohen Wärmeinhalt des Wasserdampfes. Gewöhnlich
wird man beide Heizungsarten, unter beständiger Umwälzung der Luft,
gleichzeitig anwenden, um das Ziel einer raschen Trocknung in Tagen,
Wochen oder Monaten zu erreichen. Die Zeitdauer hängt von der Holzart
und von den Abmessungen der zu trocknenden Stücke ab. Die Zufuhr
von strömendem Wasserdampf oder sogar überhitztem Wasserdampf,
die zur Austreibung der Luft nötig ist, wird so reguliert, daß Temperaturen
die nahe an 100° liegen, vermieden werden, da sie schädlich auf das Holz
wirken können, wie dies später in dem Abschnitt: „„Fichtenholz im Ver-
halten gegen chemische Agentien“ dargelegt werden soll. Die Erfahrung
hat gelehrt, daß anfangs mit einer sehr nassen Luft oder einem sehr nassen
Luftdampfgemisch getrocknet werden muß, damit nicht eine zu rasche
Entwässerung — Übertrocknung — der äußeren Schichten des Holzstückes
eintritt und zur — schon erwähnten — gefürchteten „Verschalung''
führt. Nach Ansicht der Praktiker dürfen gewissermaßen die Wasserfäden,
die in den Kapillaren zur Oberfläche des Holzstücks gesogen werden und
dort verdunsten, nicht abreißen. Geschieht dieses, so findet ohne Nach-
schub von Wasser die Übertrocknung statt. Diese Verschalung ist einer-
seits eine Schrumpfung oder Entquellung, andererseits eine Verhornung
der inneren Oberflächen, wie dies schon in dem vorhergehenden Abschnitt
erörtert worden ist. Der Beginn der Verhornung drückt sich in dem
hygroskopischen Verhalten des Holzes aus; je stärker die Verhornung ist,
um so kleiner wird die gewichtsmäßige Wasserdampfaufnahme und vor
allem um so langsamer erfolgt diese. Der zahlenmäßige Nachweis für
diese Anschauung wird weiter unten bei der Besprechung einer einschlä-
eigen Arbeit von Schwalbe und Berndt?) noch zu erbringen sein.
Die eigentliche Schrumpfung, also Volumverminderung, geht nicht pa-
rallel der Wasserdampfaufnahme, so daß man den „Schrumpf- oder
4, Man vergleiche: Graf und Egner, Versuche über die Eigenschaften der
Hölzer nach der Trocknung; Mitteilungen des Fachausschusses für Holzfragen, Heft 10
(1934). F. Kollmann, Technologie des Holzes, Berlin 1936, und künstliche Holz-
trocknung Reichs-Kuratorium f. Wirtschaftlichkeit, Veröffentlichungen Nr. 79, Berlin
(1932). f
2) Schwalbe und Berndt, Kolloid-Zeitschrift 54, 314 (1911).