Tapeten und Buntpapier. 7
fchon die Betheiligung der Firmen keine impofante, denn die Tapetenfabrikanten
haben bei derherrfchenden Methode des Vertriebes ihrer Produdte kein fo vitales
Intereffe an den Ausftellungenals eben andere Induftrien. # Alles diefes zufammen-
genommen, führte die fchon bei den einleitenden Bemerkungen hervorgehobenen
Uebelftände in der deutfchen Abtheilung auf den Calumationspunkt und wahr-
haft mit fauererMiene gehe ich daran, die Ehre der deutfchen Tapeteninduftrie
an der Hand des in der Ausftellung Gebotenen zu „retten“.
Die gröfsten Etabliffements Deutfchlands: Flammersheim in Köln und
Engelhard inMannheim, deren Abwefenheit in Paris wir fchon lebhaft bedauerten,
liefsen fich auch nicht verleiten nach Wien zu kommen, wo fie fo viele Freunde
und Kundfchaftenhaben. Von tonangebenden Firmen waren nurC. Ho chftätter
& Söhne und C. Herti ngin Einbeck (bei Hannover) erfchienen. #* Bemerkens
werth war noch aufserdem die Betheiligung der kleinen Fabriken von G. Hitz-
fchold in Dresden, Stolberg & Comp. in Hannover und W. Schmidt
in Colmar.
Die feit dem Jahre 1846 beftehende Fabrik vonC. Hochftätter & Söhne
brachte zwei Decorationen, von denen eine Auguft Hochftätter, die andere Fr.
Fifchbach gezeichnet hatte. Letztere im hellen blauen Grundtone ift charmant
componirt, nur fcheinen mir die Borduren etwas überreich ausgefallen zu fein.
Eine andere Decoration vervielfältigt den Reichsadler. Im Allgemeinen kann man
wohl die Hochftätter’fchen' Leiftungen als den Typus jener der mittleren und
kleinen deutfchen Fabriken, die fich dem beffernden Einflufs der architektonifchen
Beftrebungen der Gegenwart hingegeben haben, anfehen. Ohne in der Technik
an die erften Parifer Firmen hinanzureichen, leiften diefe Etabliffements Zufrie-
denftellendes und Anftändiges. Der Fortfchritt in den Deffins im künflerifchen
Sinne, die zunehmende Emancipation von Paris ift unverkennbar. In technifcher
Beziehung ift ein wefentlicher Fortfchritt im Allgemeinen nicht erkennbar. Der
Abfatz ft ein befriedigender.
Herting hat uns wieder verfchiedene Anwendungen des von ihm culti-
virten Metallglanzes gezeigt. Wir haben fchon bei anderen Gelegenheiten den ftreb-
famen Fabrikanten vor einem Zuviel in der fehr verwendbaren Technik des
Metallglanzes gewarnt. Und richtig hat Herting auch diefsmal wieder etwas zu
viel des Guten gethan, z. B. in dem Panneau mit neun Blumenfträufsen. Dagegen
wollen wir gerne anerkennen, dafs diefe Herting’fche Manier in anderen Stücken
wie z. B. den Borduren von ftilifirten Cadtusblüthen auf pompejanifch rothem
Fond einen herrlichen Effedt macht; fie gehören zu dem Beften, was wir gefehen
haben. Die Fortfchrittsmedaille hat fich Herti ng jedenfalls ehrlich verdient.
Die minder belangreichen Fabriken haben fich fehr anftändig aus der
Affaire gezogen, fo G. Hitzfchholdin Dresden und Stolbe rg & Comp. in
Hannover mit fchönen gauffrirten Tapeten (letztere Fabrik pflegt mit Verftändnifs
und Erfolg den altdeutfchen Stil und macht auch feine 3orduren), V.Schneider
in Colmar mit einem Panneau von pompejanifch rothem Grunde, eine fchwe-
bende Frauengeftalt, fogenannte „Porzellanimitation“ (?) für Speife- und Bade-
zimmer u. f. w. Alles andere verdient wohl nicht lobend hervorgehoben zu
werden.
Von Holzimitationen, mit welchen fich in Deutfchland viele Fabriken
befaffen, war auch Mancherlei zu fehen, Gutes und Schlechtes.
* Welche ftiefmütterliche Behandlung die Papiertapete überhaupt feitens der deut-
fchen Commiffion zu leiden hatte, beweift auch unter Anderem, dafs inder, fo weit ich urtheilen
kann fonft fehr gut gefchriebenen Einleitung zum deutfchen Kataloge die Papiertapeten mit
dem Satze abgethan find: „Papiertapeten insbefondere werden in Heffen, Rheinland, Franken
und Thüringen verfertiget.“ Welch’ rührende Einfachheit! In dem einleitenden Kopf zur
Gruppe XI find die „Tapeten“ aber ganz unbeachtet geblieben. Wenigftens konnte da keine
Unrichtigkeit unterlaufen,
** Herting war der einzige deutfche Austteller 1867.