s0 Dr. Eduard Schmidt.
[pecifilch riechenden Oelen imprägnirt, welche man gewöhnlich Fufel nennt, wenn
ihr Geruch und Gefchmack widrig, und Aroma, wenn er uns angenehm ift.
Wir fanden fie als Cognac, Rum, Arrak, Kornbranntwein und als Rüben-,
Melaffen-, Kartoffel-, Mais- und Getreide-Spiritus vertreten. — Nur eine Sorte
haben wir mit Bedauern vermifst, nämlich den Mineralfpiritus, welcher
bekanntlich indiredt aus Steinkohlen erzeugt wird und fchon auf der Londoner
Ausftellung im Jahre 1862 Auffehen erregte. Man erhält ihn, indem man das ölbil-
dende Gas aus den Steinkohlen aufSchwefelfäure einwirken läfst und die Mifchung
mit Wafler verdünnt und deftillirt.
Man hat fich diefer intereffanten wiffenfchaftlichen Entdeckung Berthelot’s
in Belgien und Frankreich bemächtigt- und bereits Spiritus von grofser Reinheit
ohne Zucker und Gährung erzeugt. Es fcheint jedoch, dafs die Darftellungsweife
eine bisher zu koftfpielige ift; — follte das Problem praktifch gelöst werden,
fo wird in diefem Induftriezweige ein aufserordentlicher Umfchwung ein-
treten müffen.
Es ift eine bekannte Thatfache, dafs je nach den verwendeten Rohftoffen
das erhaltene Produdt verfchiedene charakteriftifche Eigenfchaften (Fufel oder
Aroma) befitzt, welche bei der Deftillation auftreten und zum Theil feinen Handels-
werth beftimmen. Diefs ift befonders bei Branntweinen der Fall, welche als
Gegenftand des Genuffes Verwendung finden, wo das Angenehme des Geruchs
und Gefchmacks von grofsem Einfluffe ift. Es wird z. B. der Cognac aus Wein
einen höheren Preis haben, als jener aus Trebern — der Rum, Arrak, Slibowitz,
das Kirfchwaffer, der Kornbranntwein einen höheren als jener aus Kartoffeln oder
Melaffe erzeugter. Bei gleichen Eigenfchaften wird jedoch immer ein ftärkerer
Cognac, Rum oder Kornbranntwein etc. einen höheren Werth haben als ein
[chwächerer.
Beim Spiritus aber, welcher in fehr ausgedehnter und mannigfaltiger Weife
aus Rüben, Getreide, Kartoffeln gewonnen wird und zum Bereiten von Liqueuren
und Effig, — zum Verfetzen der Weine, — zu Parfümerien, — zutechnifchen Zwecken
und pharmaceutifchen Präparaten verwendet wird, kommtfein Gehaltan Alkohol in
erfter Linie und dann feine Reinheit in Betracht. Er wird daher in befonderen
mit Redtiificatoren und Dephlegmatoren verfehenen Apparaten alkoholreicher,
von den fremden übelriechenden und gefundheitsfchädlichen Fufelölen und Säuren
befreit und heifst dann gereinigter oder rectificirter Sprit. Heutzutage
befteht die Aufgabe derSpiritusfabrikanten darin, durch Verwendung von neueren
Deftillationsapparaten, wie wir folche in der Ausftellung repräfentirt fanden,
fämmtlichen, in den abgegohrenen Maifchen enthaltenen Alkohol fogleich in mög-
lichft concentrirtem Zuftande von und über 90 Percent Tralles mit dem geringften
Koftenaufwande zu erhalten; wobei die Fufelöle fo weit entfernt wurden, dafs
kaum Spuren davon in folchem Spiritus verbleiben und deffen Abftammung,
nämlich die verwendeten Rohftoffe, daraus nicht mehr zu erkennen find. Die
befte und einfachfte Methode zur Reinigung des Branntweines unter 55 Percent
Tralles befteht in der Anwendung von harzfreier, frifch ausgeglühter Holzkohle
mittelft Digeftion und Filtration und nochmaliger Deftillation.
Hochgradiger Spiritus wird von der Kohle jedoch nicht entfufelt.
Um den Alkoholgehalt in Branntwein oder Spiritus zu ermitteln, bedient
man fich eines Alkoholometers, der die Mafs- oder Volumpercente anzeigt. Der
in Oefterreich und Deutfchland gefetzlich eingeführte ift das Volumpercent-Alko-
holometer nach Tralles, welches bei uns für die Normal-T’emperatur von ı2 Grad
R&eaumur und in Deutfchland für 12:5 Grad Reaumur conftruirt ift. In Frankreich
bedient man fich des Centefimal-Alkoholometers nach Gay-Luffac für die Normal-
temperatur von 15 Grad Celfius, welches nahezu dem von Tralles entfpricht, oder
man gibt den Alkoholgehalt noch nach Graden des Aräometers von Beaume
oder Cartier an.
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