44 Johann Newald.
Nachhaltig die ftärkfte Einnahme aus Seegras bezog die a JuUrg
aus einem 814 Hektaren grofsen Mittelwald, genannt der Mooswald, wofelbft die
Nutzung am längften und rationellften betrieben wird. Sie wurde im Jahre 1835
mit einer.Einnahme von 433 Gulden begonnen, und hat fich mit gering ren Unter-
brechungen bis zu dem im Deten Jahre erfolgten Erlös von 13.853 Gulc Rn fort-
während gefteigert. Seit dem Jahre 1835 ergab der Mooswald aus der fraglichen
Nebennutzung eine Gefammt-Reineinnahme von 34 068 Gulden.
In den Forften des Rheinthales findet fich Carex brizoides L., am häufigften
in den mit Efchen, Erlen, Aspen und anderen Weichhölzern beftockten Mittel-
und Niederwaldungen. Sie liebt einen feuchten, humofen, kräftigen Boden; trockene,
bündige Bodenarten, fowie ftark verfumpfte Orte fagen derfelben nicht zu. Sie
tritt auf etwas eingefenkten muldigen Stellen in der Regel nefterweife auf, und
fagt ihr fowohl die Bodenb efchaffenhe it, als auch der Lichtgrad der vorhan-
denen Holzb 0 zu, dann ift das Vorkommen gewöhnlich maffenhaft.
Das Gedeihen des Se egrafes, fomit auch die Hebung des Erträgniffes aus
demfelben, is von einer a warmen. Frühjahrswitterung wefentlich abhän-
gig. Spätfröfte und rauhe Winde wirken fehr nachtheilie ; fie beeinträchtigen den
Längenwuchs und dadurch die Güte und Menge, da die Qualität vorzugsweife
nach der Zartheit und Länge der Waare bemeffen wird.
Die Be en darf nur eine mäfsige fein. Die gee ignetften Orte find in
diefer Beziehung ein- bis zehnjährige Schläge. Mit zunehmendem Alter der Holz-
beftände nimmt der ie ab, und verfchwindet Carex brizoides L. mit Eintritt
des volleren Waldfchluffes beinahe ganz.
Das Seegras ift gewöhnlich gegen Ende des Monates Juni ausgewachfen,
um welche Zeit auch feine Gewinnung beginnt und je nach der Witterung und
den verfügbaren Arbeitskräften bis Ende Bi er fortgefetzt wird.
Der Verkauf findet am Halme ftatt. Die gefammte Arbeitsleiftung bleibt
dem Käufer überlaffen.
Die Einfammlung erfolgt durch Ausrupfen. Diefer Vorgang ift durch die
Rückficht auf die Schonung der jungen Holzpflanzen geboten, er liegt aber auch
im Intereffe der Käufer, le em beim Rupfen mehr und längere Waare gewonnen
wird. Auch wurde beobachtet, a das Rupfen den nachhaltige n Ertrag eher
fördert als fchmälert, da bei fonft gleichen Verhältniffen gerupfte Schläge in den
darauf folgenden Jahren ungleich re cher Ernten liefern, als gefchonte Orte. Es
fcheint, dafs durch das Ausrupfen der, Halme: der Wurzelftock zum Austreiben
neuer Ausläufer angeregt wird.
Das an ammeln des Seegrafes findet in der Regel durch Weibsperfonen
ftatt. Zum Zwecke des Trocknens wird das eingefammelte Material an fonnigen
Orten, an und Waldrändern ausgebreitet. Bei guter Witterung ift esin etwa
zwei Tagen vollftändig „gedörrt“, worauf es gereinigt und mittelft einfacher
Mafchinen in Seile gedreht und in diefer Form in den Handel gebracht wird.
Tritt während der Einfammlung Regen ein, fo wird das Rupfen unter-
>rochen, die zum Trocknen ausgebreitete Waare wird auf Haufen zufammen-
gebracht, weil durch die Näffe das Se egras gelblich und brüchig wird und an
Werth erheblich verliert.
Im Ganzen werden in Baden jährlich durchfchnittlich mindeftens 2 ‚500.000
Kilogramm Seegras mit einem Bon erthe von über 200.000 Gulden gewonnen,
wovon die Zurichtungskof ten 50- bis 00.000 Gulden betr agen, ein Arbeitsver-
dienft, welcher gröfstenthe eils der ärmeren Be evölkerung zugute kommt.
Im Al Isemeinen wird angenommen, dafs bei guter Beftockung auf dem
Hektare bei iläufig 500 Kilogramm Seegras ftehen. Das Erträgnifs kann aber
unter ganz günftigen Umftänden auf 1000 bis 1250 Kilogramm vom Hektare an-
fteigen.
150 Kilogramm trockenes Seegras liefern beiläufig ı25 Kilogramm ge-
fponnene Waare, wie folche in den Handel kommt.