Strafsenfuhrwerke und andere Transportmittel.
noch focomplicirten Mafchine befanden, zu fichten, ein genau fpecificirtes Inventar
davon anzulegen, die Richtigkeit in Anwendung der unabänderlichen Naturgefetze
mittelt a-+5 nachzuweifen und die hieraus abgeleiteten mehr oder weniger klar
gefafsten Lehrfätze in ebenfo voluminöfen als unverhältnifsmäfsig theueren Lehr-
büchern über „Mechanik und Mafchinenbau“ zu compiliren.
Am Schluffe diefer Einleitung dürfte es vielleicht erlaubt fein zu bemerken,
dafs nach dem Dafürhalten der Linguiften die fprachlichen Bezeichnungen für
die diverfen Wagenbeftandtheile bei allen, den europäifchen Continent und deffen
Infeln bewohnenden indogermanifchen Völkern eine überrafchende Verwandtfchaft
aufzuweifen haben. Diefe auffallende Aehnlichkeit wird auf den gemeinfchaftlichen
Urfprung aller europäifchen Sprachen aus dem Sanskrit zurückgeführt und findet
felbftverftändlich auf die innerhalb der compacten Maffen der indogermanifchen
Ureinwohner fporadifch eingefprengten und davon auch fonft fpecififch ver-
fchiedenen Turanier und Semiten keine Anwendung.
So wird beifpielsweife der Wagen im Sanskrit mit Ratha, der Fuhrmann
mit Rutumanna und die im Wagen fahrenden mit Rhetica bezeichnet; die
Gallier nannten aber das bei denfelben gebräuchlichfte Fuhrwerk Rheda,
während bei den Römern rota ein Speichenrad bedeutet und alle romanifchen
Völker fich ähnlicher Bezeichnungen für dasfelbe bedienen.
Defsgleichen follEss im Sanskrit die Benennung für eine Achfe fein, die
keltifchen Britannen bezeichneten aber mit Efs einen gewöhnlichen Wagen,
mit Effeda einen Streitwagen; die Benennungen axis, axle, axe, eflieu, affe,
fowie bei den Slaven ofs (Achfe) und das derivirte wofs (Wagen) dürften einer
und derfelben Quelle entftammen und vielleicht auch mit dem Namen der zu
den Achfen fo häufig verwendeten Efche, englifch afh, fraxinus, fraffino, flavifch
jafion in irgend einer Beziehung ftehen.
Noch prägnanter ift die Uebereinftimmung des fanfkritifchen Jugon mit
Joch, joug, yoke, £uyöv, jugum, il giogo, el Yugo, jarzmo, Igo, woraus dann Duga,
die Benennung für den Bogen des Mittelpferdes bei der rufffchen Trojka.
Der Wagen verdankt feine Benennung wahrfcheinlich einem feiner con-
ftitutiven Beftandtheile, der Waage, welche an der Deichfelftange wagrecht zum
Anbringen der Zugkräfte befeftigt wird. Das Derivat „Waggon“ ift bekanntlich
von allen eifenbahnfahrenden Nationen beider Hemifphären feit längerer Zeit ohne
Schwierigkeit adoptirt worden.
Der Fuhrwerke im Allgemeinen gab es mit Einfchlufs der landwirthfchaft-
lichen, Kriegs-, Feuerwehr- und Rüft-Fuhrwerke, die auf den Strafsenbetrieb
angewiefen find, auf der Wiener Ausftellung einige Taufend, davon follen jedoch
im Folgenden blos jene Vehikel befprochen werden, die in der Anzahl von unge-
fähr 300 Stück zur Ausftellung gelangt find und als Laft- und Luxus-Fuhrwerke
charakterifirt erfcheinen.
Vorerft fei der vom ftändifchen Grazer Joanneum im Pavillon des
Amateurs ausgeftellt gewefene prähiftorifche Wagen erwähnt, welcher
nach feinem Fundorte und feiner wahrfcheinlichen Beftimmung „Stretweger Opfer-
wagen“ geheifsen, ein werthvolles Unicum bildet und in /rg. 2 abgebildet itt.
Unter allen bis jetzt bekannt gewordenen prähiftorifchen Fuhrwerken ift
diefs unftreitig das ältefte fowie auch das befterhaltene Wagenexemplar, ftam-
mend aus jener grauen Vorzeit, wo die Steiermark, namentlich die Gegend um
Judenburg noch von Kelten bewohnt war und deffen Alter nach vielen Jahr-
taufenden zu bemeffen fein wird.
Der in derMitte angebrachte Ständer, fowie 12 Figuren, welche, zum Theile
mit einem männlich-kriegerifchen Schmucke angethan, den oberen Theil des durch-
gehends bronzenen, von edlem Rofte (Aerugo nobilis oder Patina) überwucherten
Fuhrwerkes zierten, find in der Zeichnung als für den vorliegenden Fall minder
wefentlich, weggelaffen. Die zwei Haupttragbalken einesjeden vierrädrigen Wagens