Full text: A (1. Band)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
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355 Alpen 
Alpen 356 
  
bededen große Streden, laſſen aber dem Thier- und Pflanzenleben 
noch bedeutenden Spielraum übrig. Die Schneeregion der Hoch- 
alpen reiht von 2200 Meter bis zu den höchſten Gipfeln und um- 
faßt dieſe nebſt ihren nächſten Kämmen, Armen und Trümmerthälern. 
Sie zerfällt wiederum in zwei Unterregionen; die niedrigere, von 
2200 bis höchſtens 3000 Meter reichend, kennt no< einen Sommer 
während der Auguſttage. Sie iſt das eigentliche Revier der Glet- 
[her (]. d.), die einſt einen weit größeren Verbreitungsbezirk hatten 
und, wie geologiſche Forſchungen dargethan haben, bis in das Thal 
des Po reichten. Von der unteren Grenze dieſer Region donnern 
die Lawinen (\. d.), Millionen Centner Schnee mit fic führend, 
Verheerung verbreitend, in das Thal hinab. In der höheren Schnee: 
region, die von 3000Meter bis zu den äußerſten Gipfeln reicht, ver- 
liert die Sonne ihre Gewalt über den Schnee, der hier nicht in 
Sloden, jondern ſtaubartig oder feinkörnig niederfällt und durch die 
Wärme de3 Tages und den darauf folgenden nächtlichen Froft all- 
mählig zu einer feſt zuſammengeba>enen Maſſe mit eisartigem Binde- 
mittel, dem Firn, umgeſtaltet wird. Er iſt es, der dort oben in 
jener ſtarren Welt herrſcht, die nur noch von wenigen Pflanzen und 
niederen Thieren belebt wird. Wenn aber die Sonne, kurz vor 
ihrem Untergang, ihre Strahlen auf dieſen Firn und die tiefer ge- 
lagerten Schneefelder fallen läßt, dann glänzen ſie, an Farbenpracht 
alles hier in Betracht Kommende übertreffend, in jenem goldigen 
Roth, das man mit Alpenglühen bezeichnet. Dieſe prachtvolle 
Erſcheinung hängt damit zuſammen, daß die Strahlen der Sonne 
die mit Waſſerdampf durchdrungene Luft durchlaufen und hierdurch 
jenes Phänomen hervorbringen. — Weit weniger einfa erſcheint 
die Eintheilung der Alpen nah Gruppen, über deren Aus- 
dehnung und Zuſammenhang verſchiedene Anſichten herrſchen. 
I. Als Weſtalpen faßt man den 40 Meilen langen Zug zuſam- 
men, der zwiſchen Frankreih und Italien vom Mittelmeere bis zum 
Montblanc in der Richtung von Süden nah Norden hinzieht, all- 
mählig an Höhe gewinnend. Zu thnen gehören 
1. die Seealpen, beginnend am Col di Tenda (1400 Meter), 
wo ſie mit den Apenninen zuſammenſtoßen. Jhr höchſter Berg 
iſt die Cima dei Gelas (3180 Meter). 2, Die Cottiſchen Al- 
pen, von der Quelle des Po bis zu jener der Dora Riparia, ſich 
vom Monte Viſo bis zum Mont Cenis ausdehnend und Piemont 
von dex Dauphiné ſcheidend. Das gewaltigſte, dieſe Alpen beherr- 
ſchende Schneehaupt iſt der Monte Viſo (3840 Meter), über den 
ein Saumpfad führt, welcher theilweiſe ſhon im 15. Jahrhundert 
durch den Felſen gehauen wurde. Das iſt dex berühmte Trou 
de la Traverſette. Beſtiegen wurde der Monte Viſo zuerſt 1861 
von dem Engländer Matthews. Berühmter aber noch iſt der Mont 
Geni3 (f.d.) und in neuerer Zeit vielgenannt infolge des Tunnels, 
der durd) fein Inneres gebrochen wird, ſowie wegen der über den 
3575 Meter hohen Berg führenden Eiſenbahn. 3. Die Alpen von 
Oiſans, ſind im Weſten den Cottiſchen Alpen vorgelagert und 
gipfeln in der Pointe des Ecrins (4103 Meter). 4. Die Graji- 
ihen oder Grauen Alpen mit dem Mont Jſéran (4045 Meter) 
an den Quellen der Jſère und dem Kleinen St. Bernhard, bekannt 
durch den Alpenübergang aus Savoyen in das Thal von Aoſta, der 
den älteſten Weg zwiſchen Jtalien und Gallien bildete. 5. Die 
Savoyiſchen Alpen, getrennt durch eine große Mulde von den 
vorigen. Sie reichen bis an den Genferſee und umfaſſen zugleich 
die ifolirte, für fich beſtehende Gruppe des Montblanc (\. d., 
und Taf. VI, 3), des Königs der Alpen, der, von Gletſchern um- 
lagert, ſeine eisgekrönte Spiße bis zu 4810 Meter erhebt. Hier 
endigt der Zug der Weſtalpen und es beginnen 
TT. die Centralalpen, die ſih 50 Meilen lang und 20 bis 40 Mei- 
len breit bis zum Dreiherrenſpiß in Tirol erſtre>en. Jhre Glie- 
derung iſt keineswegs jo einfach wie jene der Weſtalpen, da nament- 
lich in ihrem öſtlichen Verlaufe viele Parallelketten und Gruppen 
bemerkbar werden. 
