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10 Johann Zeman.
Der Stuhl für Leinenweberei vorgerichtet zeigt im Ganzen die bekannte
Einrichtung. Das Geftelle ift aus Holz mittlerer Stärke, durch Zapfen und
Schrauben zufammengefügt, fo dafs es ein feftes Ganze bildet und felbft bei
längerer Benützung folid verbleibt. Die einzelnen Theile zur Aufnahme der Kette
und des Gefchirres, die Lade und der Trittmechanismus find fo befchaffen, dafs
man in kürzefter Zeit jene Veränderungen vornehmen kann, um mit den inzwifchen
bei Seite gelegenen Stuhltheilen den Webftuhl zum Weben von geköperter
Waare aus Baumwolle, Flachs oder Schafwolle vorzurichten.
An das Hauptgeftell wird hinten ein kleines rechteckiges Geftell ange-
fteckt, in welches nun der Kettenbaum eingelagert wird, um einen gröfseren
Abftand desfelben vom Bruftbaum zu erzielen. Auch kann für Arbeiten mit
Doppeiketten noch ein zweiter Kettenbaum im Hintergeftelle eingelegt werden.
Die fefte Kettenfpannung wird durch eine nachgiebige Belaftung mit Waage-
gewicht erfetzt, dagegen die Aufwicklung der Waare von einem felbftthätig
einfetzenden Regulator controlirt. Statt der einfachen Schaft- und Trittvor-
richtung hängt der Weber einen Kontermarfch, ftatt der fchweren Lade eine
leichtere Lade mit Wechfelkäften ein. Für etwaige Zugarbeit (ftatt Trittarbeit)
kann für die Schäfte auch eine kleine Jacquardmafchine auf das Stuhlgeftell
aufgefetzt werden.
Der Univerfal-Handwebftuhl, Syftem de Grave, erfcheint dem Referenten
einer eingehenden Beachtung werth. Auch bei uns könnten in verfchiedenen
Webereibezirken folche Stühle Nutzen bringen; verfuchsweife follten fie wenig-
ftens in den ftaatlichen Fachfchulen eingeführt werden. Zu diefem Vorichlage
muntern uns die vorgelegten günftigen officiellen Begutachtungen auf, welche
uns doppelt bedauern liefsen, dafs wir nicht noch während der Ausftellung felbft
Gelegenheit fanden, das befcheidene, von den meiften (ob von der Jury auch,
wiffen wir nicht zu fagen) überfehene Webftuhlmodeil der Beurtheilung ein-
heimifcher Fachmänner vorzulegen.
Während die letzte Parifer Ausftellung verfchiedenes Bemerkenwerthe
zu Jacquardftühlen lieferte *, können wir von Wien 1873 gar nichts Neues berich-
ten. Die Leiftungen der Wiener Jacquardmafchinen und Deffinkarten-Fabrik von
Willibald Schramm waren zwar fehr hervorragend, boten indefs keine
Neuerungen. Auch die Jacquardmafchinen von Johann Bachmayer und von
Franz Surbek bezeugten nur die alte Solidität diefer Wiener Fabrikate.
Bei dem von F. Kufsmaul Sohn in Bafel ausgeftellten Seidenbandftuhl
waren ftatt Platinen Knotenfchnuren angewendet, um alles Eifen, das zur
Verunreinigung der Seide Anlafs geben kann, zu vermeiden. Holzplatinen find
aus Platzrückfichten nicht anwendbar gewelfen. #*
Die von dem ungarifchen Ausfteller M. Melitska in Hermannftadt her-
rührende Tifchzeug-Mafchine (für Herftellung von Tifchzeug, Servietten,
Handtüchern etc. etc.) blieb uns leider fowohl nach dem ausgeftellten Modelle,
welches wir ganz zuletzt in vollkommen derangirtem Zuftande auffanden, als auch
nach der erhaltenen ungenügenden fchriftlichen Auseinanderfetzung vollkommen
unverftändlich.
ß *) Vergleiche Dr. H. Grothe: Spinnerei, Weberei und Appretur auf der Weltausftel-
lung zu Paris 1867 (J. Springer. Berlin 1868.) ; ferner den fchon oben citirten offieiellen Bericht
vom Jahre 1867, Bd. IV. Seite 83 u. f. £.
, #*Bezüglich der Jacquardmafchinen verweifen wir hierauf eine jüngft erfchienene Mono-
graphie von Profeffor Fr. Kohl: Gefchichte der Jacquardmafchine und der fich ihr anfchliefsen-
den Abänderungen und Verbefferungen nebft der Biographie Jacquard’s. Eine von dem Verein
zur Beförderung des Gewerbefleifses in Preufsen gekrönte Preisfchrift Mit dem Bildniffe
Jacqua rd’s, ı6 lithographirten Tafeln und 18 Abbildungen in Holzfchnitt. 197 S. in Quart.
(Nikolai’fche Verlagsbuchhandlung. Berlin 1373.)