Full text: Die Thonwaaren-Industrie (Heft 24)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
  
  
  
  
  
98 Dr. Emil Teirich. 
ganz entfchieden, es mufs aber auch zugeftanden werden, dafs Gefäfse zwfehen 
waren, in denen trotz diefer abfichtlichen oder zufälligen Unordnung in der 
Anordnung des Ornamentes dennoch, vielleicht aus angeborenem, feinem, äftheti- 
{chem Gefühle, der Künftler eine ganz fchöne Harmonie zwifchen Grund und 
Zeichnung, eine vollkommene Harmonie der Maffen herzuftellen gewufst hat. 
Die Plaftik der Chinefen, wie fie fich in der Thonwaaren-Induftrie auch 
fpiegelt, ift bekanntlich deren allerfchwächfte Seite und nicht im Stande, die 
menfchliche Geftalt richtig wiederzugeben. Eine plaftifche Decorationsweife wird 
man daher zumeift, und wohl auch mit Vergnügen vermiffen. Trotzdem wimmelt 
es von einer Unmaffe plaftifcher Darftellungen im grotesken Stile, der fich zumeift 
Thiergeftalten, fabelhafte Ungeheuer, zum Vorwurfe nimmt. 
Auch diefe haben eine wefentlich fymbolifche Bedeutung, die einerfeits in 
dem Cultus, anderfeits in dem Kaftengeifte und den Standesunterfchieden des 
Volkes wurzelt. 
Häufig finden wir Darftellungen des Drachen, des Attributes der höchften 
Staatsgewalt, wie folche auch von modernen Meiftern, z. B. Po hing in Canton 
ausg ftellt waren. Der Hund des Fo, das heilige Pferd u. f. w., alle dienen neben 
ihreı mythifchen und fymbolifirenden Bedeutung auch zur Bezeichnung der Rang- 
claffen der chinefifchen Gefellfchaft. 
Unter den figuralen Darftellungen find bunt bemalte, meift ins Fratzenhafte 
verzerrte, kleine Götzenbilder, gewöhnlich in fitzender Stellung, die häufigften. 
Der Buddhismus gibt hiezu Motive genug. 
Am häufigften waren von altersher die Darftellungen des Obergottes, des 
Lao-tfe, dann des ehrwürdigen Greifes Cheou-lao, des Symboles der Langlebigkeit 
und des Pou-tai, des Gottes der Zufriedenheit. Seltener trifit man die Geftalten 
des Weifen Confucius und anderer Philofophen, häufig aber auch die der heiligen 
Jungfrau Jao-tcheou. 
Die Fabrication felbft des Porzellans wird in China unterftützt durch ein 
treffliches Material, das fich in den Kaolinen von vorzüglicher Reinheit und dem 
fchönften Feldfpath (petunfe) in unerfchöpflichen Maffen vorfindet. Von dem 
Commiffär der Duane in Kivonkia ift eine intereffante Rohmaterialien-Sammlung 
ausgeftellt worden. Viele Orte des Vorkommens wurden feit undenklichen 
Zeiten Centren der chinefifchen Töpferinduftrie und find es theils geblieben bis 
auf den heutigen Tag, theils verfallen und wieder verfchwunden, wie die alte 
Fabriksftadt King-te-chin, die Wiege des chinefifchen Porzellans, oder Jao-tcheou, 
der berühmte Poteriediftrict. E 
Eine felbft auf die einzelnen Theile der Decorationsmalerei fich 
erftreckende Arbeitstheilung und das Uebergehen gewiffer traditioneller Verfah- 
rungsweifen vom Vater auf den Sohn, mit einem Worte die Stetigkeit in einer 
jeden Hausinduftrıe, bewirkten die Ausbildung gewiffer, charakteriftifcher Typen 
des chinefifchen Porzellans, welche jede einer beftimmten Familiengruppe eigen 
ift. Ein Blick auf die Ausftellung, fo wenig diefelbe in diefem Sinne auch geordnet 
war, liefs diefs mit Sicherheit erkennen. 
Dabei lebt der chinefifche Töpfer in einem ewigen Kampf mit felbft- 
gefchaffenen Schwierigkeiten bei der Erzeugung feiner Waare. Die angeborene 
grofse manuelle Fertigkeit der Chinefen fucht fich in jeder und immer neuer Form 
zur Geltung zu bringen. Grofse Sorgfalt wird der Vorbereitung der Porzellanmaffe 
zugewendet, dann aber mufs fie auch das Aeufserfte leiften. Nirgends findet man fo 
viele koloffale Vafen und fonftige Decorationsgegenftände aus Porzellan, die prächtig 
im Feuer beftanden haben. Der Scherben des gewöhnlichen Porzellans ift wohl 
meiftens ziemlich dick gehalten, ja oft ganz erftaunlich plump geformt, aber doch 
werden oft papierdünne Schälchen erzeugt, und nicht genug daran, auch noch 
mit Ornament durchbrochen; auch das genügte nicht. Man nahm eine eierfchalen- 
dünne Vafe, überzog fie mit blauer Kobalt-Glafurmaffe und fteckte fie in eine 
zweite, zierlich durchbrochene von ähnlicher Form hinein, fo, dafs nur am oberen 
   
	        
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