Bronzegalanterie-, Ledergalanterie- und Tafchnerwaaren. 9
‚karten-Etuis, Brieftafchen u. f. w., welche ganz weich, nur aus Leder ohne jeden
Metallbeftandtheil, höchftens mit einem Schlöfschen verfehen, angefertigt find.
Diefe Gattung ift die fchwierigfte in der Erzeugung, da fie keine Hilfsmafchine
geftattet und blofs durch die Hand des Arbeiters aus einem Stück Leder geformt
werden mufs; fie wird hauptfächlich für den Export nach Amerika, England u. f. w
verfertigt.
Rahmenarbeitift bedeutend älter, als die weiche Arbeit. Portemon
naies, Cigarrenetuis u. f. w., in Bronze- oder anderen Metallrahmen gefafst, find
die ältefte, aber noch immer begehrte Sorte. Sie find viel leichter zu erzeugen,
da der Rahmen fchon die Hauptform bildet und auch Klötze und andere Hilfs-
mittel dabei verwendbar find. Hieher gehören auch die einft in Maffen erzeugten
und noch heute gefuchten Handfchuh- und Sacktuch-Soufflets.
Holzarbeit ift gewöhnlich die der Gröfse nach imponirendfte Gattung.
Darunter verfteht man Caffetten in allen Formen und für alle möglichen Zwecke;
Käftchen, zuerft aus Holz gebaut, dann mit Leder überzogen. Auch gewiffe Sorten
von Mappen gehören zu diefer Gattung. Die Arbeit erfordert Gefchicklichkeit,
Aufmerkfamkeit und Reinlichkeit.
Die zur Waare nöthigen Bronze-, Holz- undanderen Beftandtheile werden
von erften Fabrikanten theilweife bei Haufe erzeugt. Viele Hilfsarbeiter werden
aber auch aufser dem Haufe befchäftigt.
Album- und Buchbinder-Arbeiten, als nach dem Ausftellungs-Programm
zur Gruppe XI gehörig, finden in dem diefe Gruppe befprechenden Bericht
ihre Würdigung.
Gehen wir nach diefer Einleitung auf die Ausftellung felbft über und
wenden wir uns da zuerft nach Oefterreich. DieMenge und Güte des in diefer
Gruppe Ausgeftellten wird fchon durch die Thatfache charakterifirt, dafs 48 Aus-
fteller vertreten waren und von diefen feitens der Jury 37 mit Auszeichnun-
gen bedacht wurden, während drei (Auguft Klein, Friedrich Ritter v. Rofen-
berg und Adolf Strehblow) als Jurors aufser Concurs waren und weitere
drei Ausfteller (Johann Etz, Gebrüder Rodeck und A. F. Syr&& Neffe) frei-
willig aufser Preisbewerbung ftanden.
Von den Wiener Fabrikanten diefer Branche ift Auguft Klein als derjenige
hervorzuheben, welcher mit grofser Ausdauer, Energie und vielen Opfern den
Wiener Artikel für den Welthandel cultivirte.
Er war der Erfte, der Fachficherheit und Muth genug befafs, unferen
Erzeugniffen diefer Kategorie die Bahn nach den induftriell für unerreichbar
gehaltenen Metropolen Frankreichs und Englands zu eröffnen und in St. Peters-
burg, wo man fich bis dahin die englifchen und franzöfifchen Fabrikate als
unerreichbar gedacht hatte, den Ruhm der Wiener Lederwaaren-Induftrie zu
begründen, für fie dort bleibende Märkte zu erobern.
Dafs diefelbe Luft und Liebe, die feiner Zeit den Kleingewerbetreiben-
den Auguft Klein am Beginne feiner felbfitändigen Laufbahn im Jahre 1845
zur Arbeit anfpornte, auch heute noch den Grofsinduftriellen erfüllt, zeigte
feine Ausftellung, welche nur Gutes, Vollkommenes, in Entwurf und Ausführung
Gediegenes vorführte.
Greifen wir aus der reichen Sammlung von Prachtftücken einige befonders
werthvolle heraus, fo ift vor Allem das dem Abte Helferstorfer gehörige Miffale,
welches fich durch edlen Stil und fchönes Email auszeichnet, anzuführen.
Ferner zwei Albums, eines Eigenthum der Erzherzogin Gifela, das andere des
Erzherzogs Rainer, letzteres mit Limofiner Email geziert, dann einige Sammt-
caffetten, mit Edelfteinen und Emailblättern gefchmückt. Unter feiner kleinen
Waare fanden wir einen durch ihn allein vertretenen fchönen Artikel, nämlich
Silhouetten aus fchwarzem Leder, in lichtes Leder eingelegt.