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Majorats3; geb. zu Boibenburg am 27. März 1651, ſtand derſelbe
67 Jahre hindurch in brandenburgiſchen Kriegsdienſtenz u. a. hatte
er im Spaniſchen Erbfolgekriege den Oberbefehl über die in Jtalien
ſtehenden 8000 Brandenburger. Seine lebte Unternehmung war die
Einnahme der Infel Wollin 1715, worauf er ſi<, zum General-
Feldmarſchall ernannt, auf ſein Gut Su>kow zurüzogz; dort ſtarb
dieſer Held, der im Ganzen 25 Schlachten u. 17 Velagerungen mit-
gemacht hatte, am 19. Mai 1734. — Georg Dithlof v. A., geb.
zu Voißenburg am 8. Sept. 1679, ſtieg 1749 zum preuß. Wirkl.
Geh. Staats-, Kriegs - u. dirigirenden Miniſter ſowie General poſt-
meiſter empor, al3 welcher er zu Berlin am 20. Okt. 1753 ſtarb.
—_ Sein Sohn Abraham Wilhelm, geb. am 24. Mat 1712
u. geſt. zu Berlin am 16. Okt. 1761, war preuß. Geh. Juſtiz-,
Oberappellations- u. Kammergerichtsrath, u. fein Enkel’ Friedrich
Wilhelm, geb. zu Wolfsburg am 31. Dez. 1739, wurde gleichfalls
preuß. Staat3- u. Kriegsminiſter u. als jolher am 2. Oft. 1786
mit ſeiner Deſzendenz in den preuß. Grafenſtand erhoben, ſowie mit
dem Erbtruchſeſſenamt der Mark Brandenburg belehnt; nachdem
dieſer 1798 ſeinen Abſchied genommen, ſtarb ex zu Berlin am 21.
Jan. 1801. — Ein Sohn von ihm war Graf Friedr. Abraham
Wilhelm v. A., der mehrere preuß. Geſandtſchaftspoſten, u. a. am
kurſächſiſchen Hofe, bekleidete; geb. zu Berlin am 13. Juni 1767,
ſtarb er am 31. Jan. 1812; im Aug. 1795 hatte er fich vermählt
mit der Reich8gräfin Georgine Charl. Aug v. Wallmoden-Gimborn,
u. aus dieſer Ehe ſtammen: 1. der jeßige Chef der gräflichen boißen-
burgiſchen Linie, Graf Friedrich Ludw. v. A., geb. am 24. Juli
1796, preuß. Wirkl. Geheimrath, bis 1853 Oberſhloßhauptmann
u. dann unter König Friedrich Wilh. TV. Obergewandkämmerer;
deſſen Sohn, Graf Georg Friedr. v. A., iſt geb. am 15. Juli 1832
u. Erbherr zu Zichow; — 2. der verſt. Graf Adolf Heinr. v. A.,
von dem weiter unten die Nede ſein wird. Einen Zweig der boiken-
burger Linie bilden die A. : Heinrihsdorff-Werblow ; die 1841 nad)
dem Nechte der Erjigeburt in den Orafenftand erhoben wurden; zu
ihnen gehören der verſtorbene Graf Heinrich Friedrich v. A., auf
den im Folgenden gleichfalls näher zurü>zukommen iſt , u. deſſen
Bruder Graf Heinrich Leonhard v. A., der ſi ſeit 1849 als einer
der Führer der konſervativen Partei im preuß. Abgeordnetenhauſe
bekannt gemaht hat. — Einem anderen Zweige der boißenburger
Linie endlich, dem Haufe Kröchlendorf, gehörte Albrecht H einrid
v. X. an; geb. 1744 zu Kröchlendorf bei Prenzlau, wurde derfelbe
bei der Huldigung Friedrich Wilhelm’s II. 1798 zum Wirfl. Geh.
Staats- u. Juſtizminiſter ernannt, mußte jedo<h {hon 1802 wegen
Kränlklichkeit ſeine Entlaſſung nehmen u. ſtarb am 25. Okt, 1805.
— Noch beſonders zu berü>ſichtigen ſind die folgenden :
Arnim, Hans Georg v., unter dem Namen Arnheim be-
kannter Heerführer im Dreißigjährigen Kriege (\. d.), der zwar eine
Zeit lang auch in des Kaiſers Dienſten ſtand, als kurſächſiſcher Ge-
neral jedo< bemüht war, im Sinne der allerdings nicht ſtarken
patriotiſchen Partei das deutſche Reich u. die evangeliſche Kirche gegen
die eigennüßigen Anmaßungen der Fremden wie gegen die un-
duldſamen Anſprüche der Katholiſchen zu retten. Ex ward 1581
zu Boitenburg geboren, trat als Freiwilliger in das Heer Guſtav
Adolf ein, zeichnete fi 1613 im Kriege gegen Rußland aus u.
wurde im folgenden Jahre zum Oberſten ernannt. Jm Y. 1626
begab ſi A. in kaiſerlihe Dienſte, wo er es, da Wallenſtein feinen
Werth zu ſhäßen wußte, {hon binnen zwei Jahren bis zum Feld-
marſhall brachte, als ſolcher Stralſund zu belagern u. 1629 dem
Könige von Polen gegen die Schweden zu Hülfe zu eilen hatte,
Zurücberufen, jagte er fich 1631 von der Sache des Kaiſers los u.
