Tapeten und Buntpapier. 15
Mahnung möchten wir ausfprechen, welche fich zunächft auf die „Phantafiepapiere“
bezieht: Künftlerifche Deffins! Gerade weil die Deffauer's in diefer Richtung jedes
Jahr Befferes leiften, knüpfen wir hier die Betrachtung für andere kleine Werk-
ftätten an. Warum follen denn die fogerannten „Phantafiepapiere* von dem all-
gemeinen kunftgewerblichen Fortfchritte ausgefchloffen fein. Gibt es für fie keine
Revolution in der ornamentalen Kunft, keinen Kampf gegen das Banale und alt-
hergebrachte Einerlei? In der Buntpapier-Macherei mufs ja nicht der entfetzlich
gefchmacklofe Trödel erhalten bleiben und immer wieder erzeugt werden, welcher
die Spottbezeichnung „Katarrhzettel-Papier“ erlangt hat.
Eine andere alte verdiente Fabrik ift die von Theodor Kretzfchmar in
Dresden und Bodenbach (1825 bis 1852 Oehsner & Comp.). Diefes Etabliffement
ift modern eingerichtet mit Streich- und Foncirmafchinen. befchäftigt 59 Arbeiter,
und erzeugt 6- bis Sooo Riefs bunttürkifche Stoffimitationen, Theepapiere, Ge-
latinepapier, fehr gleichmäfsige Uni’s. Diefs und die Benützung von Quachemalerei
bei demGewerbe machte die Kretzfchmar’fche Expofition zu einer mannigfaltigen,
intereffanten und verdientftlichen.
Ich befchränke mich auf die Nennung diefer drei Namen, weil fich an die-
felben die beften Leiftungen knüpfen, mufs aber conftatiren, dafs noch mehrere
andere Ausfteller erfchienen waren, die tüchtig produciren, und dafs überhaupt in
Deutfchland kein Mangel an fleifsigen Werkftätten für diefen Artikel if. Aus-
drücklich bemerken mufs ich jedoch, dafs ich die Luxuspapiere, Bouquetpapiere,
künftlichen Blumen aus Papier, Gratulationskarten und dergl. mehr als nicht
in das Gebiet meines Referates gehörig betrachte, ebenfowenig als die Papier-
wäfche, welche nebft obigem Artikel in die 2. Sedtion der Gruppe XI mehrerer
Specialkataloge aufgenommen erfcheint. Die Papierconfedtion mag eine berufe
nere Feder behandeln.
Dagegen fällt unzweifelhaft in mein Reffort: Gold- und S ilberpapier.
Die Metallpapiere von Leo Hänle in München haben einen Weltruf. Eine
feit 1841 beftehende Fabrik, welche 600 Arbeiter befchäftigt mit zwei Dampf-
mafchinen, erzeugt für das ganze aufserdeutfche Europa die unechten glatten und
geprefsten Gold-, Silber-, Zinn- und Kupferbronze-Papiere und Borten. Bezüglich
der Deffins verweife ich auf meine obigen Bemerkungen über die Phantafiepapiere
— wenigftens einzelne Artikel können folche Betrachtung provociren. Die Technik
dagegen ift muftergiltig, fo lange nicht mehr Mafchinen in diefe Branche einge-
führt werden. Die internationale Jury verlieh diefer Firma das Ehrendiplom und
wir können diefs nur billigen.
Im Allgemeinen aufgleicher Höhe mit dem eben befprochenen Unternehmen
fteht wohl jenes der Gebrüder Kathan in Augsburg (300 Arbeiter, 1871
10.000 Riefs). Die Leiftungen Baierns find in diefem Artikel unbeftritten und
es hat kein anderes Land verfucht, hiefür eine Concurrenz zu fchaffen.
Von den öfterreichifchen Buntpapier-Fabriken find nur zwei, diefe aber in
eminentem Grade bedeutend. Es find diefs Wilhelm K nepper & Comp. und
Spoerlin & Zimmermann. Erftere Firma hatte eine brillante Ausftellung
arrangirt. Nebft mehreren Mufterbüchern war ein grofses Wandtableau zufammen-
geftellt, in welchem fächerförmig hochglänzend lackirte Buntpapiere gruppirt
waren. Eine für die Ausftellung fpeciell angefertigte neue Art von Marmor mit
metallglänzenden Flocken machte einiges Auffehen. Es fcheint jedoch, als ob die
Firma diefe Waare nicht auf den Markt zu bringen gefonnen fei, denn eine Beftel-
lung auf eine Suite diefer Papiere, die in meiner Gegenwart bei den Vertretern
der Fabrik gemacht wurde, wurde nicht acceptirt.
Das Arrangement und der Inhalt der Knepper’fchen Ausftellung waren
vortrefflich und ftellten eine Probe der bekannten Leiftungsfähigkeit der Firma
dar. Spoerlin& Zimmermann legten einige Mufterbücher der bekannt guten
Waare auf, fchienen jedoch nicht ambitionirt zu haben, mit diefem Artikel in den
Vordergrund treten zu wollen, in dem fie fichmitihren Tapeten fo fehr behaupteten.
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