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Aſſiniboin — Aſſiſi
der dv. Humboldt's an Varnhagen v. Enſe“, die einen gewaltigen
Sturm in ganz Deutſchland erregten , u. die Tagebücher ihres ver-
ſtorbenen Oheims heraus. Jm Aug. 1861 ging fie nad) Florenz u.
ward, ald der 3. u. 4. Band jener Tagebücher erſchien, wegen Be-
leidigung des Königs u. der Königin von Preußen zu achtmonatlicher
u. na< Erſcheinen der beiden folgenden Bände wegen deſſelben Ver-
gehens zu zweijähriger Haft in contumaciam verurtheilt. Eine noh
größere literariſche Thätigkeit entwickelte ſie in Jtalien ſeit 1862
wo ſie außer einigen kleinen Sachen biographiſchen oder politiſchen
Inhalts den Briefwechſel zwiſchen Varnhagen u. Oels3ner nebſt Brie-
fen von Rahel (3 Bände), Briefe Stägmann's, Metternich's, Heine's
u. Bettina’3 v. Arnim (Leipzig 1865), Briefe von Chamiſſo, Gneiſe-
nau, Haugwitz, Wilhelm v. Humboldt, Prinz Louis Ferdinand,
Rahel, Rükert, L. Tie> u. A. (2 Bände, Leipzig 1867), Blätter
aus der preußiſchen Geſchichte von Varnhagen v. Enſe (5 Bände,
Leipzig 1868) u. die Forſebung der Tagebücher von Varnhagen
v. Enſe herausgab, wovon 1869 der 11. Band erſchien. Auch ver-
faßte fie mehrere die Verhältniſſe der italienifchen Stantsmänner
betreffende Schriften in italieniſcher Sprache, deren ſie vollkommen
mächtig iſt, eben ſo in deutſcher Sprache Giuſeppe Manzini’s Schrif-
ten (Hamburg 1868), die dazu beitrugen, dem früher in Deutfch-
land verkannten Manne Achtung u. Sympathien zu verſchaffen.
Aſſiniboin, ein Fluß im weſtlichen Theile von Britifch-Nordame-
rika, fließt an Fort Belly vorüber, nimmt den Caſſing, Capel u.
Pipeftone auf u. ergießt fich nach einem Lauf von 100 Meilen unfern
von Fort Garry in den Nedriver. Vergl. „Redriver-Kolonie. “
Aſſiniboins, ein nordamerikaniſher Judianerſtamm, der zur
Familie der Sioux gehört u. (1860) no< 3280 Köpfe zählt. Er
hauſt theils auf britiſhem Gebiete, theils in den nordamerikaniſchen
Territorien Dakota u. Montana zwifchen dem oberen Miſſouri u.
dem Saskatſchewan. Der Name A. bedeutet Steinkocher, da dieſe
Indianer ihre Speiſen kochen, indem ſie zur Rothglut erhißte Steine
in die Kochgefäße werfen.
Aſſiſen; unter A. verſteht man jetst die in der Regel jedes Vier-
teljahr wiederkehrenden Sißungen der Geſchwornengerihte. Früher
wurden in England die zweimal im Jahr von dem höchſten Gerichts-
hofe abgehaltenen öffentlichen Gerichtsſibungen , in welchen über
wichtige Fälle des bürgerlichen u. Strafrechts abgeurtheilt wurde, ſo
genannt. Aus England verpflangte fi das Inftitut nah Frankreich
u. wurde die Grundlage der heutigen Geſhwornengerichte 0%
Aſſiſi, ein Städtchen öſtl. von Perugia in der italien. Prov,
Umbrien, mit 6000 E. Die Stadt liegt höchſt maleriſ< am Akte
hange des Monte Aſi u. iſt voller Sehezz3würdigkeiten, unter denen
namentli< hervorzuheben ſind ein ſehr zierlicher antiker Minerva-
tempel am Markte u. die Kirche S. Francisco. Lebtere ward im
J. 1229 von einem deutſchen Meiſter Jakob erbaut u. ijt einer der
bedeutendſten Punkte für die Geſchichte der Entwicklung der italien.
Malerkunſt. Wände u. Fenſter der Doppelkirche ſind mit Gemälden
u. Ornamenten aus dem 13. u. 14. Jahrh. reich verziert, darunter
Werke von Giunta Piſana, Cimabue Giotto u. A.