trat in kurſächſiſhe Dienſte. Gleich darauf half er den Kurfürſten
zum Bündniß mit Schweden bewegen , befehligte die Sachſen in der
Schlacht bei Breitenfeld, fiel auf des Kurfürſten Wunſch in Böhmen
ein u. beſeßte im Nov. 1631 Prag. Als der Kurfürſt die Nachricht
vom Siege der Schweden bei Lüßen bekommen, ernannte er A. zum
Generalleutnant u. ordnete ihm den Herzog Franz Albert v, Lauen-
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burg als Feldmarſchall unter; die jedoh nah wie vor mangelhaft
bleibende Ausrüftung des Heeres nöthigte A., ziemlich unthätig zu
bleiben. Seiner Injtruftion gemäß war er mit dem größten Theile
der Sachſen zum Schuße des Landes aufgebrochen, da fehrte Wallen-
ſtein unbemerkt um, überfiel u. entwaffnete die Schweden Anfang
Dftober bei Steinau a. d. D., und drang in die Laufi u. gegen die
Mark vor. Jnzwiſchen ging A. nad Brandenburg, dedte Berlin,
rü>te 1634 nach der Lauſiß, ſ{<lug im Mai die Kaiſerlichen bet
Liegniß, ſtürmte Zittau u. nahm Glogau. Nach der Ermordung
Wallenſteins begriff er den Werth dieſer Kataſtrophe , doch wurden
ſeine Nathſchläge vom Kurfürſten niht beachtet. Jm Gegentheil
\{loß dieſer 1635 den Prager Separatfrieden, durch den die all-
gemeinen deutſchen Jntereſſen unberückſichtigt blieben u. in Schleſien
die Proteſtanten der kaiſerlichen Willkür ſogar ganz preisgegeben
wurden. A. trat infolge deſſen aus den ſächſiſchen Kriegsdienſten u.
309 ſih na< Boißenburg zurüd. Doch hatten ihn feine wieder:
holentlihen Unterhandlungen mit Wallenſtein bei den Schweden
verdächtig gemacht, u. dieſe überfielen ihn am 7. März 1637 in
Boißenburg u. ſchaften ihn na<h Stockholm. Jm November 1636
entſloh aber A. glü>li<h na< Hamburg u. verſuchte den Kurfürſten
zur Uebernahme einer ſchieds8rihterlihen Stellung zu gewinnen.
Da ſolches nicht gelang, warb er als kaiſerl. u. kurſähſ. General nah
damaliger Sitte ein Heer von 16,000 Mann, um die Shweden zum
Frieden zu zwingen. Noch bei den Vorbereitungen begriffen, erkrankte
er in Dresden u. ſtarb dort am 18. April 1641 unvermählt, weshalh
nicht ex, ſondern Wolf Chriſto ph v. A., geſt. 1668, der Stifter
der ſächſiſhen Linie wurde. Bei den Kaiſerlichen hieß A. wegen
ſeiner damals ungewöhnlichen Mäßigkeit der lutheriſhe Kapuziner.
— A., Adolf Heinrich, Graf v. A., wax am 10. April 1803 ge-
boren u. wurde na< der Entſcheidung dur<s Loos Majoratsherr
der Boißenburger Güter ſeiner Familie, die ihm ein jährliches Ein-
fommen von etwa 80,000 Thlrn. ſicherten, während fein älterer
Bruder, Graf Friedr. Ludwig (\. o.), weniger bedeutende Güter
erhielt. Nachdem er feine Studien in Göttingen vollendet hatte,
trat er ſhon im Alter von 30 Jahren an die Spitze der Stralſunder
Regierung. Von Stralſund ward er bald darauf als Negierungs-
präſident nah Aachen u. Ende der Dreißiger Jahre nah Merſeburg
verſet. Von dort rü>te ex ſhon 1840 zum Oberpräſidenten in
Poſen auf, wo man große Hoffnungen auf ihn ſete. Die Nicht-
erfüllung derſelben ließ jedoch die ihm entgegengebrachte Zuneigung
bald erkalten, u. man ſah ihn niht ungern ſcheiden, als er nach
kurzer Amtsführung 1. Juli 1842 als Chef in das preuß. Miniſte-
rium des Junern eintrat. Jun dieſer Stellung erwarb er ſich u. a.
namentli<h das Verdienſt, das bis ins Unerträgliche ausgeartete
Polizei- u. Spionirſyſtem beſeitigt zu haben. Auch wird ihm nach-
gerühmt, daß er für Erweiterung der ſtändiſchen Rechte gekämpft habe.
Statt des Dankes aber, den er verdient hätte, erntete ex den bitter-
ſten Tadel. Die badiſchen Abgeordneten Jßſtein u. He>er waren
aus Preußen ausgewieſen, u. A. ward für eine Maßregel verant-
wortlich gemacht, die er jedenfalls nicht billigte. Obgleich nicht kon-
jtitutioneller Minifter, war er aber edel genug, im Sinne eines fol-
hen die ihm fremde Handlung mit feiner Perſon zu deden. Sich
ſelbſt der öffentlichen Meinung opfernd, trat er (1845) aus dem
Miniſterium. Seine Stellung im Staatsrathe behielt er bei, die
Penſion wies er zurüd. 1847 wurde er vom König in die Herren:
furie des Vereinigten Landtags berufen. Jn der Schre>ensnacht
vom 18, zum 19. März 1848 mit dex Bildung des Miniſteriums
beauſtragt, trat ex ſhon zehn Tage nachher wieder zurück. Den
Hauptanlaß dazu bot ihm ſeine Nichtübereinſtimmung mit dem von
ſeinem Vetter, dem Freiherrn Heinrich Alexander v. A., aufgeſtellten
u. vom König am 21. März proklamirten Grundſaße: „Preußen
müſſe in Deutſchland aufgehen“. Er entwi>elte vielmehr in feiner
Broſchüre: „Die deutſche Centralgewalt u. Preußen“ (Berlin 1848)
ein großpreußiſhes Programm, das ſpäter niht ohne einen ges
wiſſen Einfluß auf die Politik des Grafen Bismar> geblieben iſt.