651 anhägern — Anhalt
Anhalt 652
nuhägern, durch gewiſſe Vorrichtungen das Anfegen und An:
ſ{<wemmen des Erdreiches am Ufer eines Fluſſes, Stromes oder an
der Meeresküſte befördern oder nah Umſtänden daſſelbe befeſtigen.
Da jedo< dur< unzwe>Emäßig angelegte Anhägerung zuweilen
die Eigenthumsrechte Anderer verleßt und die Strömung leicht zum
Nachtheil der gegenüberliegenden Ufer abgeleitet werden Fanır, fo
ſteht die Anlage von Anhägerungen unter Aufficht des Staates.
Anhalt, zum Norddeutſchen Bunde gehöriges Herzogthum, beſteht
aus einem größeren Haupttheil und mehreren kleineren Theilen,
die faſt ganz von der preußiſchen Provinz Sachſen umſchloſſen ſind
und im Kreiſe Ballenſtedt an das Braunſchweigiſche grenzen.
Größe und Bevölkerung. 48,3 TM., 197,000 E., mit 7/ zur ‘evan-
geliſhen Religion fich befennend, zum Theil hoch-, zum Theil niederdeutſch
redend. — Eintheilung: in die fünf Kreiſe Deſſau, Köthen, Bernburg, Zerbſt
Und Ballenſtedt. — Klima: iſt das im Allgemeinen in Norddeutſchland herr-
ſchende (mittlere Jahrestemperatur 7,7? R.). Nur der weſtliche Theil des
Herzogthums, der am Harze gelegene Ballenſtedter Kreis, iſt gebirgig; das
übrige Land gehört der Ebene an oder ift hügelig. Nahe drei Viertel des
Bodens beſtehen aus ergiebigem Aderland; Waldungen und Wiefen nehmen
den Reſt ein. — Gewäſſer: die ſchiffbare Elbe durchzieht auf eine Länge von
71/2 M. den Haupttheil des Landes. Sie nimmt die Mulde auf anhalti-
ſchem Gebiete auf, welches au< von der Saale durchfloſſen wird. Im Harz-
gebirge ſind zu erwähnen Bode und Selke. Mineralquellen am Harze,
namentlich zu Alerisbad. — Produkte: Holz, Getreide, Rübſamen, Flachs,
Tabak, Runfelrüben, Rindvich und Schafe, Wolle, Eifen, Kupfer, Blei,
Silber, Steinkohlen u. Torf. Jagd und Fiſcherei werden ehr ausgedehnt
betrieben. — Induſtrie: Verarbeitung der Landesprodukte, etwas Wollen-,
Baumwollen- und Leinweberei und Spinnerei, Runkelrübenzu>er - Fabri-
fation, Gewinnung von Metallen in den Hüttenwerken des Harzes. —
Münz-, Maß- und Gewictsweſeu: die in Norddeutſchland giltigen (man
vergl. die betr. Tabellen). — Verkehrsmittel: Eiſenbahnen, Landſtraßen und
Hauflirte Wege, Ießtere 125 Meilen. Eifenbahnen f. unter „Verkehrsmittel“.
Poſten und Telegraphen werden vom Norddeutihen Bunde verwaltet. —
Staatsverfafung: fonftitutionell'; ift in der am 17. Sceptbr. 1859 veröffent-
lichten „Landfhafts- und Gefchäftsordnuns” enthalten; Vertretung des
Landes nach Ritterſchaft, Städten und Lau..gemeinden durch je 12 Mit:
glieder; e8 ermeuert fich die Landesvertretung alle Jahre, — Staatsetat
(Einnahmen und Ausgaben) und Staatsfhulden, vergl. diefe Artikel. —
Militärweſen: Siehe „Norddeutſcher Bund “. — Wappen: ſenkrecht ge-
theilt, enthält in der re<hten Hälfte den halben rothen Brandenburgiſchen
Adler im ſilbernen Felde und in der linken fünf ſ{<warze Querbalken im
goldenen Felde mit dem ſächſiſhen Nautenfranze Abb. |. „Wappen“. —
Landesfarben: Roth, Grün und Weiß, gewöhnli<h nur Weiß und Grün.
