Full text: Die Thonwaaren-Industrie (Heft 24)

Die Thonwaaren-Induftrie. 99 
Rand die beiden Gefäfse fich tangiren. Beim Brande fchmelzen diefe an den 
Berührungsflächen zufammen, bilden einen Körper, und ein reizender und über- 
rafchender Effect ift mit diefem fogenannten travail reticule erzielt. 
Die zum Ausformen verwendeten Modellformen find nicht wie bei uns : 
Gyps, fondern aus, an der Sonne getrocknetem, Thon gefertigt. Um fo wunderbarerift 
uns die Präcifion und Schärfe, mit der die Profilirung oder das Relief erfcheint, 
da nur wenig fpäter retouchirt wird. 
Die Glafur und die Farben werden faft ausnahmslos in einem e einzigei 
Feuer eingebrannt. Die alten Farben beftanden fat lediglich aus gepulverten 
Mineralien, heutzutage arbeitet der fortgefchrittene chinefifche Porzellanmaler 
auch fchon mit che »mifchen Präparaten, meift englifchen Importartikeln. 
Während einerfeits das Streben der Fabrikanten dahin gipfelt, eine mög- 
lichft gut verbundene, haarriffefreie Glafur zu erzielen, denkt fchon der andere feit 
Langem an die Erzeugung des Craquel&, des künftlich mit mehr oder weniger 
dichten Riffen verfehenen Glafurüberzuges, von dem namentlich einige fehr gut 
gelungene, weil fehr regelmäfsig gelprungene Proben an grofsen Vafen ausgeftellt 
waren. 
   
Diefe ganz feine Sprenkelung der Oberfläche, welche an die Zeichnung 
der Haut der Forelle erinnert (darum te genannt), war von jeher eine beliebte 
Curiofität und ein Gegenftad der europäifchen Imitationsfucht. Bekanntlich hat 
Sevres, Minton, Worcefter und Andere die Technik diefes Craquel& längft 
aufgefunden und auf der Austtellı ung in fchönen Muftern gezeigt. 
Aus Kivonkia fandte Köpfe, der Commiffär der Duane, neben eigenen 
alten und neuen Hausgeräthen, auch Vafen, worunter he grauliche Craqueles 
von befonderer Gröfse (4'% Fufs Höhe) bemerkt zu werden verdienen. 
Durch Einreiben mit einer braunen, mehr oder minder dunkeln Farbmaffe 
und nachheriges Verglühen wird das C raquel&, namentlich an einigen chinefifchen \ 
Stücken, fehr ftark prononcirt. 
Auch von dem berühmten „travail au grain de riz“ fah man Einiges ee 
den alten chinefifchen Arbeiten. Das Ornament,. meift Blumen, wird vertieft in 
eine Porzellanplatte eingedrückt, ind mit einer weifsen oder färbigen Glafurmade 
überzogen, die fich in den Vertiefungen verdichtet; eine Technik. die, wie wir 
fahen, bei Minton Hollins beifpielsweife zur Plattendecoration gebraucht wird. 
Ueberhaupt dürfte keine der modernen Decorationsweifen in der Porzellan- und 
Fayence-Induftrie E ‚uropas exiftiren, zu der nicht eine chinefifche Ausführung den 
erften Impuls gegeben hätte. An Pohin g’s Gartenftühlen und grofsen Vafen 
finden wir den feladongrünen Grund, auf dem mit paftofem Auftrag ein weifses 
Ornament plaftifch, faft mit dem Pinfel modellirt erfcheint. Wir flehen vor den- 
jenigen Arbeiten, die zur berühmten Päte-sur-päte- Technik den erften Anlafs 
gaben. Pohing’s Ausftellung gibt ein inftrudtives Bild der modernen chinefifchen 
Porz ellantechnik, wie fie für den europäifchen Markt arbeitet: runde, viereckige 
oder fechseckige Vafen, bunte Fi iguren, Gartenfitze und Kübel, Blumengefchirre 
und Service in buntefter Abwechslung finden wir in deffen Schaukaften. 
Zum erften Male treffen wir hier auf einer chinefifchen Ausftellung über- 
haupt auch die Namen einiger Fabrikanten. So brachte Jiit-ching Vafen mit 
Cloifonn&decoration, gut in Farbe und befferem Gefchmack, und Hsii aus 
Hankow, modernes Gefchirr für den Hausgebrauch, darunter Taffen und 
Schüffeln mit Korallenfchmuck , kleinen und grofsen Vafen, Craquel&waare u. f. f. 
Sehr bemerkenswerth und von befonders fchöner Wi rkung find die f 
nannten Maroonvafen. Der weifse Körper derfelben ift über End über mit ei 
dicken, leicht flüfftigen dunkel purpurrothen Glafurmaffe überzogen, in der fich 
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blaue Flimmer, ähnlich dem Aventurin ausgefchieden haben. Eine ähnliche Maffe, 
die wir unter den neueften Glaspaften der Verrerie imperiale de St.. Pet 
fanden, rührt von L. Bonafede. dem Dir ector und Chemiker der | 
ruffifchen Fabrik her. 
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