Dr. Wilh, Fried. Gintl,
Gehen wir zur Fabrikation gekochter Firniffe über, fo finden wir, nament-
lich was die Arbeit des Kochens felbft betrifft, mit Ausnahme einiger gröfserer
Fabriksetabliffements, von denen namentlich die englifchen fich jeglichen Fort-
fchritt mit Verftändnifs zu Nutze zu machen wien: meift noch das Kochen in
offenen Hafen und über freiem Feuer in Uebung, obwohl man meinen follte,
dafs fchon der erhebliche Schwund an Oel, fowie die unvermeidliche Beläftigung
die diefes Verfahren mit fich bringt, längft fchon zur Wahl rationellerer Methoden
gedrängt haben könnten
Als eine folche ift zweifellos die von €. W. Vincent (Chem. news. 1871,
No. 596; auch Dingl. p. Journ. CCI p. 65) ee feit Jahren mit beftem
Erfolge ausgeführte Methode der Kochung des Leinöls mittelfl Dampf in doppel-
wandigen Kochkeffeln zu bezeichnen, und follten namentlich gröfsere Firnifs-
fiedereien nicht fäumen diefelbe- einzuführen.
Diefes Verfahren, bei welchem durch Einblafen von Luft durch das erhitzte
Gemifche des Leinöls mit dem entfprechenden Trockenmittel die Trocknungs-
fähigkeit auf den höchften Grad gebracht werden kann, liefert nicht nur blaffe
und helle Firniffe von vorzüglicher Qualität, die frei find von den brenzlichen
Produdten, die in gewöhnlichen Firniffen wegen der fchwer zu vermeidenden
Ueberhitzung faft nie fehlen, fondern bietet auch den entfchiedenen Vortheil der
weit fichereren und ungefährlicheren Arbeit und geftattet den Schwund fowie die
Beläftigung, die das Firnifsfieden ftetsin hohem ersae mit fich bringt, auf das
geringfte Mafs herabzufetzen.
Letzterer Vortheil läfst fich allerdings auch durch Anwendung des von
Feichtinger befchriebenen(Bayer.Induftrie undGewerbeblatt 1872 p. 18) i in Eng
land für die Zweike der Harzlackfiederei ziemlich allgemein üblichen gefchlo Keen
Kochapparates erreichen, doch ift unter allen Umfänden der Dampfkochung der
Vorzug einzuräumen.
Ein Moment, welchem auch weit weniger Aufmerkfamkeit zugewendet
wird, als es in der That verdient, ift das der Lagerung der Firniffe. Es
bleibt eine unbeftrittene Thatfache, dafs junge Firniffe eines gewiilen Lagers
bedürfen um vorwurfsfrei zu fein. Freilich ift das Erfordernifs der länger w Shren:
den Lagerung für den Kleinfabrikanten ınfoferne nicht gleichgiltig, ae oft die
Raumfrage dabei ganz wefentlich mit Ins Spiel kommt, und a endlich gerade
diefem es oft fchws er fallen wird, fein Capital für eine Zeit aufser Verkehr zu fetzen
und Zinfenverlufte zu gewärtigen. Aber gerade hierin liegt der wunde Fleck und
ein Fabrikant, der feinen Odibedarr ment zur Zeit der günftigen Conjundtur zu
decken vermag, und dem esan Fonds gebricht, um feikier Wassebaserer geben,
der unterlaffe es, Firnifs produciren zu wollen.
Darin liegt gröfstentheils auch das Geheimnifs der renommirten Firmen.
zum Beifpiel Eoclands, und die Meinung, die man von Einzelnen vorbringen hört,
als würden diefe die bifben Leinölqualitäten aufkaufen und nur geringere Waaren
ihrer Concurrenz überlaffen, ift eine Fabel, an die wohl Ni ana ernftlich
glauben kann.
Selbftverftändlich ift es hiebei, dafs die Qualitätsänderung, welche der Firnifs
bei längerem Lager erleidet, wohl beachtet werden mufs dsa das Beifpiel der
grofsen Exportfirmen, welche fogar der möglichen Aenderung ihrer Firniffe
während der Zeit des Transportes durch entiprechend e Zufätze an ungekochtem
Oele (Standöl) Rechnung tragen, dürfte ein fehr nachahmenswerthes ei
Ganz ähnlich, wie mit der Fabrikation von Leinöl- Firnifs, fteht es um jene
der Erzeugung fetter Copal- und Bernfteinlacke.
Ko allerdings die Qualität des verwendeten Harzes hiebei nicht
unwefentlich in Betracht, fo trägt doch auch die Methode erheblich dazu bei,
von welcher Befchaffenheit das refultirende Produd fällt
Seit dem Bekanntwerden der fchönen Üslesinchunsen von H. Violette
(Annal. du G&nie civ. Octobre 1866), ift die früher hartnäckig vertheidigte Anficht,
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