Full text: A (1. Band)

   
   
  
  
   
  
  
  
  
    
   
  
  
   
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
   
  
  
    
    
   
   
   
   
   
   
    
  
    
  
   
   
   
    
  
    
  
    
   
    
   
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
403 Altenſtein 
  
  
Die Nachwirkungen der ungeheuren Staatsumwälzungen in Frank- 
reih auf das zum Theil von neuen Jdeen ergriffene, zum Theil von 
veralteten Anſchauungen und Einrichtungen beherrſchte Europa hat- 
ten auh in Preußen die Uebelſtände in Verwaltung und Finanz- 
weſen, in der Militär- wie in der Staatsleitung überhaupt, endlich 
in Bezug auf die Verſunkenheit des öffentlichen Lebens bloßgelegt. 
Als es ſi< nach dem tiefen Falle Preußens im Jahre 1806 darum 
handelte, die Wunden des von Napoleon's Eiſenhand zu Boden ge- 
drücten Staates zu heilen und zu diefem Behufe Männer heranzu- 
ziehen, von denen die Neubelebung des leßbteren ausgehen konnte, 
als nah Abſchluß des Friedens von Tilſit ein Stein, ein Scharnhorſt 
und Gleichgeſinnte das ſ<were Werk der Wiederaufrichtung Preußens 
unternahmen, da {loß ſi< au< v. Altenſtein dieſen Patrioten an. 
Nach der Ent: 
fernung Stein's 
aus der Central- 
verwaltung und 
von dem Poſten 
eines erſten Mi- 
niſters (1808) 
trat U. an die 
Spite der Ber: 
N waltung, bezie- 
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Nr. 318. Karl Freiherr von Stein zum Altenſtein, königl. preußiſcher 1810 nur der 
Stantsminifter (geb. 1770, geft. 1840), 
Arm, deſſen fich 
die Träger der begonnenen Reformen zur Verwirklichung der auf 
Erhebung des Landes gerichteten Pläne bedienten. Immerhin 
bleibt e8 U.’3 Verdienſt, die Ausführung jener großen Entwürfe 
praftifch möglich gemacht und begünſtigt zu haben. Als Hardenberg 
1810 an die Spibe des Minifteriums trat, fehied A. aus dem- 
ſelben. Weniger Mann raſcher That, eben fo wenig kriegeriſchen Vor- 
gehens, Iebte er während der ftill vorbereiteten Erhebung Preußens 
in Zurückgezogenheit in Schleſien, wiſſenſchaftlichen Studien ſich 
hingebend, bis ihn der König 1813 zum Civilgouverneur der ge- 
nannten Provinz erhob. Jm Jahre 1815 nach Paris berufen, um 
mit Wilhelm v- Humboldt das ſogenannte Reklamationsgeſchäft der 
von den Franzoſen aus Preußen geraubten Kunſt- und literariſchen 
Schäbe zu leiten, vollzog er auch dieſen Auftrag mit der ihm eignen 
Geſchicklichkeit. Als 1817 das Miniſterium der geiſtlichen, Unter- 
rihts- und Medizinalangelegenheiten gebildet wurde, übernahm A. 
daſſelbe und erwarb ſi< durch deſſen Leitung , vornehmlich durch das 
1819 erlaſſene Schulgeſeß, in welchem die allgemeine Schulpflichtig- 
keit in Preußen ausgeſprohen wurde, die größten Verdienſte. Er 
gründete die Hochſchule zu Bonn, berief Hegel an die Berliner Uni- 
verſität und trug hierdurch viel zur Entwi>lung des philoſophiſchen 
Geiſtes in Preußen bei. Leider bereiteten jedoch die kirhlichen Zer- 
würfniſſe dem thätigen Staatsmanne die größten Widerwärtigkeiten. 
Eine große Schwierigkeit lag nämlich darin, daß die Wahrnehmung 
und Leitung der Staatskirchenhoheit in ſeiner Hand ruhte, infolge 
deſſen er ſi<, ungeachtet er jede Religtonsgenoſſenſhaft mit der 
gleichen Unparteilichkeit, Rückſicht und Schonung behandelte, vielfach 
der ungerechteften Beurtheilung und den böswilligſten Angriffen 
  
