Full text: Musikalische Instrumente (Heft 39)

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Mufikalifche Inftrumente. 55 
Bittner ift bekanntlich ein fehr feiner Kenner des alten italienifchen Stils und der 
Conftrudtion der Geigen, wie fchon feine bereits erwähnte ausgeftellte hiftorifche 
Sammlung darthut. Seine Inftrumente laffen an Solidität der Bauart nichts zu 
wäünfchen übrig und feine Violinen heben fich durch einen zwar weichen, aber 
etwas kleinen und mitunter geprefsten Ton hervor; die Celli könnten etwas freier 
anfprechen. Dagegen zeichnen fich feine Violen durch eine edle und anmuthige 
Klangfarbe aus; die Viola d’amore hat einen fchönen, fanften Ton. 
Die Viola d’amore unterfcheidet fich im Bau wefentlich von der Violine; 
während ihre Oberdecke gewölbt itt, ift die Unterdecke flach, die Zargeneinbiegun- 
gen bilden zwei regelmäfsige Halbkreife und verlaufen nicht ausgefchweift und fo 
fpitzig wie bei der Violine. Die Löcher haben die Geftalt von denen, wie man fie 
bei den alten Contrabäffen, der Gamba und dem Baryton findet; der Wirbelkaften, 
welcher bei der Violine in einen zierlichen Schneckenkopf verlauft, endet hier 
mit einem oft recht künftlerifch gefchnitzten Amorkopf; der Saitenhalter ift fo 
gefchnitten, dafs die tieferen Saiten eine längere Spannung haben. Viele älteren 
Violen d’amore haben zwifchen dem Griffbrete und dem Stege ein zierlich aus- 
gelegtes Schallloch. Sie ift mit fieben Darmfaiten und fieben Metallfaiten bezogen. 
Die fieben erfteren, wovon die drei tiefften mit Silberdraht überfponnen find, 
werden wie bei der Violine über den Steg und das Griffbret aufgezogen, die 
anderen fieben Metallfaiten find unter dem Saitenhalter an Stiften befeftigt und 
laufen von hier aus durch den Steg, welcher zu diefem Zwecke mit kleinen 
Löchern verfehen ift, unter dem Griffbret bis zu ihren Wirbeln. Die drei tiefften 
Metallfaiten find ebenfalls mit feinem Drahte überfponnen. Durch den Nachklang 
der Metallfaiten ift ihr Ton ein fehr fympathifcher. Matheffon fagt in feinem 
Werke Orcheftre I. Theil, S. 282: „Die verliebte Viola d’amore führt den 
Namen mit der That, und will viel Languiffantes und Tendres ausdrücken. Ihr 
Klang ift argantin oder filbern, dabei überaus angenehm und lieblich.* Sie pafst 
befonders für den gebundenen Stil, für träumerifche Melodien, für den Ausdruck 
des Entzückens und religiöfer Empfindung; fie eignet fich für den Vortrag in 
einfachen und in Doppeltönen, für Accorde von 3, 4 oder mehreren Tönen. 
Ein.befonderer Reiz liegt in dem Arpeggio. Das fo lange verfchollen gewefene 
Inftrument, deffen Verfall Hektor Berlioz und andere Mufik-Schriftfteller lebhaft 
bedauerten, hat erft Meyerbeer für eine Romanze in den „Hugenotten“ wieder 
zu Ehren gebracht und deffen häufigere Anwendung im Orchefter wäre um fo 
wünfchenswerther, als es fich für gewiffe Stimmungsbilder nach dem oben Gefag- 
ten vortrefflich eignen würde. Wien befitzt an Herrn Kräl einen bedeutenden 
Virtuofen auf der Viola d’amore, welcher auch eine Schule für diefes Inftrument 
gefchrieben hat, um dasfelbe den Violinfpielern zugänglich zu machen. 
Eine wahre Meifterleiftung bot uns Zach Thomas in Wien mit einer 
Geige nach Giufeppe Guarneri, welche dem Aeufseren nach aus der Fabrik des 
berühmten Meifters herrühren könnte, fo täufchend ift an ihr auch in Stil und 
Farbe das Gepräge des Alters ausgedrückt, und ebenfo entfpricht fie in Anbelang 
ihres gefangvollen, warmen Tones dem Originale, dem fie nachgebildet ift. Den 
wunderfchönen, altitalienifchen Klang verdankt fie zum grofsen Theil dem 
Materiale, einem fehr alten Holz, aus dem fie der Meifter gefertigt hat, und damit 
auch ihren dauernden Werth. Diefe Geige kann fich in der That mit Stolz neben 
der Amerikanerin zeigen, obwohl fie nicht wie diefe 10.000 Dollars, fondern nur 
ganz befcheiden 300 fl. öfterreichifcher Währung als Preis beanfprucht. Aufser 
diefer Violine hatte Zach noch ausgeftellt: Eine Violine, neu formirt nach A. Stra- 
divari, eine Violine, copirt nach A. Stradivari, eine Violine, amatifirt nach eben 
demfelben, dann eine Violine nach Jofef Guarneri und eine nach Kasper Duiffo- 
pruggar, ferner ein Violoncello nach A. Stradivari. Unter diefen genannten 
Inftrumenten hebt fich das Cello durch feinen Ton hervor, in welchem der echte 
Cellocharakter fich abfpiegelt. Noch ift das von diefer Firma vorgeführte Quar- 
tett Stourdza zu erwähnen, deffen bereits oben gedacht wurde. 
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