18 Ferdinand Lippich.
Verhältniffe zunimmt wie feine Länge, fo wäre bei derartigen Wagen die Empfind-
lichkeit nicht mehr abhängig von der Länge der Wagarme; und nur wenn man
die Form fo wählen könnte, dafs das Gewicht weniger rafch als die Länge wächft,
würde die Empfindlichkeit durch Verlängerung der Arme erhöht werden. Aber
in Wirklichkeit tritt das Gegentheil ein, das Gewicht des Balkens nimmt rafcher
zu als feine Länge und man follte daher die Wagarme möglichft kurz halten. Auf
diefen Umftand hat Holtzmann, allerdings nur mit wenigen Worten, fchon vor
längerer Zeit hingewiefen in einem trefflichen Auffatze, der enthalten ift im
Handwörterbuch der reinen und angewandten Chemie. Band IX,
p. 495, Artikel „Wagie“.
Solche Wagen mit kurzen Armen befitzen eine kürzere Schwingungsdauer.
Diefs bewirkt, dafs mit Rückficht auf die an den Schneiden thätigen Widerftände
die Schwingungen einen regelmäfsigeren Verlauf nehmen und auf die eigent-
liche Gleichgewichtslage fchneller und ficherer gefchloffen werden kann. Herr
Zech hat diefs an einer Bunge’fchen Wage von ı Kilogramm Tragkraft durch
forgfältige Verfuche nachgewiefen. Ferner wird mit derartigen Wagen eine Wägung
in kürzerer Zeit vollendet werden können, was nicht nur bei Wägungen verdam-
pfender Flüffigkeiten fehr werthvoll itt, fondern auch bei Anwendung derMethode
der doppelten Wägung den ftörenden Einflufs ungleichförmig vertheilter Tempe
ratursänderungen, die von einer Wägung zur anderen eintreten, vermindert. Da
der Balken geringere Maffe befitzt und die Temperatur des Luftraumes fchneller
annimmt, fo wird man auch den Thermometerangaben mehr Vertrauen fchenken.
Endlich wird jedem, der fich mit difficilen Wägungen befafst hat, die
ftörende Wirkung der Luftftrömungen unangenehm geworden fein, die entweder
durch ungleiche Erwärmung des Luftraumes im Wagekaften oder beim Wägen
erwärmter Körper auftreten: es ift klar, dafs bei kurzen Wagarmen diefe Störungen
geringer ausfallen werden.
Kurz, wir halten die befprochene Neuerung für einen Fortfchrittin de,
Conftrudion von Präcifionswagen und müffen demnach auch das Verdienft des
Herrn Bunge, diefen Fortfchritt angebahnt zu haben, gehörig hervorheben.
Nach diefen allgemeinen Bemerkungen wollen wir auf die einzelnen Objecte
näher eingehen und hiebei mit Oefterreich beginnen.
Hier begegnen wir zuerft dem weithin bekannten und wohlrenommirten
Namen Rueprecht in Wien. Die fämmtlichen Ausftellungsobjecte diefes
Künftlers waren nicht nur einfach, fondern viele von ihnen 5 bis 6 Mal verkauft.
In der That laffen aber auch feine Wagen- und Gewichtseinfätze, was Genauigkeit,
Solidität und Eleganz der Arbeit anbelangt, trotz der relativ mäfsigen Preife,
wenig zu wünichen übrig. Seine Wage, in Form und Bauart aus der Kufche-
{chen Wage hervorgegangen, ift durch forgfältigfte Ausführung und Anordnung
ihrer Theile wohl nahe an die erreichbare Grenze der Leiftungsfähigkeit gebracht
worden. Die Balken haben Rautenform und fpielen wie die Schalengehänge mit
Stahlfchneiden auf Steinlager. Die Arretirung, auf deren präcife mechanifche Aus-
führung ganz befondere Sorgfalt verwendet wird ift bei den feineren Wagen eine
dreifache; fie find in ftaubdichte Glaskäften mit Meffingfaffung eingefchloffen und
haben eine doppelte Reiterverfchiebung. Ausgeftellt waren: Eine grofse ana-
lytifche Wage, bei.2. Kilogramm einfeitiger Belaftung noch auf,0'2 Milligramm
empfindlich. Drei analytifche Wagen für 250, 200 und 100 Gramm Bela-
ftung noch auf o’ı Milligramm empfindlich. Zwei Korn-Probirwagen für o'o1
Milligramm empfindlich, mit nichtdurchbrochenen Balken und Schalenaufhängung
mittelft Ringen und Haken. Eine Wage fürtech nifche Zwecke, bei 2 Kilo-
gramm einfeitiger Belaftung noch 2 Milligramm angebend; fie hat ihrem Zwecke
entfprechend einen verhältnifsmäfsig kurzen Wagebalken. Eine Schlichtwage und
eine hydroftatifche Wage fir Schulverfuche und bis 2 Kilogramm Belaftung, fehr
zweckmäfsig conftruirt. Endlich Gewichtseinfätze von 2 Kilogramm und ı Kilo-
gramm abwärts aus Meffingund vergoldet, in der gebräuchlichen Weife untergetheilt.
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