1343 Auſtralien
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häufig auf das Laub der Holzpflanzen übergegangen, ein Umſtand, der es
erklärt, warum man ſelbſt in dem wunderlichen A. von Theeſträuchern u.
Theebäumen redet, die man wirkli als ſolche verwerthet. Eine andere,
für Auſtralien höchſt charakteriſtiſche Pflanzengemeinde iſt der Salzbuſch.
Sein Name kündigt bereits an, wo wir uns bewegen, wenn von ihm die
Rede iſt. Ju der That bekleidet er nur jene wüſtenartigen Steppenländer
des Jnnern, wie ſie ſo zahlreich die Provinz Viktoria, Weſtauſtralien 2c.
durchziehen u. die durch ihren Salzboden nur zu fürchterlich ausgezeichnet
find. Der Salzbuſch beſteht im Allgemeinen, wie überall, aus Fraut- u.
ſtrauchartigen Chenopodiaceen, beſonders Salſolaceen, u. dieſe ſind Häufig
von einem hohen Salzgehalte derartig durchdrungen, daß ſie für das Leben
der weidenden Schafe u. Rinder von höchſter Bedeutung ſind. Häufig geht
das Salzland, das ſonſt mit ſeiner ſchneeweißen ſtrahlenden Salzde>e
eher an ein Polarland, als an ein heißes Land erinnert, in eben
jo ausgedehnte, von tiefem Schlammboden eingefaßte Sümpfe über. Jn
dieſem Falle umgürtet ein grünes Weideland von Meerfenchel od. von
hohem Schilf (Poa ramigera) trügeriſch, u. dſhungelartig im leßten Falle,
den Salzſumpf od. Salzſee, aus dem ſich mitunter bei ähnlichen Verhält-
niſſen der Vegetation ein ganzer Salzſtrom, wie z. B. der Darling ergießt.
Oft bereiten weite Polygonum-Flächen (Mühlenbergkia Cunninghami),
die den lehmigen Boden der Steppe bewohnen, auf dieſes ſhre>liche Salz-
land vox, das in ſeinem wüſten Charakter dennoch einer Menge Pflanzen-
familien in meift dünngejäeten Arten ihre Exiſtenz giebt. Endlich ſchließt
fich das Grasland an. Sein Auftreten wird natürlich nur vom Waſſer
beſtimmt. Wie überall auf der ganzen Erde, ſproßt es augenbli>lih da
auf, wo anhaltende Regengüſſe od. tiefere Mulden ſein Gedeihen beför-
dern. Glücklicherweiſe beſißt Auſtralien ſolcher Oaſen in den Küſtenlän-
dern, ja ſelbſt nah dem Junern zu genug, um, ähnli<h den Pampaslän-
dern von Südamerika, ein Weideland im ausgedehnteſten Sinne des Wortes
zu ſein. Bei ſolchen Verhältniſſen, die mehr auf Kärglichkeit als auf
Fülle deuten, iſt es überraſchend, daß Auſtralien an Pflanzen überreich iſt,
die jedem Beobachter als charaktervolle erſcheinen müſſen. Wo es Feuch-
tigkeit genug befißt, da erreichen — ein extremſter Gegenſaß zu der ſon-
ſtigen allgemeinen Steppennatur — Gumbäume ſo rieſige Formen, daß
ſie geradezu an der Spiße aller Pflanzenrieſen zu ſtehen kommen. Man
hat mit Recht die kaliforniſhen Mammuthbäume (Sequoia) bewundert;
hier aber übertreffen Eufalypten alles Denkbare. Es ſagt Alles, wenn
man hört, daß einzelne Arten eine Höhe von 150 Mtr. erreichen. Dafür
gehören auh die Gumbäume ſowol als Holzbäume, als auch in anderer
Hinſicht zu den werthvollſten aller Pflanzenformen u. haben nach dieſen
Eigenſchaften ihre Namen erhalten (Blue Gum, Stringy-Bark, Pepper-
mint-Gumtree 2c.). Höchſt überraſchend unter ſolchen Verhältniſſen iſ das