  
Zu ihnen gehören die Schweizer und Tiroler Alpen ſammt deren 
Ausläufern nach Italien und Bayern hin. Diefe Ketten oder Gruppen 
ſind: 6. Die Walliſer oder Benninifhen Alpen, vom Mont: 
blanc bis zum Simplon reichend und zu einer durchjchnittlichen 
Kammhöhe von 3250 Meter, der höchſten der Alpen überhaupt, 
emporſteigend. Zu dieſer Kette zählen viele der berühmteſten Berge 
und Päffe, fo der Große St. Bernhard (f. d.) mit dem 2472 
Meter hoch gelegenen Bernhardiner Hoſpiz, dem höchſten Wohnort 
der Alpen. Dieſes Hoſpiz (Taf. VII, Nr. 2), welches ſhon im Jahre 
962 gegründet wurde, iſt ein drei Stockwerk hohes Gebäude, das 
von zwölf Auguſtiner Chorherren und einer Anzahl dienender Brü- 
der, den Marroniers, bewohnt wird. Dieſen liegt es ob, bei jhled)- 
tem Wetter nach beiden Thalfeiten mit den berühmten Bernhards: 
hunden vorzudringen und etwaige Verunglückte zu retten. Das 
Hoſpiz enthält 80 Betten, und ein jeder Neifende wird hier unent: 
geltlih dur<h Speiſe und Trank erqui>t und beherbergt. Zwiſchen 
16/000 und 20,000 Fremde werden jährlich hier verpflegt, für welche 
gegen 80,000 Franken ausgegeben werden. Außer dem Großen St. 
Bernhard ſind in den Walliſer Alpen zu erwähnen das Matterhorn 
(Taf. VIL, Nr. 5), die Gruppe des Monte Roſa ([\. d.] Nr. 295), 
die, wiewol etwas niedriger (4638 Meter), dennoch großartiger als 
ſelbſt der Montblanc erſcheint und am weſtlichen Ende plöblich auf 
2020 Meter zur Einſenkung des Simplon (ſ. d.) mit der Ga- 
lerie von Gondo (Taf. VIL, Nr. 3) herabſinkt und dergeſtalt den Bau 
der von Napoleon I. hergeftellten herrlichen Simplonftraße ermög: 
lichte. 7. Die Berner Alpen (Taf. VI, Wir. 2), 14 Meilen lang, 
im Süden begrenzt dur das Rhonethal, durch die Gemmi in zwei 
Theile geſchieden, weit berühmt durch die Erhabenheit ihres land: 
ſchaftlichen Charakters, durch den gewaltigſten Alpengletſcher, den 
fünf Stunden langen Aletſ<hgletſ<er und die mit einer großen 
Anzahl riefenhafter Spiben gefrönte Gruppe des Sinfterarhorns 
(\. d.), den höchſten Berg dieſer Kette (4274 Meter), in der nad 
das Wetterhorn, die Schredhörner, die 4182 Meter hohe Jungfrau 
(Nr. 282, |. d.), das Faulhorn und der Örimjelpaß (j.d.) liegen. 
8. Die Lepontifhen Alpen, an die Penninifchen Alpen an 
ichliegend und vom Simplon bis zum Splügen reichend, mit vielen, 
aus der Schweiz nah Jtalien führenden Päſſen. In ihnen Liegt der 
St. Gotthard (f. d.) mit ſeiner berühmten Verkehrsſtraße, die 
durch das Urnex Loch (Taf. VIT, Nx. 4) über die Alpen führt, der 
Lukmanierpaß, der niedrigſte aller Alpenübergänge der Schweiz 
(1932 Meter); weiter öſtli<h die Adulagruppe, die als ein 
Alpenſto> für ſich aufgefaßt werden kann und eine Stre>e von 24 
[Meilen einnimmt. Jn dieſem wilden, von Gletſchern bede>ten 
Gebirgsfknoten iſt das Rheinwaldhorn mit 3400 Metern der höchſte 
Gipfel. Mit dem Splügenpaß (\. d.) und ſeiner vortrefflichen, 
über eine Höhe von 1138 Meter führenden Straße finden dieſe Al- 
pen ihren Abſchluß, 9. Die Teſſiner Alpen, zwiſchen dem Sk. 
Gotthard und dem Lago Maggiore im Schweizerkanton Teſſin, 
gipfeln im Monte Baſadino (3280 Meter). 10. Die Vierwald- 
ſtätter Alpen, zwiſchen dem Vierwaldſtätterſee (Nr. 294) im 
Norden und dem St. Gotthard im Süden, ſchließen na<h Weſten zu 
ſich den Berner Alpen an. Jun ihnen liegt das Suſtenhorn (3510 
Meter), der Titlis (3250 Meter) und der 2192 Meter hohe Pila- 
tus, von dem der Volksſage nach der Richter Chriſti, Pontius Pi- 
latus, fi in den Vierwaldſtätterſee geſtürzt haben ſoll. 11. Die 
Glarner Alpen, als deren Voralpen die Schwyzer Alpen 
gelten, zwiſchen dem Vierwaldſtätter-, dem Züricher-, Wallenſee und 
dem oberen Rhein, deren höchſte Erhebung der Tödi (3623 Meter) 
iſt; nördlich von ihm liegt der hohe Berggrat der Klariden (3299 
Meter) mit mächtigen Gletſchern, no< weiter nördlich bei Glarus 
der Glärniſ<h (2890 Meter). Bei Schwyz finden wir den Axen- 
berg mit den beiden Mythenſtö>en (1904 und 1815 Meter), 
die durch ihre jäh abfallenden Felswände bekannt ſind, und als [eß- 
ten Ausläufer nad) Nordweften hin den Nigi (. d.). 
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