Städte: Deſſau (17,000 E.), Bernburg (13,000 E.), Köthen (12,000 E.),
Zerbſt (11,500 E.), Ballenſtedt (4500 E.), Koswig (4000 E.), Nienburg
(3600 E.), Jeßniß (3400 E.), Roßlau (3100 E.), Harzgerode (2800 E.),
Sandersleben (2600 E.), Hoym (2600 E.), Gröbzig (2500 E.), Güſten
(2500 E. ), Oranienbaum (2300 E.), Gernrode (2200 E.), Wörliß (2100 E.).
Geſchichte. Die Geſchichte dieſes ſeit 1863 zu einem einzigen
Gebiete wieder vereinigten deutſchen Herzogthums beginnt im Grunde
erſt mit dem Jahre 1212, als Heinrich II. ſein Vaſallenverhältniß
zum Hauſe Sachſen ablöſte und die Neihsunmittelbarkeit und Lan-
deshoheit erlangte. Bis dahin zerfließt die Geſchichte des Landes
mit jener von Thüringen, Sachſen und Brandenburg. — Nachdem
die Semnonen während der Völkerwanderungszeit das Land ver-
laſſen hatten, welches hierauf von Thüringern und Nordſachſen ein-
genommen wurde, drangen im 6. Jahrhundert allmählig die flavi-
ſchen Sorben bis zur Elbe und 562 ſogar bis zur Saale vor.
Deutſche und Sorben erkannten die fränkiſche Oberhoheit an. Zu
Karl's des Großen Zeiten hielten die deutſchen heidniſchen Einwoh-
ner zu den Sachſen, wurden aber 784 zur Annahme des Chriſten-
thums gezwungen. Vor dieſer Zeit wird ein Graf Beringer ge-
nannt, von welhem der Bär in dem anhaltiſchen Wappen her-
rührt, deſſen Nachkomme ſe<ſten Gliedes zur Zeit Karl's des Großen
die Taufe und die Grafſchaft Askanien erhalten haben foll. Die
ebenfalls unter eigenen Fürſten ſtehenden Sorben waren in der
Behauptung ihrer politiſhen Unabhängigkeit und in der Zurüd-
weiſung des Chriſtenthums hartnäckiger und konnten erſt dur< Kaiſer
Otto I. d. Gr., welcher feſte Pläße und Klöſter an der Elbe anlegte,
darunter die Abtei Gernrode (960), vollkommen bezwungen werden.
Seitdem verſchwindet der Name der Sorben weitlich der Elbe. —
Die Eirhlichen Angelegenheiten des Landes hingen meiſt von dem
Erzbisthum Magdeburg ab; im weltlicher Beziehung gehörte es zu
dem Herzogthum Sachſen unter der Verwaltung der Grafen von
Askanien, welche Aſchersleben, Askanien und Ballenſtedt beſaßen.
Wenn au< um 862 ein Graf Albrecht IT. als Erbauer des Schloſſes
Anhalt, um 933 ein Graf Otto IL, welcher der Schlacht bei Merfe-
burg gegen die Ungarn beigewohnt, genannt wird, ſo erhält die Ge-
ſchichte des Hauſes doch erſt mit Albrecht VI. (1063) hiſtoriſche
Sicherheit. Der Sohn deſſelben, Otto der Reiche, ſeit 1076 Graf
von Ballenſtedt, erweiterte durch die Heirath mit Eilika, Tochter des
Herzogs Magnus von Sachſen, ſein Gebiet um ein Bedeutendes, und
der Sohn Otto's, welcher 1123 folgte, iſt jener Albre<t VIT., wel-
her, unter dem Beinamen „der Bär“ bekannt, vom Kaiſer Lothar
mit Brandenburg belehnt wurde. Von den durch Albreht’3 Nach
folgern gegründeten Linien beſtand die brandenburgiſche bis 1319
und ſ{loß mit Waldemar , wogegen die jüngere Bernhard'ſche Linie
in Anhalt von 1170 an fortbeſtand und ſomit das nähere Stamm-
haus des Anhaltiniſchen Fürſtenhauſes wurde. — Der obengenannte
Heinrich II. fchrieb fich feit 1212 „Fürft in Anhalt und Graf von
Aſcharien, Askanien oder Aſchersleben.“ Wie aus der nachfolgenden
Iegententafel hervorgeht, theilte fich ſeitdem ſein Haus (1252 bis
1566) in mehrere Linien, als: Aſchersleben bis 1315, ältere Linie
Bernburg bis 1466, ältere Linie Zerbſt bis 1396, aus welcher ſic die
Zerbſtiſh-Albrechtiſche u. Zerbſtiſh-Siegmundiſche Linie abzweigten.
