1 Franz Leibenfrof.
Ungarn fallen und die Verkehrsverhältniffe durch den Bau der Eifenbahnen gere-
gelt fein werden.
Ungarn produeirt hervorragend Rothwein in den Gegenden von Ofen,
Erlau, Vifzonta, Menes, Carlowitz, Villany, Szeghzard und an noch andern Orten,
wo neben mittleren und ordinären Weinen auch feine Sorten gedeihen.
Die erfteren find in guten Jah ırgängen in grofsen Mengen und zu billigen
Preifen zu haben. Doch find fie iheilweite wenig haltbar. Man gibt die Schuld
davon einerfeits klimatifchen Verhältniffen und der Bodenbefchaffenheit, ander-
feits aber auch der fchlechten Cultur, der mangelhaften Anlage und vor Allem der
noch fehr ungenügenden Kellerwirthfchaft. Wenigftens haben Fachmänner fchon
feit Langem bewiefen, dafs fie diefe kleinen Weine, wenn fie diefelben frühzeitig
erhalten, mit dem beften Erfolge durch Jahre hindurch vollkommen gute erhalten
haben. Das ift von grofser Wichtigkeit, denn gerade mit diefen und mit den
Mittelweinen kann Ungarn ein viel gröfseres Gefchäft fchaffen, als mit feinen
hochfeinen Sorten. Mit der Entwicklung der Produdtion und Behandlung des
Weines, mit der Ausnützung der Wafferftrafsen und der Eifenbahnen kann On
bei der grofsen Preisw ürdigkeit feiner Weine allen franzöfifchen und italienifchen
Weinen eine ganz nee Concurrenz bereiten.
Was die feinen und feinften Rothweine aus den oben angeführten Gegen-
den betrifft, fo haben die ausgeftellten und heute fchon fehr Dek annten Sarte n
ihren ehrenvollen Ruf wieder bewährt. Nur müffen wir das a der Erzeugung
von zu füfsen rothen Weinen auch hier tadeln, da diefelben wenig haltbar find
und diefelben immer bei einem Temperaturwechfel einer fpäteren fchädlichen
Nachgährung unterliegen, was natürlich dem Ruf diefer Weine fehr nach-
theilig ift.
In Betreff des Handels ift es gar kein Zweifel, dafs diefe Weine bei richti
ger und verftändnifsvoller Behandlung wenigftens allen mittleren franzöfifche:
Sorten ebenbürtig find.
Wir können dabei einige allgemeine Bemerkungen nicht unterdrücken. In
Ungarn und zum Theile auch in Oefterreich liegt der W einhandel oft in den Hän-
den von Speculanten und nicht in jenen von fachmännifch gebildeten Weinhänd-
lern. Man betrachtet da oft den Wein wie ein gewöhnliches Rohprodud, das
man eben nur kaufen mufs, um es dann unter einem renommirten Namen wieder
zu verkaufen. Dabei wird das oft koftbare und edle Produ ganz vernach-
läffigt und der gefammte auch der gefchulte Weinhandel gefchädigt. Der Fremde
kann in Oefterreich nicht wie in Frankreich oder am Rhein felbfiftänd ig als K äu-
fer auftreten. Die Handels sbeziehungen find durch zahlreiche Nerkehrspelit
gungen erfchwert. So hat man z. B. in Ungarn in einem Umkreife von
5 bis 6 Stunden oft drei verfchiedene Maafse, die felbft dem Oefterreiche
nicht immer genau bekannt find. Auch ift man dafell bft gezwungen, nach einem
alten verrotteten Gebrauch, der den Handel fehr fch at, den W ein mit fammt
dem Lager (Hefe) zu bene und zu zahlen. Diele Verhältniffe und noch
andere Uebelftände müffen in Kurzem geändert werden, wenn die hoffnungs-
volle Handelsentwicklung nicht wieder geftört werden foll.
Betrachten wir noch am Schluffe die rothen füfsen Ausbrüche oder
Deffertweine. Zwei Sorten haben auf der Ausftellung erneute Anerkennung
gefunden und werden feit längerer Zeit fchon nach Deutfchland, Holland,
Amerika u.‘f. w. exportirt. Es ift diefs in erfter Richtung der M£nefer Aus-
bruch nn dann der Carlowitzer Deffertwein. Die Preife diefer Weine find faft
gleich den bereits oben angegebenen Preifen der Weifsweine.
grofsen Ganzen ift die Productionsfähigkeit Oefterreich - Ungarns
zumeift an kleinen und mittleren, rothen und weifßsen Weinen fehr grofßs. Nach
Frankreich producirt Oefterreich mit einer Durchfchnittsfumme von 35 Millio-
nen Eimern am meiften Wein unter allen anderen Ländern. In Ungarn allein
er
find 621.671 Kataftraljoch ä 1600 Quadratklafter dem Weinbau zugewiefen, das