Object: Abhandlung der Bau-Kunst ([Erster Theil])

  
SD ISIN 
10 Einleitung in die Civil» Baus Kunfk. 
_ Undtwer kan des Vignols Toſcaniſche Ordnung anſehen , ohne nicht 
alſobald an derſelben wahrzunehmen, daß des Palladio ſeine , in allen 
Theilen übel entworfen ? Vornehmlich in Anſehung des Säulen-- 
nu 
Stammes , der wegen feiner groffen Schmwadung oder Abrakme am 
obern Theile, ganz monfirds. und abfcheulih wird. Es braucht keiner 
groſſen Aufmerkſamkeit, wenn man ſolches von ſelbſt erkennen will. 
_ Ferner glaube ih, Palladio hätte beſſer gethan , wann er dem Fo- 
niſchen Gebälke lieber Zahnſchnitte , als Balken- oder Sparren - Köpfe 
gegeben hätte, maſſen die Zahnſchnitte dieſer Ordnung eigenthümliche 
Berzierungen, die Tielen- oder Sparren - Köpfe aber vor dieſelbe zu ſtark 
ſind ;¿/ Dann dieſe Ordnung ſoll ja mit der Zärtlichkeit eines {önen und 
jungen Frauenzimmers ſich vergleichen laſſen. 
Vignola urtheilet noch weniger richtig - wann er viere von ſei- 
nen Ordnungen mit Zahnſchnitten verſiehet. Die Klugheit eines Baus 
meifters erfordert, inden Verzierungen der Ordnungen eine Abwechslung 
su treffen „maffen dieſe ihre weſentlichen und vornehmſten Theile ſind. 
Fa , nah meincrMeinu':g hatVignola ferner gar nicht mol gethar, 
daß er in der Doriſchen Ordnung záärtere Zahnſchnitte angeordnet 
als in der Sonifhen, Corinthiſchen und Römiſchen 5 dann es foll 
4 u Ordnung unter dieſen lektern , weniger jart und alſo grs 
er jean. 
Kan man aber des Palladio Verfahren billigen , die Corinthifcke 
Säule nit ſv zart ſondern plumper zu machen , als die Römiſche , und 
ſo auch das rômiſche Capitàl gröber als das Corinthiſche ? Und iſt dann 
wol Vignol berecbtiget geweſen , dieſen beyden Säulen , nemlich der 
Corinthiſchen und Römiſchen , einerley Verhältniſſe zu geben ? Hätte 
ex nicht unter ihren Capitälern, einen genauern Unterſchied, und das Co- 
rinthiſche Capitäl zärter, als das Römiſche machen ſollen ? 
__ Es láſt. ſich allerdings mit Recht behaupten ; daß , wann Vignol 
feine Gebälfe, in den 3. lekten Ordnungen, gar zu flark und grob ges 
macht, fo habe Dalladio hingegen die feinigen gar zu ſehr geſhwächet. 
cc Fan auch nicht unangemerkt laſſen, daß Vignol ſeine Sparren- 
oder Balken- Köpfe in der Corinthiſchen Ordnung gar zu lang angege- 
ben, maſſen ſie in den einſpringenden Winkeln am Gebälke nicht gehös 
rig aneinander ſtoſſen ſondern gleichſam ineinander ſchliefen , ja da- 
ſelbſt noh kleinere Noſen in ſi ſchlieſſen, gls die darauf folgenden würk- 
lich ſind 3; welches ein wichtiger Fehler iſt, den. Palladio ſehr wohl'zu vers 
meinen gewuit „indem er zwiſchen denen Sparren - Köpfen volitom- 
mene Vierecke beybehalten hat. | Eben 
  
  
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