Vorkommen impoſanter Nadelbäume. Auſtralien beſißt deren auf ſeinem
Kontinente zwei: den Bunya-Bunya-Baum (Araucaria Pidwillii) u. die
Moretonbai-Tanne (A. Cunninghami), beide in denöftlichen Theilen (Neu-
Süd-Wales), beide eßbare Nüſſe liefernd, die für die Eingeborenen von
größer Bedeutung ſind, beide von impoſanter Höhe (bis 49 Mtr.). Ganz
eigenthümlich ſtehen die Grasbäume (Xanthorhoea) da, baumartige Lilia-
ceen, die ganz an die verwandten Yucca - Arten der mexikaniſch - texani-
ichen Steppenländer erinnern. Niedrig vd. Stamm bildend entfalten fie
an deſſen Gipfel einen dichten Schopf graßartiger alljeitig niederfallender
Blätter, aus deren Mitte fich ein langer Blumenjchaft erhebt. Wie die
Farınbäume, vertreten fie, wo ſie erſcheinen, die Palmenform. Daß jedoch
dieſe erſt im tropiſchen Theile auftritt , iſt natürlich. Nur bilden ſie hier
nichts weiter, als eine Erinnerung an die eigentlichen Palmenländer, wie
fie jo reich ſchon in dem benachbarten indiſh-malayiſchen Jnſelmeere auf-
tauchen. Es giebt eben nur ein paar Arten; unter ihnen die ſchlanke Bangala-
Palme (Ptychosperma elegans), u. die jtattliche Kohlpalme (Livistonia
australis). An jaftigen Nahrungsmitteln dagegen ſteht Auſtralien, im
Verhältniß zu ſeinem Umfange u. der Mannichfaltigkeit ſeiner Gewächſe,
Südafrika vielleicht ausgenommen, allen Welttheilen nah. Kaum daß
ein Gras, die Coola (Panicum laevinode), u. auch diejes nur auf be-
ichränften Raume des Nordoftens, eine Art Getreide liefert. Doch hat es
feinen Ackerbau erzeugt. Kein Wunder, daß der Auſtralier Alles genießt,
was eßbar iſt, von den widerlihſten Jnſekten u. ihren Larven bis zum
delifaten Känguru, von der erbärmlichſten Nardu-Frucht (Marsilea hireuta
R. Br.) bis zu den Wurzeln der Teichroſen (Nymphaea) 2c. Es ſpricht ſchon
deutlich genug, daß manche Stämme der Eingeborenen kein anderes Waſ-
ſer kennen od. genießen, als das, was ihnen aus dem Begleiter des ſchre>-
lichſten Skrub, aus den Zweigen des Malley-(Malli-)Buſches (Eucalyptus
dumosa) herausfließt, ſobald ſie dieſelben zerbrechen. Freilich ſpricht man
von auſtraliſchen Birnen, Aepfeln u. Kirſchen od. dergl. ; allein dieſelben
haben mit den europäiſchen Verwandten eben nur den Namen gemein.
Wären die Europäer auf die einheimiſchen Beeren u. Früchte angewieſen,
ſo würden ſie nihts Anderes zu thun haben, als den ganzen Tag, gleich
den Schwarzen, nad) Nahrung auszufpähen. Dies verhindern die vielen
Nahrungsmittel, die der Kolonift theils der gemäßigten , theil3 der war:
men Zone entnahm u. nah Auſtralien überführte. Fm Süden prangen
daher die Gewächſe Mitteleuropas, unſere Getreidearten, unſer Wein 2c.,
neben den Zeugen einer warmen Zone, neben Piſang, Orangen, Ananas 2c.
Nach den Tropen hin nimmt in Queensland mit der Baumwolle auch der
tropiſche Charakter der Früchte zu. Alles aber beſchränkt fich auf den
äußerſten Küſtenſaum; da3 Innere ift auch in botaniſcher u. volkswirth-
ſchaftlicher Beziehung noch vielfach ein Buch mit ſieben Siegeln.
