Full text: Forstwirthschaft (Heft 68)

   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
   
F orftwirthfchaft. 43 
zur Singer’fchen Ausftellungsgruppe, die Schwarzföhre betreffend, vorgeführt 
Leider befanden fich beide Gruppen nicht neben einander, um den zwifchen bei- 
den Harzmethoden obwaltenden Unterfchied fofort beurtheilen zu können. 
Ein forftlicher Nutzungszweig von hervorragender Bedeutungift die Baum- 
rinden-Gewinnung zur Gärberlohe-Bereitung. Es kommt dabei namentlich die 
Rinde der Eiche und Fichte in Betracht. 
Eine Reihe höchft beachtenswerther Ausftellungsgruppen zeigte die Wich- 
tigkeit diefes Induftriezweiges, deffen Darftellung wir jedoch füglich dem die 
Gärbemittel in ihrer Gefammtheit behandelnden Specialberichte überlaffen können, 
Eine forftliche Nebennutzung, welche an mehreren Orten .eine grofse 
Bedeutung gewonnen hat und reiche Gelderträge erzielen läfst, ift die Gewinnung 
des fogenanntenSeegrafes, anmanchen Orten Waldhaar, auch Rafch oder Rafch- 
gras genannt. 
Gegenftand diefer Nebennutzung ift die zittergrasartige Segge, Carex bri- 
zoides L. 
Der Bezeichnung „Seegras“ glauben wir zunächft die Bemerkung beifügen 
zu follen, dafs unfere Segge nur als ein Surrogat, oder richtiger gefagt, als Con- 
current für das eigentliche Seegras in Verwendung kommt. 
Die am Meeresboden wachfende Zostera marina L., Seegras genannt, wird 
feit langer Zeit als Surrogat für Rofshaar zum Ausftopfen von Matratzen, Möbel- 
polftern etc. verwendet. Da es mehrfach als der Gefundheit abträgig erkannt 
wurde, kam die zittergrasartige Segge Carex hrizoides L., in Verwendung und 
macht dem eigentlichen Seegras mehr und mehr eine glückliche Concurrenz. 
Carex brizoides L. ift einin den Wäldern des füdlichen und füdwelftlichen 
Deutfchland ftellenweife fehr häufig vorkommendes Riedgras; feine vorzüglichfte 
verticaleVerbreitungszone dürfte zwifchen1ooo bis 4000 Fufs Seehöhe zu fuchen fein. 
Obwohl es gebietweife maffenhaft auftritt, ift zu bemerken, dafs es an vielen Orten, 
befonders auf Kalk, entweder gänzlich fehlt oder doch fehr felten gefunden wird. 
Die zittergrasartige Segge zeichnet fich unter ihren übrigen Gattungsver- 
wandten durch einen dünnen, äftig-kriechenden, einzelne Halme und Rafentreiben- 
den Wurzelftock aus, durch welchen Umftand die ftellenweife maffenhafte Ver- 
mehrung ihre Erklärung findet. 
Die grofsherzoglich badifche Domänendirection zu Carlsruhe hatte in der 
forftlichen Ausftellung des deutfchen Reiches, rohes und gefponnenes Seegras 
exponirt und diefer Gruppe eine Mittheilung über Gewinnung und Ertrag diefes 
Nutzungsobjedtes beigegeben, welcher wir die nachfolgenden Daten entnehmen. 
  
In den Waldungen des Rheinthales ift das Seegras — dort auch Waldhaar 
genannt — insbefondere in der Gegend von Kehl, Offenburg, Emendingen und 
Freiburg ziemlich ftark verbreitet. Es wurde früher wenig beachtet und hatte 
nur als Streu einen ganz untergeordneten Werth. 
In Folge feiner Verwendung als Erfatz für das von Jahr zu Jahr im Preife 
fteigende Rofshaar ift auch der Preis des Seegrafes derart in die Höhe gegangen, 
dafs das Einkommen aus diefer Nebennutzung in einzelnen Waldungen den Ertrag 
aus der Holzproduction weit überfteigt. 
In den im badifchen Rheinthale gelegenen Waldungen, erftreckten fich die 
Seegrasnutzungen ım Jahre 1872 nach zuverläffigen Erhebungen über eine Wald- 
fläche von beiläufig 5000 Hektaren und lieferten einen Reinertrag von rund 60.000 
Gulden oder ı2 Gulden vom Hektar. 
In jenen Wäldern, in denen das Seegras befonders häufig vorkommt, ftel- 
len fich die erzielten Erträge noch weit vortheilhafter. 
So lieferte beifpielsweife der 144 Hektaren grofse Gemeindewald von 
Rheinbifchofsheim im Jahre 1872 allein einen Ertrag von 6571 Gulden oder 
45 Gulden 54 Kreuzer vom Hektar, und eine Schlagfläche von 5'4 Hektaren, im 
Gemeindewald von Riegel fogar 524 Gulden, fomit 97 Gulden vom Hektar. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.