Full text: Eisenbahn-Unter- und Oberbau (Heft 90)

   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
302 IV. Aussergewöhnliche Unterbauten. 
Das heutige äusserst fruchtbare Zeeland, gegenwärtig von 
grossen Schifffahrtswegen durchkreuzt, konnte zu jener alten Zeit 
nur sumpfige Flussniederung der Gebiete der Schelde, der Maas und 
des Rheines sein, und war dieses Gebiet durch eine Dinenreihe vom 
Meere abgeschlossen und im Osten durch die diluvialen Hügel 
Nordbrabants begrenzt, an deren Fusse nach unseren heutigen geo- 
logischen Anschauungen sich zu jener alten Zeit die Schelde wand. 
  
Später von der ersten Niederlassung der Franken in dieser 
Gegend, also vor vier Jahrhunderten, unterlag die Dünenkette der 
Gewalt des Meeres, und zwar muthmasslich an der Stelle der jetzigen 
Mündung der Osterschelde. 
In Folge der offenen Verbindung mit dem Meere wurde die 
Niederung vor den Dünen versandet, wodurch sich die „Schorren* 
(Wiesengründe) bildeten, welche allmälig zu „Poldern“ (gesichertes 
Wohn- und Ackerland) eingedeicht wurden. 
Heftige Wasserfluthen erweiterten das anfängliche Gerinne der 
OÖsterschelde zu einem grossen Meeresarme, welcher bekanntlich 
im XV. Jahrhunderte die wichtigste Wasserstrasse zwischen der 
grossen Handelsstadt Antwerpen und dem Meere bildete. 
Einem ähnlichen Kampfe zwischen dem Meereswasser und 
dem Süsswasser entstammt die Westerschelde, und zwar nach- | 
weislich aus einer späteren Zeit, denn im XI. Jahrhunderte war die 
Westerschelde noch eine unbedeutende Rinne, welche erst durch 
die Wasserfluthen in dem Zeitraume zwischen dem XI. und dem XIV. 
Jahrhunderte zum breiten, tiefen Strome ausgefurcht wurde. 
Bis zum Jahre 1530 scheint die Osterschelde ein regel- 
mässiges, 1300 bis 1700 Meter breites Fahrwasser gewesen zu sein, 
welches erst durch die entsetzliche Wasserfluth jenes Jahres ver- 
niehtet, respeetive beeinträchtigt wurde, die den östlichsten Theil 
Südbevelands überströmte, welcher Theil in seinen früheren Grenzen | 
bis heute noch nicht eingedämmt wurde. 
  
Mit dem Jahre 1550 trat also der Wechsel im Schifffahrts- 
dienste zwischen der Oster- und der Westerschelde ein. 
 
	        
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