Full text: Die Thonwaaren-Industrie (Heft 24)

     
  
  
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
  
  
   
  
    
   
  
    
   
   
   
   
  
   
     
      
  
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30 Dr. Emil Teirich. 
welche die englifchen Fabrikanten zu fordern fich für berechtigt halten und welche 
namentlich für Decorationsftücke, für durch die Hand des Künft tlers verfeinerte Waare 
gelten, hat fich der Gefchmack auch bei uns diefen Erzeugniffen der Kunftinduftrie 
Fugewendet und werden derlei Fayencen namentlich feit den letzten drei Jahren 
Be relativ ziemlich ftark und mit Erfolg importirt. Schon im Jahre 1871 betrug 
diefer Import bei 250.000 fl. bei einem Eingangszoll von durchfchnittlich 5 bis 6 fi, 
pro 100 Pfund Wiener Gewicht. Eine eigentliche Stilrichtung diefer englifchen 
Erzeugniffe anzugeben, ift nicht mög] lich. Im Allsemeinen leidet die für den Haus- 
gebrauch beftimmte Fayence, alfo Teller, Schüffeln, kurz das Gefchirre jeder Art, 
  
an demfelben Uebel, mit dem die Gefäfs bildnerei überhaupt noch mehr oder weniger 
zu kämpfen hat, fei es in der Porzellan-, fei es in der Steingut-Technik. Immer 
wird noch oft in der Form gegen den Stil des Materiales felbft gefündigt, immer 
noch nicht die Decorationswe ee durch Malerei dem geformten Ge enftande 
pafste — in keinem der beiden Fälle mitunter auf das nächftliegen« 
Bedürfnifs Bedacht genommen. 
Der Zeitraum zwifchen der letzten Weltausfte 
heute it wohl ein zu kurzer, um einen wefentlichen Umfchwung, um 
Nuancirungen in diefer Induftrie conftatiren zu können, Nach wie vor geht das 
Streben der beften Fabrikanten darauf hinaus, nach alten Muftern zu‘ copiren, 
wenn auch oft fo, dafs gewiffe Formen und Farben der gewohnten Technik zurecht 
gelegt werden. 
Eine folche Sucht der Imitation macht die Ausftellung 
Worcefter-Fabrik oder eines ee geradezu zu einem bunten Gewirre aller 
Stilarten und Ausführungsweifen der vergangenen Stilepochen, ohne dafs, 
-efagt, immer deren urfprünglicher Charakice gewahrt bliebe. Diefs bezieht fie 
uf die feine, in England mit den höchften Preifen bezahlten Luxt ıswaaı 
Eine andere, von allen Fabrikanten mit nur gerin 
angenommene Richtung fpricht fich in jenen Fayencen oder i 
allgeme ein übliche Desshticnlitielie e vornehmlich zu gelten, die fich aus c 
Imitation der italienifchen Robbia und Paliffywaaren herausgebildet haben, un« 
die fich bald mehr der einen, bald der anderen Technik hinneigend, meift aber 
von Paliffy’s Naturalismus arg beherrfcht find. 
  
  
ung vom Jahre 1871 und 
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‚edeutende 
Minton, der 
  
    
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Diefen mildernd und überhaupt die ganze Stilrichtung veredelnd wirkte 
in letzterer Zeit der Orient auf die englifche und auch die franzöfifche Thon- 
vaaren-Induftrie ein. Und das orientalifche Element ift neben den beiden a 
genannten italienifchen und altfranzöfifchen Decorationsweifen ‚heutzutage 
lich beftimmend für die künftlerifche Ausftattung aller keramifchen Producte. ] 
kann beim orientalifchen Stile natürlich nicht von der Formgebung gemeint 
denn der Orient hört fofort auf, muftergiltig zu bleiben, wenn er be ginnt, 
zu treiben. Nur in der Decoration der Fläche ift er ein guter L ehrmeifter. Damit 
ift nicht gefagt, dafs nicht auch viele orientalifche Formen, namentlich in der engli- 
fchen Thonwaaren-Induftrie Verwendung finden. Die Ausftellung brachte hievon 
fogar Vieles, zeigte aber auch, wie vorfichtig und mafsvoll mit diefen Motiven 
zu wirthfchaften ift. Vorzüglich fanden wir an Decorationsftücken folche 
Mifsgriffe. 
In ihrer Eigenfchaft als Ziergegenftände ift es ziemlich fchwieri 
allgemeine Grundfätze zur Beurtheilung jener Formen aufzuftellen, die nur felt 
an gewiffe Gebrauchszwecke gebunden find. Hier vermag auch nicht die Reg 
es müffe die Nützlichkeit der Schönheit vorangehen, leitend für unfer Urtheil zu 
fein, wie diefs zum Theile wenigftens be i Gegenftänden des Hausgebrauches 
angeht. 
Zwar lehnen fich die Erzeugniffe der Majolica und Paliffy technifch i 
ftets an die Form eines Hausgeräthes an, Candelaber, Schüffeln und Achnliches 
werden dargeftellt, aber nie mit der Intention, wirklich jemals als folche zu di ene n. 
Die Credenz, der Kamin, das Wohnzimmer bleibt ihr dauernder Platz im Haushalte, 
   
  
  
 
	        
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