Full text: A (1. Band)

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1139 af hrien 
  
Sehr “häufig iſt us die J (aao Segenftand dieſer reliefbildlichen D Dar- 
ſtellungen. (Wir haben ſchon im Eingange hervorgehoben, daß die Jagd 
eine Lieblingsbeſchäftigung der Aſſyrer war.) un hier fehlt der König 
nie, der, mit Speer od. Bogen bewaffnet, auf die Löwen- od. Büffeljagd 
zieht; einige vornehme Jagdgenoſſen brechen ihm durch das Dickicht Bahn 
u. helfen ihm die Spur des Thieres ſuchen; ein Eunuch trägt ihm den 
Köcher nach. 
Während die menſchlichen Figuren auf dieſen Bildern durch ihre Steif- 
heit u. Einförmigkeit an die Typen der ägyptiſhen Skulptur erinnern 
(der König z. B. hat faſt überall dieſelbe Tracht, denſelben Geſicht8aus- 
drucd, dieſelbe Haltung), ſind die Nachbildungen von Thieren mit erſtaun- 
licher Lebenswahrheit, Freiheit u. Sauberkeit gearbeitet, u. viele von ihnen 
können ſich dreiſt neben den Thierbildern der modernen Kunſt ſehen laſſen ; 
dies gilt beſonders von den Bildern der Pferde u. Löwen (Nr. 920 1. 925). 
Auch in den Darſtellungen, die ſich auf den Kultus beziehen, ſpielt der 
König eine hervorragende Rolle. Er iſt der Vermittler zwiſchen den Göt- 
tern u. den Sterblichen u. führt bei feierlichen Prozeſſionen u. Opferhand- 
lungen den Zug der Prieſter an. Wie aus den betreffenden Bildern zu 
erſehen iſt, war der aſſyriſche Kultus ausnehmend pomphaft u. prächtig. 
N Derſelbe Zug der Unge- 
heuerlicteit. der fich in 
den foloſſalen Bauten 
dieſes Volkes ausſpricht, 
geht auch durch ſeine Göt- 
terlehre. Dieſer iſt die 
Verehrung mißgeſtalteter 
Doppelweſen eigen, die 
aus einer ſeltſamen Ver- 
bindung thieriſher und 
menschlicher Formen ent-= 
ſtanden ſind. Hierhin 
gehören die männlichen 
oder weiblichen Figuren 
mit Adler= vd. Sperber: 
köpfen (Nr. 915), ferner 
die Stiere od. geflügelten 
Löwen mit Menſchen- 
geſichtern. Lettere fand 
man bejonders häufig an 
den Eingängen der Pa- 
läſte u. Säle, vor denen 
ſie gleihſam Wache zu 
halten ſcheinen (Nr. 929). 
Welcher Art die religiöſen 
Vorſtellungen geweſen 
ſind, die dieſen Geſtal- 
tungen zu Grunde liegen, 
läßt ſich nicht mit Sicher- 
heit beſtimmen. Jm Uebrigen ſtimmt die aſſyriſche Religion mit der 
babyloniſchen in der Verehrung von Naturkräften u. Naturerſcheinungen 
überein; ſo hatten die Aſſyrer einen Gott der Fruchtbarkeit „Tarkat““, 
einen Sonnengott „Schamaſh““, einen Gott des Feuers „Adar“, des 
Meeres, der Wafjerthiere „„Dagon’” (Nr. 918) u. f. mw. 
Die aſſyriſche Kunſt hatte, wie ſchon aus dem bisher Entwidelten her- 
vorgeht, eine verhältnißmäßig hohe Stufe erreicht. Freilich ſind es in der 
Hauptſache nux zwei Kunſtgattungen, die wir hier vertreten finden: Ar- 
chitektux u. Skulptur. Und auch dieſe wirken meiſt no< nicht ſelbſtändig 
neben einander, ſondern gewiſſermaßen in einander; die Skulptur haftet 
faſt immer noh dls Ornament an der Architektur, das Bildwerk iſt noch 
ein enganliegender Theil der Wände, der Dede, des Pfeilers, der Thüre, 
furz des Gebäudes. Dieſes ſelbſt ſteigt auf einem terraſſenförmigen Un- 
terbau in mächtigen Dimenſionen empor. Eine Vorhalle, gewöhnlich in 
Form einer Rotunde, empfängt den Eintretenden; eiu hohes Portal führt 
dann in einen zweiten größeren Raum; ein weithin gedehnter Gang folgt 
dem andern. Den Mittelpunkt dieſes Baues bildet in der Regel ein vier- 
e>iger Saal von kaum überſehbarer Länge u. jchwindelnder Höhe. Das 
Licht fällt von oben her durch Luken, die rings unter der Dee angebracht 
ſind, in den Saal herein. Dieſe unheimlih langen Gänge u. Säle, in 
denen der Tritt des Wanderers ſchaurig widerhallt, müßten einen 
troſtloſen Anbli>k gewähren u. das Gefühl der Dede in dem Beſchauer 
werfen, wenn nicht die Sfulptur Hinzufäme, welche die Wände beffeidet ı. 
Leben u. Bewegung in dieſe einförmigen Steinmafjen bringt. Wir haben 
bereits Gelegenheit gehabt, die Geſtalten u. Scenen vorzuführen, in deren 
Darſtellung dex aſſyriſche Künſtler glänzte. Dieſe Arbeiten zeichnen ſich 
mehr durch Kraft u. Gedrungenheit als durch feine Charakteriſtik od. 
ideale Haltung aus. Sie ſind meiſt aus Alabaſter gefertigt; doh fand 
      
