Mufikalifche Inftrumente. 19
genannten Firma alsbald ein Renommee, das in den ihr auf nachftehend benannten
Welt- und Localausftellungen zugedachten Auszeichnungen den öffentlichen Aus-
druck fand. Das feither in Paris gefertigte Harmonium, dem eine gewiffe Vervoll-
kommnung nicht abzufprechen ift, litt an dem fühlbaren Mangel, dafs es jenes
eig alınlichen Charakters entbehrte, durch welchen das Inftrument der
Org el näher kommen, ja derfelben zur Seite ftehen follte, während es im
Gege ntheil durch fein füfsliches Wefen oft läftig und gar unerträglich wurde.
Man hatte ferner bis in die jüngfte Zeit häufig zur Verfärkung des Discants das
Mitklingen der höheren Odtave, bei der Orgel Copula genannt, angeftrebt,
ohne der Sache viel näher gekommen zu fein, denn der Umfang des zu 5 Odtaven
berechneten Inftrumentes reducirte fich dadurch auf 4 Odtaven und fomit wurde
der Effed in mufikalifeher Beziehung beeinträchtigt. Nach längerem Streben und
vielfeitig angeftellten Verfuchen ift es den Herren J. & P. Schiedm ayer durch
glückliche Experimente gelungen, dem Harmonium einen weichen und doch
kräftig klingenden Ton zu verleihen, der, ohne fcharf oder fpitz zu fein, den
angebrachten Regiftern (Flöte, Elartmerte Oboe, Clairon ete.) vollkommen entfprach
Für die Verbefferung wurde ihnen im Jahre 1558 ein Erfindungspatent auf zehn
Jahre ertheilt, und zwar auf die eigenthümliche Conftrudion von Zungenwerk-
zeugen in Gufsrahmen für ganze Odavon unde Be auf die veränderte Conftrudtion
des Stimmftockes, die Erweiterung der Cancellen (Schallbecher genannt) und
auf eine indiredte Zuführung der aus den Windbehältern zuftrömenden Luft.
Die Erzeugung des Tones wurde in Folge diefes Verfahrens eine bei Weitem
günftigere, ganz befonders aber erhielt der Ton durch die Herftellung der aus
Gufsmeffing gefertigten und ganze Ocdtaven umfaffenden Zungenwerke vermehrte
Kraft und Fülle und gröfsere Feftigkeit. Dem Verfertiger ift es dadurch an die
Hand gegeben, den Ton durch geringes oder ftärkeres Abdämpfen oder durch
Einbiegen der Zungen vollftfändig :und dem erftrebten Charakter entfprechend
auszubilden.
Nachdem diefes für die Verbreitung des Harmoniums fo wichtige Refultat
erzielt war, follte einem weiteren Mangel gefteuert werden, der fich fehr fühlbar
machte. Der Bafs nämlich überbot den Discant, wodurch der zu erzielende Effedt,
in deutlicheres a der Melodie, häufig verloren ging, felbft wenn die
Dane mittelft der in derfelben Tonlage fich befindenden Regifter verftärkt
wurde. Auf Veranlaffung und Vermittlung des Herrn William Dawes (Civilingenieur)
in Leeds (England) wurde eine eigens conftruirte Mechanik zur Anw endung
gebracht, welche nach manchen mühevollen und öfters vergeblichen Verfuchen
fchliefslich zu dem Ziele führte, den vorerwähnten Uebelftand gänzlich zu befei-
tigen. Diefe Aufgabe hat darin ihre Löfung gefunden, dafs man dem Harmonium
ein weiteres Regifter von 5 Octaven (Melodie genannt) beifügt, welches in einer
dem 8° Ton entfprechenden Zungenreihe befteht und in der W eife wirkfam wird,
dafs im Discant je der oberfte und im Bafs je der tieffte Ton zur Anfprache
kommt, währendalle ül rigen Zungen diefes Regifters ganz aufser Thätigkeit bleiben
Mit Beiziehung nun eines oder mehrerer anderer Regi fter erhält je der obere und
der untere Ton doppelte Kraft und wird dadurch das Hervortreten der Melodi
und deren Deutlichkeit im Discant wie die Beftimmtheit des Grundtons im Bafs
aufs Vollftändigfte erreicht.
Durch das in der Harmoniumfabrication erzielte Refultat ermuthigt, haben
lie Herren J. &P. Schiedmäyer, auf ihre vielfeitigen bei dem Bau der
Inftrumente a Erfahrungen geftützt, im Jahre 1860 auch die Anfertigu ng
von Pianos und Flügeln eingeleitet. Als Specialität in diefer Branche if de
Einführung der nach Smeiikanifchem Syftem kreuzfaitig geb auten Flügel und
Pianinos mit überliegenden Bafsfaiten, Compreffion etc. in Deutfchland vorzugs-
weife zu erwähnen. Die Pianinos mit maffivem eifernen Gufsftück und zufammen-
hängender Rückwand und Vorderplatte bieten einen überaus fchönen, in den
einzelnen Tonlagen gleichmäfsigen Ton von grofser Gefangsfähigkeit.
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