Full text: A (1. Band)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
1291 Auguft II. (KRurfürft v. Sachen) 
Hannover, die Anſprüche an Sachſen-Lauenburg für 1,000,000 Guld. 
an Braunſchweig u. a. m. Um die an Schweden früher abgetretenen 
poln. Prov. wieder zu erobern, verwicelte fi) A. 1700 in den nordi- 
hen Krieg, den er mit fächl. Truppen auf Sachſens Koſten führen 
mußte. Da derſelbe unglü>li< ausfiel, ſo erklärte der poln. Reichs- 
rath, von Schweden beeinflußt, am 14. Febr. 1704 den König A. der 
poln. Krone für verluſtig, und wählte den Wojwoden Stanislaus 
Lesczynski zum König. Zwar gelang es A. bald darauf, Warſchau zu 
überrumpeln, nicht aber auch, Stanislaus gefangen zu nehmen, der 
zu Karl XI. flüchtete. Diefer wendete fih dann mit feiner ganzen 
Macht gegen A., zwang ihn zur Flucht nah Krakau, brachte den Sach- 
ſen am 14. Febr. 1706 bei Frauſtadt eine ſhwere Niederlage bei u. 
drang nah Sachſen vor, wo er mehr als 23 Mill. Thlr. erpreßte u. 
ſein Heer um 20,000 Mann verſtärkte. A. mußte fich {ließli< den 
harten Bedingungen Karl’3 XIL., zu denen auch die Auslieferung 
Patful3 gehörte, unterwerfen. Umſonſt harrte Sachſen nach der end- 
lichen Befreiung von der „Schwedenangſt“ ſeiner landesväterl. Für- 
forge entgegen. Neue Vermögensſteuern wurden aufgelegt u. die mit 
Gewalt zum Soldatendienſt gepreßten Landeskinder gegen hohe Sum- 
men an auswärtige Mächte vermiethet, um den Aufwand des Herr: 
chers zu de>en. Dieſer ließ ein ſä<hſ. Corps am ſpan. Erbfolgekriege 
theilnehmen u. begab fich 1708 ſelbſt nah dem Hauptquartier des 
Prinzen Eugen, um dort zu ſ{hwelgen u. dann zum Vergnügen der 
Belagerung von Lille beizuwohnen; erſt Ende 1708 kehrte er über 
Brüffel nad) Dresden zurü> u. ging nad) Karl’3 XII. Niederlage bei 
Pultawa mit einem glänzend gerüſteten Heere von 15,000 Mann nach 
Polen, um die verlorene Königskrone wieder zu gewinnen. Nach dem, 
dur< Karl's XII. Tod, beendigten Kriege, entzog Schweden dem 
Könige Stanizlaus ſeinen ferneren Beiſtand u. jchloß mit U. den 
Brieden von 1732, in welchen e3 ihn als rechtmäßigen König v. Polen 
anerkannte, wogegen er dein Stanislaus den königl. Titel zugeſtehen 
u. 1 Mill. Thlr. zahlen mußte. Aber bald nach der Rückkehr A.'s3 
nach Polen, hatten ſi< meuteriſ<he Adel8verbindungen, „Confödera- 
tionen” genannt, gegen die fühl. Truppen gebildet. Er wurde nad) 
blutigen Kämpfen 1716 zu dem ſog. Warſchauer Vertrag gezwun- 
gen, zufolge deffen die fühl. Truppen das Land verlaſſen mußten. 
U. juhte nun den Mangel der Fönigl. Macht durch die Entfaltung 
einer nod größeren Pracht u. Meppigfeit an feinem Hofe zu vers 
de>en, u. der poln. Adel folgte zwar hierin dem Beiſpiele des Kö- 
nigs, ſetzte aber deſſen Verſuchen, eine unumſchränktere Gewalt zu 
erhalten, na< wie vor Argwohn u. Widerſtand entgegen. Dieſes 
Trugbild der poln. Königsfrone zerrüttete jedoch den früheren Wohl- 
ſtand Sachſens immer mehr. Sein Neligionswechjel und feine 
häufige Abweſenheit, während welher Fürſt Egon v. Fürſtenberg 
auf das Eigenmächtigſte u. in hierarchiich-jefuitiihem Sinne als 
Statthalter fungirte, waren für das Land u. feine Bewohner von 
den traurigſten Folgen, neben welchen vereinzelte Fortſchritte auf 
dem Gebiete der Geſeßgebung u. Rechtspflege wie der Gewerbe u. 
