42 L. Lobmeyr.
In Belgien, das in der Spiegel-, Tafel- und Halbkryftallglas-, dann in der
ml Weinbouteillen-Fabrikation fo dominirend auftritt, hat fich' mit dem eigentlichen
| Luxusglafe ftets wenig befchäftigt; es betreibt vor allem Maffenproducdtion.
N England cultivirt das Kryftallglas, das es auchin unvergleichlicher Schöne
liefert, nebenher nur wenig das transparente Farbenglas.
I Frankreich erzeugt nebft hübfchem Kryftallglafe die vollftändigfte Scala
I des jetzt überhaupt vorkommenden Farbenglafes und ift damit Oefterreichs bedeu-
| | tendfter Concurrent.
EHI Deutfchland producirt in einigen baierifchen und anderen Fabriken meift
N mittelfeine Waare, feinere Qualitäten namentlich von Farbenglas liefert nur die
NH NH gräflich Schaffgotfch’fche Fabrik Jofefinenhütte bei Warmbrunn in Schlefen und
St. Louis in Elfafs-Lothringen.
In Oefterreich, und zwar fpeciell nur in Böhmen wurde von jeher auf den
Fabriken von Meyr’s Neffen fowohl Kryftall- als Farbenglas am vorzüglichften
ı) gefchmolzen, eine Menge matter und anderer Farben verdanken dem jetzigen
I) Chef der Firma, Wilhelm Kralik sen., ihre Erfindung und man ift dort unaus-
| gefetzt beftrebt, den höchften Anforderungen der Zeit zu genügen.
Ebenfo hat fich auf gleichen Gebiete die gräflich Harrach’fche Fabrik
j „Neuwelt“ ftets durch ausgezeichnete Leiftungen, befonders durch die Erzeugung
Sl herrlicher Rubingläfer und Artikel in anderen Ueberfangfarben, ferner von den
venetianifchen nachgebildeten Faden-, Aventurin- und anderen Gläfern und auch
mancher matter Glasfarben hervorgethan.
Die Firma J. Schreiber und Neffen richtete dagegen ihr Hauptaugenmerk
zumeift darauf, den Glasraffineuren, welche in der böhmifchen Glasinduftrie
eine fo bedeutende Rolle fpielen, befferes und billigeres Rohmaterial zuzufüh- >
ren, und erreichte in diefem Streben nicht nur höchft Anerkennenswerthes, fon-
dern ermöglichte damit in der Erzeugung von Maffenartikeln einen grofsen Auf-
DM ) fchwung.
Von den Fabrikanten, welche fich an der Ausftellung betheiligten, wären
noch diefsfalls J. E. Schmid in Annathal, C. Bodenmüller & Comp. in Neu-
hurkenthal und nicht minder S. Reich & Comp. in Wien zu nennen, von denen
der erftere durch das fchöne feurige Kryftallglas, Bodenmüller durch die feinen
und fatten Töne feiner farbigen Waaren, und der letztere fowohl was die Kryftall-
i als Farbengläfer betrifft, und zwar durch diefe um fo mehr, überrafchte, als der-
| felbe mit gleich feinen eigenen Produdten noch nie auf dem Markte erfchie-
nen war.
Es gibt in Oefterreich und befonders in Böhmen noch eine Menge Fabri-
ken, welche fich nur mit der Erzeugung des Rohglafes, nämlich dem Schmelzen
der Glasmaffe, und dem Blafen oder Preffen derfelben in Formen, wie fie die
Raffineure verlangen, befaffen; das Schleifen, Graviren oder Vergolden aber
diefen gänzlich überlaffen.
Diefe und auch die übrigen Fabriken find meift des billigen Holzes wegen
nun noch abfeits vom grofsen Verkehre in waldiges Terrain gelegt, doch fcheint fich
Hui hierin eine allmälige Wandlung vorzubereiten.
Man wird nämlich von der Holzfeuerung allgemach abgehen, vom Walde
| immer unabhängiger werden, fich den Kohlen-, den Torf- oder den Diftricten
ve mit anderen foffilen Brennftoffen nähern, wahrfcheinlicher aber die Fabriken
| i an Bahnen oder Wafferftrafsen legen, welche jene Materialien billig beizufchaffen
vermögen und zugleich auch die anderen Vortheile des leichten und rafchen
Verkehres bieten.
Was fich in fchwer zugängliche Waldeinfamkeit zurückzog, wird fich
wieder den eineleichte Verbindung begünftigenden Strafsen zuwenden, welche die
fämmtlichen Exiftenzbedingungen beffer zu geftalten vermögen.