    
     
      
  
     
   
   
   
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a 923. en Re Figur aus den Ruinen 
von Ninive. Im Muſeum des Louvre. 
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Aſſyrien 1140 
  
man auch ¿enb Shnikweite, die, überaus gejchickt Leather an 
den Wänden u. Niſchen angebracht waren. Freiſtehende Bildwerke giebt 
es faſt gar nicht; ſelbſt die meijt vortrefflich ausgeführten Löwen an den 
Thoren der Paläſte erſcheinen ſelten ohne architektoniſche Hinterlage. (Ein 
ausgezeichnetes Kunſtwerk dieſer Art, ein in den Ruinen zu Khorſabad 
ausgegrabener eherner Yöwe [Ner. 925] befindet fich gegenwärtig im Mu- 
ſeum des Louvre.) Auch die Malerei erfreute ji) der Gunſt u. Pflege 
der aſſyriſchen Herrſcher; doch geben die wenigen Wandgemälde, die man 
bisher gefunden, keinen ſehr hohen Begriff von den Fortſchritten, welche 
die Aſſyrer in dieſer Kunſt gemacht haben mögen. 
Merkwürdig iſt, daß dieſes Volk, das ſich ſo ſehr in großartigen uU. gi- 
gantiſchen Formen gefiel, zahlreiche Künſtler u. Kunſthandwerker hervor- 
brachte , die gerade in der virtuoſen Behandlung weicher u. zarter Stoffe, 
in der Berfertigung kleiner, zierlicher Gegenſtände Meiſter waren. Jhre 
Uxnen, Vaſen u. Becher aus Alabaſter u. Bronze, ihre kleineren Geräthe 
u. Zierathen aus Elfenbein, Thon u. Glas — denn auch dieſes kannten 
ſie — legen ein ſhönes Zeugniß von dem Geſchmack u. der Gewandtheit 
dieſes Volkes ab. Die ſonſt noch aufgefundenen Schmudgegenftände ( (Ringe, 
Armbänder, Ohrgehänge u. dgl.) zeigen, daß ſie in der Bearbeitung von 
Metallen zu Hauſe waren u. Edelſteine gar anmuthig zu ſchleifen u. zu 
faſſen wußten. Das Uebrige ſagen die erhaltenen Darſtellungen aſſyriſchen 
Lebens; aus allen dieſen Bildern mit ihrem bunten Wechſel der Trachten, 
mit ihren feierlichen, mannichfaltig belebten Aufzügen ſpricht ganz unver- 
kennbar ein kräftiger Sinn für Drdnung, Wohlgeſtalt u. Pracht, der, höhe- 
ren Zielen zugewandt, vielleicht Größeres gejchaffen haben würde. Leider 
war die deſpotiſche Verfaſſung der Aſſyrer, welche der freien Bethätigung 
der Individualität feinen Spielraum ließ, nicht geeignet, dieſe ſhönen 
Gaben zu entfalten. Jedenfalls verdient die Kultur dieſes hochgebildeten 
Volkes, als eine der Vorſtufen, die zur Höhe der helleniſchen Kunſt und 
Bildung hinanführten , die jorgfältige Beachtung, die ihr erſt in neuerer 
Zeit geworden. 
Um die Ausgrabung u. Erforſhung der aſſyriſchen Alterthümerx hat 
ſich außer F. Rich. Botta u. Rouet beſonders der Engländer Layard ver- 
dient ande dem es mit Hülfe der engl. Regierung in den Fahren 
1845 — 1849 gelang, in der Gegend von Nimrud eine ganze Reihe von 
Paläſten bloßzulegen. Die für die Kenntniß des aſſyriſchen Kulturlebens 
wichtigſten u. bezeichnendſten Stücke ſind theils im Louvre zu Paris 
