392 V. Tunnelbau.
dass grosse Unternehmungen, um sich coneurrenzfähiger machen
zu können, und Eisenbahndireetionen, welche Werth auf Regiebau
legen, selbst kürzere Tunnels zu Versuchsstationen benützen, um
das Feld der maschinellen Bohrung mehr zu bebauen und jenem
Ziele entgegensteuern zu können, welches heute darin besteht, die
maschinelle Bohrarbeit durch Einübung und Speeialerfahrung der-
art zu verbilligern, dass in Zukunft auch kurze Tunnels finanziell
vortheilhaft mit Bohrmaschinen bearbeitet werden können.
Wir haben hier die angenehme Pflicht, berichten zu müssen,
dass die Verwaltung der Königlich Preussischen Staats-
bahnbauten, unter derOberleitung des Herrn Ministerialdireetors
Th. Weishaupt, der wissenschaftlichen Ausbildung des Tunnelbaues
überhaupt und des Erfahrungsmomentes der Tunnelbohrun g
insbesondere ein ganz hervorragendes Augenmerk zuwendet.
Nach mehrfachen kleineren Versuchen wurde (1872— 1874) der Beben-
rother Tunnel bei Bebra mit 6 Bohrmaschinen nach dem Systeme Du-
bois-Francois erfolgreich betrieben, und gegenwärtig (1876) wird
ausschliesslich mit Ferrouxmaschinen der 4-2 Kilometer lange Tun-
nel bei Cochem a. d. Mosel gebohrt. Dieser Bau, ein sehenswerther
Musterban in seiner ganzen Anordnung und bisherigen Dureh-
führung, wird von beiden Mundlöchern aus im Sohlenstollen
mit je 6 Ferrouxmaschinen betrieben, und ist die Einarbeitung der
Leute jener am St. Gotthard nieht im Mindesten nachstehend. Im
Monate Juli 1876 wurden in fester rheinischer Grauwacke aufbeiden
Seiten schon 170 laufende Meter Sohlensiollen grossen Profiles auf-
gefahren, trotzdem die Klüftigkeit des Gesteines, die Einwirkung
weicher Schieferschichten, die Wirkungen des Dynamites und die
grosse Breite des Sohlenstollens überall dessen, den Baufortschritt
hemmende Auszimmerung bedingte. —
Eine andere, gegenwärtig (1876) bestehende Erfahrung,
welche auf den Tunnelbau Bezug hat, ist die, dass man die maschi-
nelle Bohrarbeit erst dann lohnend finden kann, wenn man doch
mit wenigstens drei Maschinen vor Ort arbeitet; bei der Anwendung
einer oder zweier Bohrmaschinen in den Vorstollen hat man, ge-
rechnet auf die Foitschrittseinheit, noch zu viel Verlust an todter
Zeit (Maschinenumstellung u. s. w.), und gerechnet auf die Kubik-