106 Guftav Semrad und Johann Sterbenz.
Feftigkeit, als dafs fie fich für Rohre, welche mit grofsenLadungen und
fehwer en Gefchoffen präcife fchiefsen, ein gewiffes Gewicht
aber dabei nicht überfchreiten follen, eignen würde. Das Mafs der
abfoluten Feftigkeit und Elafticität reicht bei der Bronce nur bis zu .einem
gewiffen, kaum den bisherigen Anforderungen entfprechenden Grade, und es
find daher aus diefem Grunde jene grofsen Ladungen und Gefchofsgewichte, wie
fie die heutige Feldartillerie ce fowohl für Hinter- als Vorderlader aus
Bronce gänzlich unzuläffig.
Broncerohre, welche mit grofsen Ladungen und Gefchoffen befchoffen
werden, erleiden ferner bleibende Ausdehnungen im Lade- und Gefchofsraume.
Beim Hinterlader wird hiedurch die Dichtung des Abfchlufsmittels illuforifch
und das Rohr defshalb unbrauchbar, wenngleich es balliftifch noch es ommen
geeignet wäre. Bei Vorderladern hätte diefe bleibende Ausdehnung weniger zu
bedeuten, dagegen werden aber die Rohre in ihren Zügen durch u a le
Stichflamme derart zerftört, dafs fie bald an Präcifion verlieren.
Der deutfchfranzöfifche Krieg hat dargethan, dafs langanhaltende Feld-
züge noch nicht aufser dem Bereiche der Möglichkeit liegen, und dafs mithin
Glize mit fehr grofser Ausdauer für künftige ähnliche Fälle um fo nothwendigeı
erfcheinen, je fehwieriger eventuell der Erfatz fich geftalten kann. Die Artillerie
wird in den kommenden Schlachten auch an und für fich eine gröfsere Thätigkeit
als je zu äufsern haben; fie wird den ep. auf weiteren Entfernungen beginnen
und nachdrücklich unterhalte en, daher ihr Material vielmehr anftrengen müffen,
weil nur fie befähigt ift, in den Fernkampf mit jener Ueberlegenheit einzutreten,
welche den darauffolgenden Nahkampf weniger verluftreich macht und wefent-
lich abzukürzen vermag. Nur eine weit und rafant fchiefsende Artillerie kann der
gegenwärtigen Infanterie auf und aufserhalb deren Entwicklungsdiftanz ent-
gegentreten.
Die Verfuche, welche an verfchiedenen Orten mit Bronce zu dem Zwecke
ausgeführt wurden, um deren abfolute Feftigkeit und Widerftandsfäl higkeit gegen
die Expanfivkraft der Pulvergafe zu hen haben nur halbe Erfo]
und dürften kaum zum ei huten Ziele führen.
Die Bronce läfst fich zwar in kleineren Partien raffiniren, das heifst des
oxydiren, nicht aber in jenen Quantitäten, wie fie zum Kanone ngufs nieder-
gefchmolzen werden müffen. Sie wird daher, fo lange die jetzigen Anfchauu nge1
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über die Leiftungsfähigkeit der Feldartillerie Geltung behalten, — und es ift nic er
abzufehen, welche Urfachen eine Redudion diefer Anfprüche herbeiführen
könnten, — nur ein Surrogat für den Gufsftahl bilden.
Dem Gufsftahl ift eine weitaus gröfsere abfolute Feftigkeit
eigen, und widerfteht derfelbe auchviel beffer den Wirkungen
derstichflamme.
Die Unverläfslichkeit gegen das Springen, welche maffive Gufsftahl-Rohre
in verfchiedenen Beifpielen gezeigt haben, ift durch die Ringconftrudtion voll-
ftändig aufgehoben worden und dürften beringte Rohre jene abfolute Sicherheit
in diefer Beziehung bieten, wie Rohre aus Bronce. Diefe auf die Stahlrohre
übergegangene Eigenfchaft der Broncegefchütze macht die Acquifition der
sifieren in Berückfichtigung der anwendbaren grofsen Ladungen und Gefchofs-
gewichte bei einem die Manövrirfähigkeit der Artillerie nicht überfchreitenden
Gewichte der Gefchütze umfo wünfchenswerther, als Broncerohre einer Feld-
artillerie nimmer die Superiorität über Stahlartillerien erringen werden.
Wie kommt es nun, dafs Rufsland und Frankreich, mithin Staaten,
denen an dem Befitze einer hervorr age enden Feldartillerie
ficher gelegen ift, auf der Ausftellung durch je ein broncenes Feld Igefchütz
vertreten waren?
Wir werden verfuchen, diefe Frage zu beantworten, bemerken aber zuvör-
derft, dafs diefs bezüglich Rufslands eine Sache von befonderer Schwierigkeit itt,