6 Louis Jakoby
noch der Fall. So lange der Kupferftich einziges Vervielfälti ngsmittel war,
kam es vor, dafs eine einzige glückliche Arbeit ihm ein Vermögen einbra chte.
Heute, in dem Fieber nach ehnell em Gewinn fucht er aus dem Vertrieb von Bil-
dern und Photographien einen paffenderen und einträglicheren Erwerbszweig zu
machen. Selten nur beftellt er noch; bequemt er fich aber dazu, Arbeiten in Com-
miffionsvertrieb zu nehmen, fo gefchieht das unter fo drückenden Verhältniffen
für den Künftler, dafs diefer auf den Kunfthändler, als den fonft gebräuchlichen
Vermittler zwifchen ihm und dem Publicum, bald ganz wird verzichten müffen.
Der Ausfall diefes Fadtors aber führte im Jahre 1868 in Paris zur Grün-
dung erftgenannter Societe de gravure.
Was hat nun bei uns in Oeferreich, was in Deutfchland die ausgeftel
Arbeiten entftehen gemacht?!
Den fo fundirten alten und neuen Inftitutionen Frankreichs hat Deutfch-
land wie Oefterreich nichts Gleichartiges entgegenzufetzen. Man ift verfucht
vom Zufall zu fprechen, wenn tüchtige Arbeiten das T: ageslicht erblickt haben.
In Deutfchland hat der Staat in fchüchternfter Weife hie und da einmal
eine Subvention ertheilt, wodurch beifpielsweife das „Spofalizio* von Stang in
Düffeldorf entftand , vortreffliche Arbeiten, wie die von Raab, Fr. Vogel,
Burger, Zimmermann und Anderen in München wurden mit grofsen Opfern
zu Ende gebracht, um willkommene „Nietenblätter“ für Kunftvereine zu w Ru
Willmann aus Carlsruhe tritt mit Beftellungen der Stadt Paris auf. Auch in
Deutfchland treffen wir felten auf einen Verleger und ein fo bedeutender Künft-
ler wie Mande] muf unter den erfchwerendften Bedingungen feine Arbeiten
n
pe
o®
)
dem Publicum zugänglich machen.
Die Anftrengungen, die einft Schinkel und Beuth machten, diefe
Kunft zu heben, indem fie jungen Kräften die Mittel zur Ausbildung boten, den
Staat die Fürforge für eine vortrefflliche Druckerei tragen liefsen, werden bald
als ein „nur momentaner Auffchwung“ bezeichnet werden können.
Doch — bleiben wir in unferen eigenen Grenzen, wir haben hier ein
grofses Feld für unfere Wünfche.
Ein Mifsverftehen künftlerifcher und national-ökonomifcher Intereffen hatte
die Kunft des Kupferftiches bei uns faft ganz zu Grunde gehen laffen. Diefelben
Autoritäten, die über jeglichen Mangel von Intereffe an bildender Kunft in Oefter-
reich jammerten, fcheuten fich nicht, dem Kupferftich die Exiftenzmittel zu ver-
fagen, obgleich er doch in feiner Eigenfchaft als publicirende Kunft am meiften
geeignet war, für Kunft im Allgemeinen Propaganda zu machen, E dafs es endlich
der Allerhöchtften Initiative vorbehalten blieb, die erlofchene Tradition wieder
neu zu beleben.
Eine Oafe ftehen in diefer Zeit die Arbeiten des braven Poft faft allein da.
Das kaiferliche Oberftkämmerer-Amt trat anregend und befruchtend nach
jeder Seite hin auf. Die grofsen Stiche von Doby und Klaufs wurden von
ihm beftellt. Wir fanden auch in der Abtheilung für Kupferdruck die reichhaltige
Sammlung der Schatzkammer in Radirungen unter der intelligenten Direction
des Schatzmeifters Q. Leitner publicirt und fehen in dem Stich des Stefans-
domes ebenfo einem feltenen Specialiften Gelegenheit gegeben, fein Talent
entfalten zu können, wozu Bültemeyer in den früheren Arbeiten für die Bau-
zeitungen ein zu be sfehr änkter Raum geboten war.
Mit dem neuerwachten Leben in den übrigen ee war die Sta-
gnationin den graphifchen Künften bei uns doppel It fühl bar gew orden. Die in Paris
neu gegründete SocietE de gravure bot Anregung genug, Achnlich res zu verfuchen.
Zu zwei beftehenden Kunftvereinen noch einen dritten zu gefellen, fchien um fo
weniger rathfam, als deren Aufgabe, die Unterftützung der Malerei, durch den
mächtigen Auffchwung des Bilderhandels überflüffig geworden war. So entfchlofs
fich denn der Vorftand des fogenannten älteren Kunftvereines Hofrath v. Wiefer,
von der Gemeinnützigkeit diefes Unternehmens durchdrungen,
diefen Verein in