Die Thierwelt A.'s zeichnet ſich, eben ſo wie die Pflanzenwelt, durch
mancherlei Eigenthümlichkeiten aus u. iſt von der der übrigen Welttheile
in vielen Beziehungen verſchieden. Vorherrſchend iſt der Mangel an
Säugethieren überhaupt; dagegen gehören ihm eine Anzahl Thiere eigen-
thümlich an, unter denen ſi namentlich die Beutelthiere auszeihnen. Das
Beutelthier verdankt ſeinen Namen einer Taſche od. Hautfalte, in welcher
das Mutterthier die ſehr unentwi>elt zur Welt kommenden Jungen eine Zeit
lang an fich herumträgt. Das größte Beutelthier, zugleich auch das größte
vierfüßige Thier A.'s iſt das Känguru (Macropus major), das, wenn
vollſtändig ausgewachſen, Manneshöhe erreicht u. deſſen Gewicht oft gegen
2 Zentner beträgt. Die Weibchen ſind um ein Drittel kleiner. Unter den
übrigen Känguruarten, von denen man etwa 8 kennt u. deren Fleiſch,
namentlich der Schwanz, als Leckerbiſſen geſchäßt wird, kommen das
Wallaby (Halmaturus Billardierü), die Känguru-Ratte (Hypsi-
primnus murinus), u. das Felſen-Känguru (Petrogale penicillata)
am häufigften vor. Der BeutelwolfTasmaniens (Thylacinus eynoce-
phalus), ein jonjt gefürcchtetes, jehr gefräßiges Raubthier, ift faſt ganz
ausgeſtorben ; eben ſo ſelten iſ glü>licherweiſe ein anderes größeres
Raubthier, der
„eingeborene
Teufel ‘“‘(Diabo-
lus ursinus) ge-
worden. Dage-
gen kommen ver-
ſchiedene Dasyu-
rusarten - vor,
welche die Kolo-
niſten in8gemein
mit dem Namen
„wilde Kate“
belegen. Hierher
gehört vornehm-
(ih Der jchön
ſchwarz u. weiß,
od. braun u. gelb
geſle>te Beu -
telmarder
(Dasyurus
Mangii). Das
Opoſſum oder
der Fuchs kuſu
(Phalangista
vulpina) ift ein
Thier von der
Größe einer wil-
den Kate, nährt ſich beſouders von Pflanzenſtoffen, namentl. von den Blät-
tern der Gummibäume. Seines beliebten Felles wegen wird ihm von Ein-
gebornen u. Koloniſten häuſig nachgeſtellt. Gleiches iſ der Fall mit dem
fliegenden Eichhorn (Belideus sciureus), einem höchſt zierlich gebauten
Geſchöpfe, das in mondhellen Nächten auf den Bäumen herumklettert u. das
ſih mit Hülfe einer Flughaut, die es wie einen Fallſchirm ausbreitet, von
Baum zu Baum gleiten laſſen kann. Der „auſtraliſche Dachs ““ oder
Wombat (Phascolomys fossor) weilt über Tages ichlafend in feiner,
einem Dachsbau ähnlichen Höhle u. geht des Nachts aus, um jeine aus
Wurzeln, Gras u. Kräutern beſtehende Nahrung zu ſuchen. Er iſt bei den
Eingebornen als Leckerbiſſen geſhäßt. Ein träges, gutmüthiges, harm-
loſes Geſchöpf iſt der, einem grimmigen, jungen Bär ähnelnde „auſtra-
liſhe Bär“, Koala, (Phascolaretus cinereus), welcher des Nuchts auf
den Gummibäumen umherklettert, u. dieſelben ganz wie ein Faulthier, ab-
weidet. Der neuholländiſche Hund, Dingo oder Warragal (Canis
Dingo), ift das einzige echte Naubthier A.'s, welches nicht zu den Beu-
telthieven gehört. Sein Ausſehen erinnert an den Fuchs, obgleich er viel
größer u. ſtärker iſt als dieſer. Er richtet unter den Schafherden großen
Schaden an, u. es wird ihm deshalb viel nachgeſtellt. — Man verſichert
daß in einer einzigen Schäferei binnen drei Monaten nicht weniger als
1200 Schafe u. Lämmer von den Dingos geraubt wurden. Eines der ſonder-
barſten Thiere der Schöpfung iſ, neben dem Ameif enigel (Echidna
Hystrix), das auſtral. Schnabelthier (Ornithorynehus paradoxus),
Nx. 1060, Der Bau des Schuabelthieres-