Full text: Die Kurzwaaren-Industrie (Heft 47)

Bronzegalanterie-, Ledergalanterie- und Tafchnerwaaren. 11 
Lederwaaren-Induftrie gehören. Was die von diefer Firma gelieferten Ein- 
bände mit Handvergoldung betrifft, citiren wir Jacob Falke, deren 
feinem Werke * (Seite 326 und 327) fagt: „Oefterreich hat auf der Ausftellung 
nur zwei Etabliffements, das von Wunder & Kölbl und das von Fr. Kritz, 
welche auf diefes Genre (die Handvergoldung) eingegangen find. Aber der 
Anfang ift allfeitig gefchehen, und wir zweifeln daher nicht, dafs diefe rationellfte 
aller modernen Ledertechniken binnen wenig Jahren wieder allgemein werden 
wird, fo weit es der Preis erlaubt. Sie ift felbft koftbar genug, wie die englifchen 
Beifpiele zeigen, um unfer Girardet-Genre in den meiften Fällen zu erfetzen.“ 
F. Nowotny & Söhne, eine der bedeutendften Firmen in billiger 
Lederwaare für den grofsen Export, führte gangbare Mufter in reicher Aus- 
wahl vor. Ignaz Lukfch bereicherte uns mit einem neuen Artikel, den er 
privilegiren liefs; es find diefs Portemonnaies, Kartenetuis etc. aus einem gelb- 
lichen Kalbleder, auf welches Holzflader in dunklerem Braun gedruckt ift. Wir 
finden esnun wohl begreiflich, wenn koftfpieliges Materiale durch billigeres imitirt 
wird, halten es jedoch für nicht gerechtfertigt, Holz durch das bedeutend 
theurere Leder nachzuahmen. Es ift diefs nur ein Beifpiel, welche Mittel der 
Wunfch, Neues zu bieten. öfter anregt, denn fo wie man hier Holz durch Leder 
imitirt fah, fand man bei einem anderen Fabrikanten in derfelben Gruppe umge- 
kehrt Leder durch Holz nachgeahmt. 
Rühmenswerth erfcheinen noch die Firmen Michael Seewald und 
Jacques Mefenich; Erftere hatte Specialitäten in Schreibzeugen, Letztere in 
Nippes exponirt. Eduard Becher, der fehr fchöne Albums zeigte, verdient 
infoferne befonders hervorgehoben zu werden, als er in Albumerzeugniffen über- 
haupt Vorzügliches leiftet. 
Auch Julius Franke hatte Einiges ausgeftellt, was nicht nur von Sach- 
verftändigen als gut und originell, fondern auch ohne Concurrenz in der 
Ausftellung befunden wurde. Ihm kommt das Verdienft zu, dafs er Artikel 
erzeugt, welche, wie die mannigfaltigen Portefeuilles für Kunfthändler, fehr ftark 
nach Rufsland begehrt werden. 
J. Weidman’s** gröfsere Ausftellungsobjecdte, worunter viele Enveloppen 
und Prachteinbände, zeichneten fich durch Stilreinheit aus. Die Sammlung 
kleiner Waaren, fchon wegen ihrer Verfchiedenheit in Formen und Farben bemer- 
kenswerth, ift umfomehr hervorzuheben, als jeder einzelne Gegenftand in der 
eigenen Fabrik des Ausftellers verfertigt wird. Die gemalten und in chagrinirten 
Grund eingelaffenen Bilder nach Originalien von Makart, Profeffor Sturm, 
Bazcha 6w, zeugten ebenfalls von befonderem Streben auf dem Gebiete der 
Kunftinduftrie. 
Auf die Wiener Tafchnerwaaren-Induftrie übergehend, haben wir anzu- 
führen, dafs das Vorzüglichfte von eingerichteten Säcken und gefchmackvollen 
Damentafchen in den Ausftellungen des Fabrikanten Auguft Klein, fowie der 
Kaufleute Rofenbe rg, Rodeck und Etz zu fehen war. 
In dem Hofeinbau der Gruppe VI, wo die eigentlichen Tafchner ausgeftellt 
hatten, bemerkten wir eine grofse Pyramide von Koffern und einfachen Säcken. 
Ein Theil davon hatte feinen Urfprung aus der Fabrik Hermann Krammer’s, eines 
unferer beften Tafchner. Die Gegenftände waren alle gut und folid gearbeitet. 
Neben Krammer hatte Schittenhelm currente Waaren, Koffer und Tafchen, 
ausgeftellt. Gabriel brachte Jagdartikel und war in diefem Fache faft der 
Einzige. 
Die Wiener Tafchnerwaaren-Induftrie, früher der Parifer und Londoner 
weit nachftehend, hat fich im Laufe der letzten zehn Jahre in der erfreulichften 
* „Die Kunftinduftrie auf der Wiener Weltausftellung 1873“ (Verlag von Carl Gerold’s 
Sohn in Wien). 
** Der Herr Refer 
uns oben eingefügtes Ur 
  
t wollte nicht felbft über feine Ausftellung berichten. Wir haben 
l von erfahrener Seite eingeholt. 
  
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