Induſtrie kaum ins Gewicht fallen konnten. Auch hatte A. an die- 
ſem weniger perſönlichen Antheil, als an der Belebung der Kunſt 
u. Wiſſenſchaft, für die ihn fein Streben nach höherem Lebenzgenuß, 
ſein feiner Geſhma> u. ſeine Prunkſucht ein regeres Jutereſſe ge- 
winnen ließen. Namentlich verdankt ihm Dresden einen Theil ſeiner 
Kunſtſchätze u. Schönen Bauten. Ueberhaupt war dieſer Fürſt das vor- 
nehmſte Abbild Ludwig’3 XIV. in Deutjchland; fein Hof überftrahlte 
hier alle anderen an Pracht, übertraf fie aber auch an Sittenver- 
derbniß. Was der Krieg u. eine pflichtvergeffene Finanzverwaltung 
niht verſchlang, wurde an Günſtlinge, {öne Frauen, natürliche 
Kinder, angebliche Goldmacher, dur<h Soldatenluxus u. zahlreiche, 
von A. veranſtaltete Feſte verſhwendet; u. während im Erzgebirge 
eine Hungersnoth herrſchte, koſtete die Feier der Vermählung des 
Kurprinzen gegen 4 Mill. Thlr. Obgleich der bis dahin ganz un- 
gewöhnlich kräftige Mann ſhon ſeit 1727 leidend war, ſeßte er doh 
ſeine frühere Lebensweiſe fort, bis ihn endlich auf einer am 10. Jan. 
1733 wiederum nah Polen unternommenen Reiſe ein altes Fuß- 
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Auguſt [1]. (Kurfürſt v. Sachſen) 1292 
leiden dem Tod in die Arme führte. Am 1. Febr. deſſelben Jahres 
ſtarb A. zu Warſchau z ſein Leihnam ward in Krakau beigeſeßt, ſein 
Herz in einer ſilbernen Kapſel na<h Dresden gebracht. Er hinter- 
ließ nicht weniger al3 352 Kinder. Jm J. 1736 wurde ihm auf 
dem Markte zu Neuſtadt - Dresden ein Denkmal errihtet. Daſſelbe 
erhebt fich auf einem Fußgeſtell von Sandſtein u. zeigt ihn in alt- 
römiſcher Tracht u. mit dem Feldherrnſtabe auf einem aufſteigenden 
Pferde, das faſt völlig auf den Hinterbeinen u. dem Schwanze ruht. 
Ein Kupferſhmied, Ludwig Wiedemann aus Augsburg, fertigte 
dieſe Statue, nah welcher das 1782 zu: St. Petersburg errichtete 
Reiterſtandbild Peter's des Großen entworfen wurde, aus zuſam- 
mengenieteten, ſtark vergoldeten Kupferplatten. Die Geſtalt des 
Königs fol fich durch große Aehnlichkeit auszeichnen u. das Eoloffale 
Pferd eine Abbildung feines Leibroffes fein. 
Auguſt TIL., Friedrich, Kurfürſt von Sachſen u. König von 
Polen, der einzige legitime Sohn des Vorigen, geb. am 7. Okt. 1696, 
erhielt unter den Augen der Mutter u. Großmutter, zweier treff- 
lichen Frauen, eine ſtreng proteſtantiſche Erziehung u. ward auch zur 
Beruhigung des Landes im Oktober 1711 nach evangel. Ritus kon- 
firmirt. Bald aber gab ſein Vater dem ſteten Drängen des röm. 
