Full text: Strassen-Fuhrwerke und andere Transportmittel (Heft 58)

  
  
20 M.B. Rideli. 
erhielten. Der Wagenkaften felbft bekam.eine ovale Form und die ehemaligen 
Schrotleitern fammt der Langwied wurden, um das Durchlaufen der Vorderräder 
beim Umwenden zu ermöglichen, beim Felgenkranz-Vordergeftelle fchwanenhals- 
artig ausgebogen, und das ganze Fuhrwerk „Berline“ genannt, wahrfcheinlich 
um den Urfprung diefer ftattgefundenen Neuerung für die nachfolgenden Zeiten 
ficherzuftellen. 
Erft feit diefer Zeit ift durch die Einführung der elaftifchen Stahl-Wagen- 
federn die Riemen- und Kettenaufhängung ganz aus der Mode gekommen, fowie 
der Kunftausdruck „Riemenwinden“ im Wagenbaue felbft obfolet geworden. 
Die Herrfchaft der S-förmigen Wagenfedern dauerte nur kurze Zeit und 
würden diefelben bald von den Parifer Wagenbauern, nachdem die Refforts & la 
Polignac fich hierauf nur eines kurzen Interregnums erfreuen konnten, durch die 
C-förmige oderfogenannte Schneckenfeder (Reflort älimacon) definitiv erfetzt, 
welche Federgattung während eines Zeitraumes von über 100 Jahren beim Wagen- 
baue ausfchliefslich in Verwendung ftand. 
Der günftige Umftand, dafs der Equipagefeder-Fabrikant J. Mokhoff aus 
Moskau die Wiener Weltausftellung mit einer Suite von allen gegenwärtig gebräuch- 
lichen Wagenfedern unter Beigabe eines Feder-Dynamometers befchickte, macht 
es möglich, den vonMokho fi anfchaulich gemachten, in Rufsland feit einiger Zeit 
mit viel Erfolg cultivirten Fabricationszweig mit der fucceffiven Entwicklung der 
Wagenfeder zu verbinden. 
Unter den von J. Mokhoff ausgeftellten, fehr gut gearbeiteten Gufsftahl- 
Wagenfedern befanden fich auch die oben erwähnten C-Federn, wovon nach- 
ftehende Zr. 6 eine derlei lofe und Zig 7 eine Schneckenfeder mit der gegen- 
wärtig gebräuchlichften Riemenbefeftigung mittelt Wellbaum, Zackenblatt 
und Windenkloben darttellt. 
Der Bedarf beinahe fämmtlicher in Europa während des vorigen Jahr- 
hundertes gebrauchten Hof- und Staats-Caroffen wurde von den Parifer Wagen- 
bauern gedeckt und davon ein namhafter Theil von dem Hofe von England fammt 
der Nobility und Gentry confumirt. Seitdem haben fich die Verhältniffe namentlich 
in Folge der fucceffiven in Frankreich ftattgefundenen Umwälzungen bedeutend 
geändert und find bereits in der erften Hälfte diefes Säculums die englifchen 
Wagenbauer definitiv in den Vordergrund getreten. 
Neben demmit C:Federn und Langbäumen verfehenen Luxuswagen kamen 
bei den englifchen Wagenfabrikanten ebenfo mannigfaltige als 
originelle Wagenformen zur Ausführung. Fig. 6. 
Beim zweirädrigen, in England feit jeher der. allge- 
meinften Beliebtheit fich erfreuenden Karren fing man bald an, 
den Kaften auf zwei elliptifche Federn von bedeutender Spreng- 
weite und Pfeilhöhe aufzufetzen, wodurch anfänglich jeder Stofs, 
dem Sprunge der Heufchrecken nicht unäbnlich, den Kaften 
fammt dem höchft refpedtablen „outfide Paffenger“ bemerkbar 
in die Höhe fchnellte und diefer Federform ziemlich rafch zu 
derallgemein gewordenen Benennung „grashop pers“ verhalf. 
Die Wagenbau-Anftalten in Limmeriek und Southamp- 
ton, die leider in Wien gar nicht vertreten waren, die jedoch 
bekannterweife feit jeher die billigften, wenn auch von den Fran- 
zofen als „en pacotille* verfchrieenen Luxuswagen in grofsen 
Maffen für den Export fabriciren, waren die erften, welche die 
Verwendung der „grashoppers“ auch bei vierrädrigen 
Wagen verfuchten und dadurch vor ungefähr 40 Jahren eine 
grofse Veränderung 
im Wagenbau her 
vorbrachten. 
  
  
   
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
  
	        
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