  
$ (ltentheil — Alterantia 404 
ausgeſebt ſah. Jn dem bekannten Agendenftreit, welcher über die 
vom König Wilhelm IH. 1821 angeordnete Einführung der Kirchen: 
agende und Liturgie entbrannte, beklagten die Gegner derſelben ſich 
über A.'s gewaltſames Vorgehen. Auch die von ihm gegen die Alt- 
lutheraner erlaſſenen Verordnungen boten Veranlaſſung zu heftigen 
Angriffen und Tadel. Zu nod) bedauerlicheren Differenzen führten 
die durchgreifenden Maßregeln, zu welchen er infolge de3 Gebareng 
der Erzbiſchöfe Droſte - Viſchering von Köln und Dunin von Poſen, 
welches in den Dreißiger Jahren unſeres Jahrhunderts zuleßt in 
oſſenbare Auflehnung gegen die kirhenhoheitlichen Rechte des Landes- 
herrn ausartete, ſi genöthigt ſah, die hartnäigen geiſtlichen Wür- 
denträger von ihren Aemtern zu entfernen, ja in Haft nehmen zu 
laſſen. Dieſe mannichfachen Konflikte und ihre Folgen hatten die 
durch Krankheit und Altersfchwäche ohnehin fchon erjchütterte Ge- 
ſundheit des thätigen Miniſters gänzlih untergraben. A. bedurfte 
dringend der Ruhe, und der König überhob deshalb im Dezember 
1838 den treuen Diener der weiteren Mitwirkung in dem leidigen 
Kirchenftreite, welchen zu \{li<ten A.'s eifriges Bemühen geweſen 
war. Doch erlebte er ſelbſt den Ausgleich nicht mehr, da er am 14. 
Mai 1840 ſtarb. Erſt Friedrich Wilhelm IV. blieb es vorbehalten, 
den Frieden zwiſchen Staat und Kirche wieder herzuſtellen. 
Altentheil, auch Auszug, Ausgedinge, heißen die Rechte, Neve- 
nuen und Leiſtungen an Geld, Naturalien und Wohnung, welche ſich 
der Beſiber eines Gutes oder Hofes zu feinem Lebensunterhalte für 
ſeine alten Tage ausbedingt, wenn er ſein Beſißthum den Erben, 
dem Kinde oder Schwiegerſohne hon vor ſeinem Tode überläßt. Um 
die Abmachung ſicher zu ſtellen und es bei vorkommendem Beſiß- 
wechſel nicht einzubüßen, läßt der Auszügler, wie der Nutznießer des 
Altentheils oft genannt wird, daſſelbe hypothekariſch auf das Grund- 
ſtü> eintragen. Auf ſächſiſchen, ertragsfähigen Bauergütern mit 
gutem Boden findet man oft mehr als einen ſolchen Auszüglerz zu- 
weilen leben zwei bis drei Familien von und auf einem Gute, freilich 
niht immer in den friedlihſten Verhältniſſen, indem der Ietzte Beſitz- 
nachfolger die Früchte feiner Arbeit durch feine Vorbefiter zu ſehr 
geſ<hmälert und ſi< in ſeiner Vorausſeßung eines baldigen Abſter- 
bens derſelben oft getäuſcht ſieht. Selten bildet ſih dieſes Auszugs- 
verhältniß zu dem aus, was in der Abſicht ſeiner Gründung gelegen 
hat, zu einem patriarcaliſhen Familienleben. Vielmehr hat es 
nit ſelten {hon Veranlaſſung zu Verbrechen gegeben. 
Altenzelle, ein 1162 von Markgraf Otto dem Reichen gegrün- 
detes Ciſterzienſerkloſter bei Noſſen an der Freiberger Mulde in 
Sachſen, zeichnete fich dur<h Gelehrſamkeit und literariſche Thätig- 
keit ſeiner Mönche aus, die hier eine große Bibliothek anlegten. 
Markgraf Friedrich der Ernſte ließ in A. 1347 eine Gruft für die 
meißniſchen Fürſten erbauen, in der eine Anzahl derſelben beigeſeßt 
iſt. Im 3.1544 wurde das Kloſter ſäkulariſirt; ſeit 1599, in welchem 
es, vom Blißbe getroffen , eingeäſchert wurde, liegt es in Trümmern. 
Alter; jo nennt man (in der Heilkunde) die Anzahl der verfloſſenen 
Lebensjahre und theilt das ſogenannte Lebensalter ein in das Alter 
des Neugeborenen (die erſten zwei Wochen); in das Säuglingsalter 
(bis zum Durchbruch der Zähne); in das erſte Kindesalter (bis zum 
Eintritt des Zahnwechſels) ; in das zweite Kindesalter (bis zum Be- 
ginn der Geſchlechtsthätigkeit); in das jugendliche Alter (bis zum 
Eintritt der völligen Geſchlehtsreife); in das Mannesalter (bis zum 
Beginn des Erlöſchens der Geſchlechtsthätigkeit) und in das Greiſen- 
alter (nah dem völligen Erlöſchen derſelben). Das Alter ift oft von 
Wichtigkeit in gerichtlich - mediziniſchen Fragen, z. B. betreffs der 
Zurechnungsſähigkeit und dergl. : 
Alterantia, alterivende Medikamente, ſind folche Heilmittel, 
denen man früher das Vermögen zuſchrieb , den Zuſtand der Körper- 
beſtandtheile umzuändern oder zu alteriren. Jetzt würde man nur 
noch von alterirenden Kuren ſprechen dürfen, zu denen alle diätetiſchen 
Milch, Waller, Weintraubenkur u. dergl.) Kuren gehören, aber 
  
auch z. B. planmäßige Turnübungen, Landaufenthalt u. \. w.z doch 
  
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