Hofes nach, ſchi>te A. zur Kaiſerwahl nah Frankfurt a. M. u. von 
dort, nachdem das lutheriſche Gefolge des Prinzen durch ein katho- 
liſhes erſet worden, weiter nach Jtalien. Nicht die Bitten der 
ächſ. Landſtände, nicht die dringlichſten Vorſtellungen der Königin 
Anna v. England u. des Königs Friedrich TV. vy. Dänemark ver- 
mochten den König zur Zurücberufung des Prinzen zu bewegen, der 
durch die Jeſuiten bearbeitet, ſi< zu Bologna ſhon am 27. Nov. 
1712 zur rôm.-fath. Konfeſſion bekannte. Um den Glaubenswec<hſel 
des Prinzen geheim zu halten, ließ der König denſelben, troß wie- 
derholter Mahnungen der Landitände, noch mehrere Jahre im Aus: 
lande, insbeſondere au< längere Zeit am franz. Hofe verweilen. 
A. vermählte fih zu Wien am 20. Aug. 1719 mit einer der 
Töchter Kaiſer Joſeph's 1., Maria Joſepha, u. kehrte, nachdem 
im Oktober d. J. nach inzwiſchen erfolgtem Tode der Kur- 
fürſtin-Mutter, der Religion8wechſel bekannt gema<ht worden 
war, nah Sachſen zurück, wo er 1733 dem Vater in der Regierung 
der Erblande folgte. Gegen Ende deſſ. J. wurde er au< von einem 
Theile des poln. Adels zum König gewählt, ſah fich aber erit 1736 
auf dem Warſchauer Friedenskongreſſe als ſolchen anerkannt. Die 
aus ſeiner geiſtig beſhränkten Jndividualität entſpringende Gut- 
müthigkeit führte ihn Günftlingen, befonder8 aber dem 1746 zum 
Premierminiſter ernannten Grafen Heinr. v. Brühl (\. d.) in die 
Hände, welch’ Telterer gefchikt genug war, den auf ſeine Würde 
eiferſüchtigen Monarchen glauben zu machen, daß er ſelbſt regiere, 
obgleich dieſer an den Negierungsgeſchäſten geringen Antheil nahm 
u. in phlegmatiſher Abgeſchiedenheit von denſelben lebte. Als am 
20. Dft. 1740 mit dem Tode Kaiſer Karl’3 VI. der habsburgiſche 
Mannsſtamm erloſch, übernahm A. das Neichsvikariat in den Län- 
dern des jäch]. Nechts. Im folgenden Jahre trat er, da inzwifchen 
die Lage Maria Thereſia's immer bedenklicher geworden, dem gegen 
diefe gerichteten Nymphenburger Bunde (j.d.) bei, u. ließ im Okt. 
1741 ein ſä<ſ. Heer mit einem franz.-bayer. in Böhmen ſi vereinigen. 
Friedrich d. Gr. wußte zwar zu Anfang d. J. 1742 den Kurfürſten v. 
Sachſen zur Theilnahme an einem Feldzuge nah Mähren zu bewegen, 
allein die Eiferſucht auf Preußens wachſende Größe, Brühl's Furcht 
vor dem Einfluſſe des ſcharfſichtigen Preußenkönigs auf ſeinen Herrn, 
führten zu einem geheimen Bündniß Sachſens mit Oeſterreich (20. 
Dez. 1743), u. am 8. Jan. 1745 ging A. zu Warſchau die für den 
Kurſtaat ſo unheilvolle Quadrupelallianz. mit England, Oeſterreich 
u. Holland ein. Der am 18. Mai 1745 zu Leipzig zwiſhen Maria 
Thereſia u. A. abgeſchloſſene „Theilungsvertrag“ zog den ganzen 
Krieg nah Sachſen, welches dann von Freund u. Feind gleich arg heim- 
geſucht wurde. Aus jener trüben Zeit datirte auch der lang genährte, 
wol für immer begrabene Groll zwiſchen den Nachbarſtaaten Preußen 
u. Sachſen, der ſi< im 7jähr. Kriege ſo fur<hthar über das ſchon öfter 
MAA
	        
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