(Nr. 924 1. 925), theils im Britiſchen Muſeum zu London aufbewahrt. 
Schließlich erübrigt noch ein Wort über die Keil-Injchriften, deren 
räthielhafte Züge an den Denkjäulen, wie an den Wänden, Decken u. 
Fußböden der Paläſte, ja vielfach auch an Geräthen angebracht ſind. Dieſe 
Schrift hat ihren Namen von der ſeltſamen keil- u. pfeilartigen Form der 
Zeichen, aus denen ſie ſih zuſammenſetzt u. die in alien Zeiten mittels 
eines Meſſers od. Stichels in die betreſſenden Stein - od. Thonplatten ein- 
gegraben wurden. Erſt allmählig ſcheint die frühere Bilder- u. Silben- 
chriſt in die alphabetiſche Keilſchriſt übergegangen zu ſein. Jn letzterer 
ſind die ungemein zahlreichen Fnſchriſten, die zu Ninive u. Babylon aus- 
gegraben wurden, abgefaßt. Die in denſelben niedergelegten Nachrichten 
ſind für die Erforſchung der aſſyriſchen Alterthümer, für die Feſtſtellung 
der Chronologie, fir die Erkenntniß der Sprache, Kunſt u. Religion der 
Aſſyrer von hoher Wichtigkeit; manche von ihnen reichen bis in das 3. 
Jahrh. v. Ehr. hinab. Den Reigen derer, die fich mit ihrer Entzifferung 
beſchäftigt haben, eröffnet ein deutſcher Gelehrter, Grotefend; de Saulcy, 
Rawlinſon u. A. reihten ſih an; der neueſte u. zugleich geiſtvollſte u. glü>- 
lichſte Dolmetſcher iſ wiederum ein deutſcher Gelehrter, Oppert. Dieſer 
hat den kühnen Verſuch gemacht, aus den erhaltenen Schrifttrümmern, die 
er an Ort u. Stelle ftudirte, eine Grammatik u. ein Wörterbuch der alt- 
aſſyriſchen Sprache herzuſtellen. Wenn man ſeinen Entziſferungen Glau- 
ben ſchenken darf, ſo bilden viele der bis jezt erklärten Jnſchriften theils 
eine überraſchende Beſtätigung, theils eine willkommene Ergänzung zu 
den betreffenden Nachrichten der Bibel. 
Aus der ſehr reichhaltigen Literatur heben wir beſonders hervor; 
Layard „Nineveh and its remains“ (2 Bde. London 1849, deutjch 
von Meißner, 2 Bde. Leipzig 1850); deſſelben „Discoveries in the ruins 
of Nineveh and Babylon“ (Lond. 1853; deutſch von Zenfer, Lpzg. 1856). 
Ferner Scheu hzer „Die E der verſchiedenen Ninusſtädte““ (Rheini- 
ſches Muſeum Jahrg.1863); Breitenzeichen „Ninive u. Nahum“ (Mün- 
chen 1861); Brandis „Ueber den hiſtor. Gewinn aus der Entzifferung 
der aſſyr. Jnſchriften“ (Berlin 1856); Oppert „État actuel du dé- 
chiffrement des inscriptions Cu fornes assyr.“ (Paris 1861); von 
Niebuhr „Geſchichte Aſſurs u. Babels ſeit Phul““ (Berlin 1857); Ra w- 
linson „The five great monarchies of the ancient world“ (London 
1862—1866); Oppert „Histoire des empires de Chaldee et d’Assyrie 
d’apres les monuments, depuis l’etablissement definitif des Semites 
en Mesopotamie (2000 ans a. J. Chr.) jusqu’aux Seleucides (150 ans 
a. J, Chr.)“ (Baris 1866). 
en
	        
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