Papierinduftrie.
Feldarbeit für das weniger lucrative Hadernfammeln disponibel werden, das
Material feucht und defshalb doppelt unrein zum Weiterverkauf gelangt, die
Ungleichförmigkeit des Ausgebotes einerfeits, und die desMateriales an fich ander-
feits, zwingt den Fabrikanten, fein Betriebscapital in Anfchaffung grofser Lager
zu exponiren, wie nicht minder die Fabriksanlage felbft dadurch um vieles volumi-
nöfer wird, dafs grofse Lager- und Sortirräume, fowie Säuberungsapparate zur
urwüchfigften Präparation des Rohftoffes bereit gehalten fein müffen,
Die eben angeführten Uebelftände, als: Ungleichförmigkeit des Bezuges,
der Preife und der Stoffe felbft, die daraus folgende Labilität einer Calculations-
bafıs, die fchwierige Verwerthung der Abfallftoffe, die erfchwerte Manipulation
in der Mifchung zur Einhaltung gleicher Qualitäten, die Nothwendigkeit gröfseren
Capitalaufwandes durch Anfchaftung grofser Lager- und entfprechender Räume,
verbunden mit der Schwierigkeit, dem gefteigerten Verbrauche gemäfs, die nöthi-
gen Quantitäten der Hadern zu befchaffen, haben es fchon lange als ein dringendes
Bedürfnifs fühlen laffen, einen für die Papierfabrication gleichwerthigen Faferftoff
aufzufinden, der fich wo möglich nicht theurer ftellt, und welchem die erwähnten
Mängel in geringerem Grade anhaften.
Es werden feit Jahren allfeitig grofse Anftrengungen zur Auffindung eines
folchen „Normal-Rohftoffes der Zukunft“ gemacht, und find auf diefem Gebiete
feit der lezten Weltausftellung fehr beachtenswerthe Refultate zu Tage gefördert
worden, ohne dafs das grofse Problem vollftändig gelöft worden wäre. Zu den
wichtigften Hadernfurrogaten gehören: der gefchliffene Holzftoff, das Stroh und
in neuefter Zeit die Cellulofe (auf chemifchem Wege erzeugter Holzftoff). Auf der
Ausftellung waren aufserdem vertreten: Kartoffelftängel, Brennneffel,Maulbeerbaum-
Rinde und Hanf, welche jedoch nur untergeordnete Bedeutung haben. Animalifche
Surrogate werden gar nicht, mineralifche Stoffe nur als Füllmittel zur Vermehrung
von Maffe und Gewicht des Papieres verwendet.
Der gefchliffene Holzftoff. Die Erzeugung und Anwendung des
gefchliffenen Holzftoffes hat feit dem Jahre 1867 einen grofsartigen Auffchwung
;enommen, die Holzftoff-Fabricationift zu einemfelbftändigen, blühenden Induftrie-
zweige geworden, der zwar im Principe keine wefentliche Aenderung, dagegen
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in den Details der Apparate manche werthvolle Vervollkommnung erfahren hat.
Seit G. Keller den genialen Gedanken gefafst, und Heinrich Völter in
leidenheim demfelben durch zweckmäfsige Form der Apparate praktifche Ver-
werthung gegeben, find Hunderte von Holzftoff-Fabriken errichtet worden, da fich
die Verwendbarkeit des Stoffes immer deutlicher erwies und der Bedarf von Jahr
zu Jahr wuchs. So würde beifpielsweife Deutfchland fieben Millionen Centner
Hadern zur Erzeugung feines Papierquantums nöthig haben, während es nur zwei
Millionen Centner producirt. Der Abgang wird zum geringen Theile durch
die Haderneinführ und hauptfächlich durch Surrogate, worunter Holzftoff die
bedeutendfte Rolle fpielt, gedeckt.
Der aufserordentliche Verbrauch an Holzftoff, welcher durch die bis
60 bis 70 Percent gehende Beimifchung zu den Hadernftoffen erklärt wird, weckte
die Unternehmungsluft zahlreicher Intereffenten, welche in der Ausführung und
Verbefferung der Schleifvorrichtungen dankbare Objecte ihrer Bemühungen fanden.
Allen voran fteht jedoch Heinrich Völter in Heidenheim, der mit bewunderns-
werther Energie und Ausdauer den einmal gefafsten Gedanken verfolgte und
ausbildete, und ihm gebührt das Verdienft, diefe Induftrie zu ihrer heutigen Voll-
kommenheit und Bedeutung gebracht zu haben.
Die wünfchenswerthen Refultate: möglichft grofses Schleifquantum bei
geringftem Kraftconfum, fowie grofse Feinheit und Gleichartigkeit der nicht alı-
zu kurzen Fafer, bilden das Ziel aller Vervollkommnung.
Je feiner und gleichartiger die Fafer, defto fchwieriger ift fie im Papiere
ınbar, und defto mehr convenirt fie dem Papierfabrikanten. Die gebräuch-
er