Deſſau gelangte 1435 an Fürſt Georg. Die Deſſauiſche Linie be:
erbte allmählig die übrigen. — Joachim Ernſt, welcher 1570 die An-
haltiniſchen Beſißungen vereinigte, führte die Regierung mit Weisheit
u. väterlicher Fürſorge für das Land, welchem er unter Zuziehung der
Stände 1572 die „Landesordnung“ verlieh. Er ſorgte dur< Einſeßzung
ſtändiger Gerichte für beſſere Rechtspflege, als die bis dahin beſtehen-
den „Landdinge“ gewährten. Die Einſetzung eines Konſiſtoriums,
die Erbauung von Brüden, Straßen 2c. , die Förderung des Berg-
baues, die Stiftung des Gymnaſiums zu Zerbſt, die Verbeſſerung
des Polizeiweſens ſind Beweiſe ſeiner Regententüchtigkeit. Nach ſei:
nem 1586 erfolgten Tode regierten ſeine Söhne ſiebenzehn Jahre lang
das Land gemeinschaftlich, 6i8 fie 1603 eine Theilung beſchloſſen,
welche 1606 mit einer bei ſolchen Gelegenheiten ſeltenen brüderlichen
Eintracht zur Ausführung gelangte, trobdem aber. wegen der Zer-
ſplitterung des Landes bis zum Jahre 1863 beklagt werden mußte.
Schon unter Joachim Ernſt exlangte die ſeit 1534 eingeführte Re-
formation die Oberherrſchaft; doch traten die Söhne infolge der in
den Jahren 1578 — 1585 ſtattgefundenen religiöſen Streitigkeiten
aus Anlaß der Konkordienformel zur reformirten Kirche über. Sie
ſteuerten dem Exorzismus und führten 1596 die pfälziſche Kirchen-
ordnung und den Heidelberger Katehismus ein. Bis 1807 trugen
die Anhaltiner nur den Fürſtentitel; die Erhöhung zur Herzogswürde
erfolgte dur< Kaiſer Franz 1806 (Bernburg) u. 1807. — Bezüglich
der vier Linien: Zerbſt, das 1793 an Deſſau fiel, Köthen, das
durch Vertrag vom 23. November 1847 wieder in Beſiß von Deſſau
fam, und endli<h Bernburg, das ſeit 19. Auguſt 1863 wieder mit
Deſſau verbunden iſ, verweiſen wir auf die Artikel „Bernburg“,
„Deſſau“, „Köthen“ und „Zerbſt“, ferner auf die Namen einzelner
bedeutender Fürſten, ſowie endlich auf die nachfolgende Regententabelle.
Früheſte Geſchichte des Anhaltiniſhen Fürſtenhauſes.
Haduwalt, Sachſenanführer im
thüringiſchen Kriege (?)
534 Haduwalt's Sohn, Bernwalt 1.
Aribert IV., deffen Abkömmling
im zehnten Gliede.
965 7 Gero, Markgraf in einem
großen Theile des Schwabengaues, des
Nordthüringgaues u. i. Moraſſowgau.
Chriſtian, Gemahl der Hidda, der
Schweſter Gero’s, Markgraf in einem
Theil des Schwabengaues, im Gau
Serimund, Cierviſti 2c.
Ditmar. Markgraf, Bruder Chri-
ſtian’s.
1020 Efifo, ein Herr im Schwa-
bengau, durch feine Mutter mit Mark:
graf Chriſtian's Familie verwandt;
Graf von Ballenſtedt. Gemahlin
Mathilde aus dem Hauſe Werle.
1063 Eſiko’s Sohn, Adalbert der
Aeltere, vom Grafen Egeno von Kon-
radsburg ermordet. Gemahlin Adel-
heid, Tochter d.Markgr.Otto v.Meißen.
Graf Adalbert's Svhne: Sieg-
fried (pfälziſche Linie) und Otto, ver-
mählt mit Eilika, der Tochter des Her-
zogs Magnus von Sachſen, nach deſ-
jen Tode (1106) er Billungiſche Gü-
ter erbt (daher Otto der Reiche). |
1112 Otto der Reiche; erhält (auf
einige Zeit) das Herzogthum Sachſen ;
Graf von Askanien und Ballenſtedt.
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