12 Jakob Falke.
alten Originale vortrefflich wiedergegeben, im Allgemeinen weit beffer als die
deutfchen und böhmifchen Nachahmungen, deren Grün meift zu ftechend und
fcharf ausfällt. Das viel verwendete Opalglas zeigte fich von reichem, zum Theil
in das tief Goldige übergehenden Farbenfpiel. Die reticulirten Gläfer waren in
ihrem Netzwerk von einer Regelmäfsigkeit und Sicherheit, die mit derjenigen
der alten Originale wetteiferte.
Neben den Gefäfsen zeigten fich als zweites Genre von Gegenftänden in
eminenter Bedeutung die Glasluftres, und hier find als Specialiften neben der
Fabrik von Salviati noch insbefondere die Fratelli Tofo zu nennen. Die a
Venetianer Luftres verdanken ihre Ausbildung wohl erft der zweiten Hälfte
XVI. und mehr noch der erften Hälfte des XVII. Jahrhunderts. Sie verbinden
daher Eigenthümlichkeiten beider Perioden, einmal den edlen Schwung de
Linien in ihrem Bau, der in den Windungen der Stäbe zum Ausdruck kommt,
andererfeits die Zierde in farbigen Blumen, die nebft blitzenden Blättern an
fchlanken Stengeln hervorfchiefsen. Sie find, wie fchon oben angedeutet, ein
vorzugsweife im XVII. und noch häufig im XVIII. Jahrhundert verwendetes Orna-
ment. Diefe Luftres, edel in der Form, effedtvoll mit ihren Lichtreflexen und
doch mafsvoll, paffen vortrefflich in künftlerifch eingerichtete Wohnungen, in
die ernftere, wie in eine mehr heitere. Ihre Wiederaufnahme durch die Muranefer
Fabriken ift daher nur zu billigen. Was die Ausftellung brachte, fchlofs fich auch
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meiftens den alten Muftern an. Doch ift es auch hier gegangen, wie bei der
Gefäfsen. Die gewonnene Gefchicklichkeit hat das Mafs überfchreiten laffen und
zu Koloffalleiftungen geführt, die wir technifch begründen mögen, die aber ihre
Schönheit verloren haben. Mit der Koloffalität, mit dem Reichthum haben fie di
Mäfsigung und die Klarheit der Linien verloren, die unter all den Glanzlichterı
doppelt nothwendig erfcheint. Wir möchten zu diefen Leiftungen den fonft
bewunderungswürdigen Kronleuchter von Salviati, das gröfste Stück feiner Aus-
ftellung, zählen. Alle Luftres diefer Art find nach alter Weife für Kerzen berech-
net, doch zeigte die venetianifche Glasausftellung auch andere, die fich der
modernen Beleuchtungsart angefchmiegt hatten und für Gas beflimmt waren.
Darunter waren als befonders fchön einige Luftres bei Salviati zu nennen, deren
flache Schalen aus goldigem Opalglas gebildet waren. Wie ihr Effect fich bei
wirklichem Gaslicht macht, war freilich bei der von aufsen kommenden Tages-
beleuchtung nicht zu beurtheilen.
Als ein drittes Genre von Gegenftänden ftellen fich unferer Kritik die
venetianifchen Spiegel dar, für unferen Standpunkt natürlich nicht wegen der
Spiegelfläche, fondern wegen der Umrahmung, die ebenfalls aus Glas gebildet
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ter Form zugefchnitten und durch eingefchliffene Ornamente verziert find. Die
andere Art belegt einen Holzrahmen mit Blättern und Blumen aus geprefstem
oder mit Hand und Eifen gebildetem Glafe, welche fo verbunden und ange-
nagelt werden, dafs fie in hohem Relief eine naturaliftifche Decoration bilden.
Die Ausftellung bot viele und fehr künftliche Beifpiele davon, aber das Genre
feibft ift weder künftlerifch fonderlich gut, noch praktifch, da es einerfeits ziem-
lich rohen Effect macht, andererfeits der Reinigung unüberwindliche Schwierig-
keiten bereitet. Mit der Wiederaufnahme diefer überhaupt ziemlich fpäten Spiegel
ift daher der Kunft kein befonderer Dienft geleiftet. Noch weniger gefchieht das,
wenn Angelo Fuga das Gebiet des Glasgeräths mit gläfernen Möbeln erweitern
will. Das Glas foll bei Seffeln das Holzgeftell erfetzen und wird im Uebrigen
tapezirt und beftickt wie eben ein anderes Sitzmöbel. Solche Gegenftände,
ebenfo wie feine Tifche von Spiegelglas, mit Ornamenten von geblafenem Glas
umgeben, gehören als „nouveaut&s um jeden Preis“ nur in das Gebiet des
Abfurden.