Feldwirthfchaft.
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gerconfumiren, als zur Zeit, wo fie nur 30 Millionen waren, fondern auch
wenigerexportiren, als früher, und überdiefs im Seehandel hauptfächlich
fremde Schiffe benützen. Ob die induftrielle Ausftellung der Unionsftaaten
diefes Rückfchreiten der Induftrie gerechtfertigt hat, kann hier felbftverftändlich
nicht erörtert werden; fo viel ift aber ficher, dafs die agricole Expofition die
wirthfchaftlichen Verhältniffe in dem Wunderlande der Vereinigten ‚Staaten kei-
nesfalls in dem Lichte erfcheinen liefs, in welchem wir diefelben zu fehen und
zu betrachten gewöhnt find.
Amerika war charakterifirt durch fein Haupterzeugnifs: die Baumwolle,
welche in der gefchmackvoll angeordneten amerikanifchen Ausftellung den erften
Rang einnahm. Die Baumwollen-Trophäe, in der Form einer Fontaine nicht
unähnlich, war eine wahre Zierde dererften weftlichen Nordgallerie des Induftrie-
palaftes. Die koloffalen, acht liegenden und vier ftehenden Baumwollen-Ballen,
welche mit eifernen Reifen umzogen waren, waren ganz geeignet, dem Befchauer
von der ungeheueren Menge der in Amerika producirten Baumwolle einen unge-
fähren Begriff zu geben, wenn er fich erinnerte, dafs jährlich an fechs Millionen
folcher Ballen verpackt werden, von denen nach Europa allein nahezu eine
Million verfendet wird. An der Trophäe waren auch mächtige Guirlanden, aus
Baumwolle, dann die Baumwollcocons (Samenhülfen) und Zweige des Baumwoll-
ftrauchs mit der Wolle darauf zu fehen. Während des 1873er Gefchäftsjahres hat
die Baumwoll-Ernte in Nordamerika 3,930.508 Balien geliefert. Diefer Ertrag
fteht in derMitte zwifchen den Erträgen der beiden Vorjahre.
Neben der Baumwolle, welche im Vereine mit den Baumwoll-Fabricaten
dem Werthe nach den zweitgröfsten Welthandels-Artikel bildet, hatte Nordamerika
Getreide, rohen und gefchälten Reis, Blättertabak und Tabakfabricate, Zucker-
rohr, Raminpflanzen und Raminfafern in verfchiedenen Stadien der Bearbeitung,
Hanf und Hanffaat, Erdnüffe und andere landwirthfchaftliche Produde ausgeftellt,
welche durch ihre Qualität einen hohen Beweis von der Ueppigkeit der Natur
und Fruchtbarkeit des Bodens in Nordamerika lieferten.
Eine Specialität des wmafchinellen Theiles der Agriculturausftellung
Amerikas bildete die Mähmafchine, auf welche in den „Landwirthfchaftlichen
Mafchinen und Geräthen“ Rückficht genommen wird.
Wenn wir zum Schluffe noch einen Rückblick auf die landwirthfchaftliche
Expofition der Wiener Weltausftellung werfen, fo müffen wir vor Allem hervor-
heben, dafs diefelbe im Allgemeinen klar gezeigt hat, wie alle Bodenproducte
in erfter Reihe von natürlichen Verhältniffen bedingt werden. So fteigt die Vor-
züglichkeit des Tabaks in gleicher Progreffion mit derHöhe der Sonne, wefshalb
man fich auch mit der Verpflanzung des Tabakfamens vergebliche Mühe gibt, eine
gleiche Qualität mit jener der Stammländer der Tabakpflanzung zu erzielen,
wenn man nicht von gleichem Sonnenftande begünftigt ift: Die füdlichen Staaten
erzeugen, wenn auch in denfelben die Tabakfabrication überhaupt noch in der
Kindheit liegt, dennoch würzigere Cigarren als die hochcultivirten, der Cigarren-
fabrication die gröfste Sorgfalt zuwendenden Länder, wie z. B. Belgien und
Schweden. Sie bewies weiter, dafs es nur dadurch möglich wurde, die enormen
Maffen von Bodenprodudten felbft unter Mithilfe einer üppigen Natur zu erzeugen,
wenn man ftatt des einfachen Werkzeuges die zweckentfprechend conftruirte
Mafchine verfländig anwendet und die Theilung und Intenfität der Arbeit zum
Hauptprincipe des Betriebes aufftellt; dadurch wurden die ftaunenerregenden
Fortfchritte in dem landwirthfchaftlichen Betriebe in dem letzten Jahrzehent zum
grofsen Theile erzielt. Endlich lehrte fie beredt und eindringlich, dafs man in
der Produdtion nur dann das Höchfte erreicht hat, wenn mit diefen Fadtoren
noch ein anderer vereint ward: dieintelligente Organifation. Gerade in
Betreff des letzteren Momentes gewährte die Weltausftellung manche inter-
effante Einblicke. Das landwirthfchaftliche Unterrichts- und Bildungsmittel, die
Statiftik und Oekonomie des Ackerbaues, waren wenigftens in einzelnen Ländern