Full text: Die Feldwirthschaft (Heft 71)

   
Hilfsdüngemittel. 95 
eftelltund verwendetwerden, obfchon kaum zwanzig Jahre verfloffen find, feit man 
hier auf Anregung Liebig’s diefe Fabrication begonnen hat. In England dagegen 
fcheint das Aufichliefsen. des Knochenmehles mit Schwefelfäure fehr nachge ela ffe 
zu haben, indem man dort endlich anfängt, auch dem gedämpften und gepulverten 
Knochenmehle, gegen dasman Jahrzehnte lang ein unbegründetes Vorurtheil hegte 
gröfsere Aufmerkfamkeit zuzuwenden. 
Obgleich die Superphosphatfabriken in allen Ländern fowohl der Zahl 
als Bedeutung nach den erften Rang unter allen Anftalten zur Erzeugung des 
„Kunftdüngers“ einnehmen und die Superphosphate gegenwärtig zu “den ver- 
breitetften Produdten in der Düngerfabrication zählen, befteht dad in ganz 
Oefterreich bis jetztkeine einzige gröfsere Fabrik diefer Art und der gröfsere 
Theil des aufgefchloffenen Knochenmehles wird hieher durch Handel gebracht. 
Die englifche Kunftdünger-Induftrie ift die ältefte, entwickeltfte und grofs- 
artigfte in der Welt. Sie wurde in der Wiener Weltausftellung nur durch drei 
englifche Austteller repräfentirt, aberfo bedeutend und vollftändig, fo gut arrangirt 
und wiffenfchaftlich geordnet, wie es bisher auf keiner Wel tausftellung noch zu 
fehen war. 
Obenan ftand die fchöne und fyftematifche Colledtion von Phosphaten 
aller Länderund Sorten, vonEd.Parkart & Comp. (in Ipswich, Suffolk) in fo voll- 
ftändiger Sammlung und wahrhaft glänzender Anordnung veranftaltet, wie es ein 
Fachmann nur wünfchen konnte. Vorerft waren dafelbft fämmtliche Subftanzen, 
aus welchen die Phosphate bereitet werden, alle Phosphorit-Bruchfteine in rohem 
und gemahlenem Zuftande, Mufcheln, verfteinerte Knochen und Koprolithen, 
überhaupt Petrefadten, dann eine grofse Menge Saurier- und Haififchzähne vor- 
handen, an welche Rohmaterialien fich Proben von daraus bereitetem phosphor- 
fauren Kalke in allen Formen anreihten, während verfchiedene Guanoforten, 
Superphosphate, Phosphorguano, Ammoniakfuperphosphat und andere künftliche 
Dünger den Schlufs bildeten. In ihrer überfichtlichen und fyftematifchen Anord- 
nung gewährte diefe Expofition ein ebenfo intereffantes als lehrreiches Bild. 
Zeichnungen und Photographien der verfchiedenen Düngerfabriken, Modelle von 
Mafchinerien, welche zur Fabrication der künftlichen Dünger gebraucht werden, 
befonders das vollffändige Modell einer bis ins kleinfte Detail entworfenen 
Düngerfabrik mit zehn Mahleängen, Elevatoren, Sortirmafchinen, Carr’fchem 
Desintegrator u.f. w., ausgeführt vonE. R. und F. Turner (Ingenieure in Ipswich), 
vervollftändigten die inftrudtive Ausftellung. 
An diefelbe reihte fich faft ebenbürtig die Expofition von James Gibbs 
& Comp. (London). Bekanntlich hat diefes Haus das Monopol des Guanohandels 
von He peruanifchen Staate erworben; feine Düngerausftellung in Wien um- 
fafste auch alleSorten des Guano und einzelne daraus bereitete künftliche Dünger, 
wie z. B. einen patentirten Ammoniakguano, dann Blutdünger nebft anderen 
chemifchen Düngern und deren Beftandtheile, befonders Superphosphate fammt 
der zu ihrer Bereitung nothwendigen Schwefelfäure mit ihren Rohmaterialien, 
Schwefel, Eifenkies, Pyrit u. f. w. 
Merkwürdigerweife waren hier auch Düngercompofitionen für beftimmte 
Feldfrüchte vertreten; der Weizendünger enthielt angeblich ı5 bis 20 Percent 
lösliches und 5 bis ıo Percent unlösliches Kalkphosphat, 4 bis ıo Percent 
Ammoniak, 20 Percent fchwefelfaures Ammoniak und 5 Percent falpeter- 
faures Natron. 
Die „London Manure Company“ ftellte ebenfalls chemifche Dünger- 
forten und die zu ihrer Fabrication gebrauchten Materialien, zerftofsene Knochen 
und aufgefchloffene Phosphate, fchwefelfaures Ammoniak und falpeterfaures Natron, 
diverfe Guanoforten und verfchiedene Specialdünger, fo für Flachs, weifse Rüben 
und Anderes aus. 
Gegen die letzteren Düngermifchungen für beftimmte Zwecke oder Nutz- 
pflanzen müffen wir uns entfchieden wenden, da diefelben nach den Ergebniffen 
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