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Ant. Adam Schmied
der Bevölkerung find Landbefitzer und darin gerade liegt dort die Garantie für
die Fortdauer des demokratifchen Einfluffes.
Eine traurige Erfcheinung in den agricolen Befitzverhältniffen Oefterreichs
ift die ftete Abnahme des Staatsbefitzes. Mit Beginn des laufenden Jahrhunderts
zählte der ftaatliche Grundbefitz Oefterreichs nach Hunderten von Quadratmeilen;
vom Jahre 1818 bis 1851 wurden nach amtlichen Angaben in den deutfch-flavi-
fchen Ländern Staatsgüter um den Kauffchilling von 14,189.296 fl. veräufsert;
die Nationalbank hatte von den ihr im Jahre 1855 verpfändeten Staatsgütern im
Ausmafse von ıı5 Quadratmeilen nicht ein Atom von der Veräufserung gerettet;
und fo ift der Staatsbefitz gegenwärtig fehr gefchmälert. In Böhmen ift der
gefammte Kron-, Staats- und Landesbefitz nunmehr bis auf 10.640 Joch gefunken,
und hat derfelbe im Jahre 1869 bei einer Brutto-Einnahme von 97.462 fl. und dem
Aufwande von 438.140 fl. einen Reinertrag von 49.322 fi. getragen.
Als die Haupturfache der Veräufserung der fo werthvollen Staatsgüter
wird allgemein deren geringe Rentabilität angegeben. Und in der That war und
ift der Reinertrag der Staatsgüter immer noch ein aufserordentlich gerin:
betrug im Jahre 1862 auf den Staatsdomänen insgefammt blos 78 sper
Joch; davon ergaben die in eigener Verwaltung ftehenden Staatsgüter fo ‚gar nu
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40 kr. per Joch, während die der Nationalbank verpfändeten und von ihr bewirth-
Fer; Br
fchafteten Güter einen Reinertrag von 2fl. 26 kr. per Joch abwarfen. Speciell bei
den böhmifchen Staatsgütern ftellte fich im felben Jahre die Ertragsziffer auf
4fl.34kr.perJoch. Dagegen ergaben die preufsifchen Staatsdomänen, deren Wirth-
{ch he rhältniffe durchaus nicht günftiger find, als jene Böhmens, zur felben
I einen Betrag von 2ofl. 46kr. oder mit Berückfichtigung des Agios 22fl. 5okr
öfterreichifcher Wäh rung.
Die Bewirthfchaftung der Güter gefchieht in Oefterreich faft allgemein in
eigener Regie. -Früher war das! Pachtfyftem dafelbft ganz unbekannt; erft ganz
neuerdings haben einzelne Grofserundb efitzer ihre Höfe verpachtet; nur die
fogenannte Emphyceufe und der Parcellenpacht find auch früher üblich gewefen. Im
Ganzen hat man früher nur die Staatsgüter und hie und da auch den Befitz der
todten Hand verpachtet. Geldpacht ift Regel, Naturalpacht aber und Halbpacht
eine blofe Ausnahme.
Um einen ungefähren Einblick in die betreffenden Verhältniffe zu gewähren,
fei hier nur angeführt, dafs auf den in Böhmen gelegenen fü u elyszenbeie.
fchen Befitzungen von den 104.362 Joch ı90o []-Kl. landwirthfchaftlich benutz-
barer Gründflücke, welche 33'76 Percent der Gefammtfläche ausmachen, 44.917
Joch 386 [_]-Kl., oder 14°53 Percent er in Selbftverwaltung ftehen,
11.010 Joch 851 [_]-Kl. (3:76 Percent des Gefammtbefitzes) in Meiereipacht un
47.828 Joch 571 []-Kl. (1547 Percent des Gefammtbefitzes) in Dre
als fogenannte „Zins-Gereuter-Gründe*, vergeben find.
Die Betriebsweife der Wirthfchaft ift in Weftöfterreich höchtt verfchieden
entwickelt; im Grofsen und Ganzen kann man fagen, dafs im Weiten ein inten-
fiver, im Often d agegen ein extenfiver Betrieb beobachtet wird. Dazwifchen :
es unendlich viele, je nach den tellurifchen und mercantilifchen Ver]
bedingte Abftufungen.
Während beifpielsweife in den Ge birgen Böhmens eine höchft einfache
Koppelwirthfchaft herrfcht, ja hie und da felbft ein extenfiver Wald-Feldbau
betrieben wird, finden wirin den der Landwirthfchaft günftigeren Lagen Böhmens
durchwegs eine rationelle, intenfive, mit ausgedehnten Induftrialien verbundene
Betriebsweife, und es könnte eine grofse Reihe von a lese angeführt
verden, welche überall, auch in den aufseröfterreichifehen Ländern mit
einem hochentwickelten intenfiven Wertcheicherücbe als Mufterwirthfchaften
gelten würden.
nılien
Die Bearbeitung des Bodens wird allmälig überall rationell und auch den
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erhöhten Anforderungen der Hochcultur im hohen Grade Rechnung tragend;