Aſſiſi, Franz, St., ein religiöſer Shwärmer u. Stiſter des Ordens
der Franziskanermönche. Geboren zu Affifi im J. 1182, ward er
für den Handelsftand erzogen u. zeigte anfänglich entſchiedenen Hang
zu Aufwand u. Lebensgenuß. Wegen ſeiner Kenntniß der franzöfi-
ſchen Sprache nannte man ihn allgemein den Signor Vranceſe (den
Herrn Franzoſen); hieraus wurde allmählig Francesco, u. ſein eigent-
licher Taufnamen Giovanni (Johannes) gerieth darüber ganz in
Vergeſſenheit. Jn einer Fehde ſeiner Vaterſtadt mit Perugia, an der
er ſi betheiligt hatte, in Gefangenſchaft gerathen, büßte er während
derſelben nihts von ſeinem Frohſinn ein; allein nach ſeiner Befreiung
verfiel er in eine ſ{<were Krankheit , die einen bedeutenden Einfluß
auf ſeine Zukunft gehabt haben muß. Nach ſeiner Geneſung ward
er ernſt, entfernte ſi< täglih mehr von jedem irdiſchen Geſchäft u.
zog ſi entweder in die Einſamkeit zurü> od. verweilte unter Kran-
ken, Bettlern u. Ausſäßigen, dieſe liebkoſend u. küſſend, nux um in
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Aſſiſi, Franz 1128
Demuth u. Bruderliebe vollkommener zu werden. Weder Bitten
no< Ermahnungen des tiefbekümmerten Vaters vermochten ihn zu
der früheren Lebensweiſe zurückzuführen; er vertauſchte ſeine ſ{<önen
Kleider gegen die Lumpen eines Bettlers, wallfahrtete nach Nom u.
brachte, fich kaſteiend u. durc Viſionen u. Inſpiration der Welt täg-
lich mehr entrüct, den größten Theil feiner Zeit in Höhlen, Gräbern
u. einſamen Schluchten zu. Nach den Worten des Erlöſers verfertigte
er ſih ſelbſt nach der damaligen Hirtentracht einen grauen Rock mit
einer Kapuze, gürtete fi mit einem Strike u. dur<hzog das Land
als Bußprediger. Bald ſammelten ſi<h Schüler um ihn, die ex 1210
in gleicher Kleidung als Bußprediger umberjandte, ihnen Geſetze u.
eine beſtimmte Lebensregel vorſchrieb u. ſo den Grund zu der Stif-
tung des ſpäteren Franziskanerordens (\. d.) legte. Der Papſt Juno-
cenz IIT. beſtätigte dieſe Anordnungen u. Regeln, u. Franz bezog
nun eine halb verfallene Kirche bei dem Städtchen Horta, wo täglich
Bußpredigten gehalten wur-
den. Der Zudranzg zu dieſen
wurde aber bald ein ſo über-
aus großer, daß Franz es
vorzog, fich mit feinen Schü-
lern in eine Hütte bei Aſſiſi
zurückzuziehen. Die ſhöne u.
fromme Clara, die Tochter
eines Edelmannes ſeiner
Vaterſtadt, fortgeriſſen dur
das Beiſpiel des Asketikers,
ſuchte ihm nachzueifern und
gründete 1212 in der nahen
Kirche des heiligen Damian
den zweiten Orden des nun
[hon für heilig gehaltenen
Franz, die Damianiſtin-
nen, ſpäter nach ihrer Stif-
terin Clariſſinnen ge-
nannt. Jmmer weiter dehnte
A. ſeine Bekehrungsreiſen
aus, um feinen Orden, den
Papſt Junnocenz II]. 1215
feierlihſt beſtätigte, auszu-
breiten u. Klöſter zu ſtiften.
Er verweilte zu dieſemZwe>e
mehrere Jahre in Spanien
u. ging ſogar na< Afrika
hinüber, woſelbſt jedoch ſeine
Bekehrungsverſuche bei den
Muhamedanern keinen gün-
ſtigen Erfolg fanden. Nach-
dem fünf ſeiner Brüder zu
Marokko den Märtyrertod
erlitten hatten, kehrte Franz nah Aſſiſi zurü>, brachte bei den wäh-
rend ſeiner Abweſenheit auf Abwege gerathenen Ordensbrüdern die
von ihm feſtgeſeßten Ordensregeln wieder zur Geltung u. begab ſich
dann auf den Berg Averno. Hier erſchien ihm der Erlöſer ſelbſt in
Geſtalt eines Seraphs, machte ihm Eröffnungen, die ex jedoch keinem
Menſchen mittheilen durfte u. drückte ihm die Abzeichen ſeiner Wun-
den an Händen u. Füßen auf. Es drang ſogar Blut aus den Wun-
den u. befle>te ſeine Kleider. (Dieſe ſog. Stigmata 8k. Francisci
blieben bis zu ſeinem Tode ſichtbar.) Wegen dieſer Erſcheinung be-
kam Franz den Namen Seraphikus u. ſein Orden den Ehrentitel der
ſeraphiſhen Brüder. Jn Vorahnung, daß nach ſeinem Tode an
ſeiner Ordensregel gedeutelt würde, ordnete er in ſeinem Teſtamente
an, daß niemals eine Aenderung der Orden3regeln ſtattfinden dürfe
u. ſtarb auf jenem Berge, auf der bloßen Erde liegend, am 4. Okt.
1226 im Alter von 44 Jahren. Papſt Gregor IX. ſprach ihn ſchon
1228 heilig u. weihte ihm den 4, Oft. zum Feiertag.
FRANCISCVS | SS
ASSISCIVS | NAI
Nr. 908. Der heilige Franz v, Aſſiſi.
Nach einem Glasgemälde der Kirche zu Dreur,