44 Guftav Semrad und Johann Sterbenz.
Die hölzerne Blockfchleife hat eine Lagerhöhe von 2ıo Millimeter und
eine einfache Elevationsfchraube, welche Richtungen von 30 bis 75 Grad zuläfst.
Zum Laden des Mörfers, wozu, wie fchon erwähnt, der Flug aus dem
Zapfenftück herausgefchraubt und zur Seite gefchlagen wird, dient eine hölzerne
Ladebüchfe, welche in die Bohrung des Zapfenftückes eingefetzt und nach dem
Einführen der Patrone und des Gefchoffes wieder herausgenommen wird.
Die gröfste Wurfladung beträgt 200 Gramm = 1/30 Gefchofsgewicht;
die derfelben entfprechende Gefchwindigkeit wird mit circa 200 Meter ange-
geben; die kleinfte Ladung ift 50 Gramm = 1/200 Gefchofsgewicht und foll
ungefähr 80 Meter Gefchwindigkeit ergeben. Mit der erfteren Ladung und dem
Elevationswinkel von 45 Grad gedenkt man 5300, mit der kleinften Ladung und
einem Winkel von 75 Grad 400 Schritt zu erreichen.
Die Abficht der Conftructeure ging augenfcheinlich dahin, für den Feftungs-
krieg einen leicht transportablen Mörfer mit einer, den Hinterladungsmörfern
zukommenden Schufspräcifion zu fchaffen. Leiftet nun diefer Mörfer das, was ihm
zugemuthet wird, fo ftünde auch feiner Verwendung zu gedachtem Zwecke nichts
entgegen, und glauben wir, dafs derfelbe fowohl beim Angriffe, als bei der Ver-
theidigung in vielen Fällen fehr gute Dienfte leiften würde, nachdem das indi-
recte Feuer immer mehr an Bedeutung gewinnt, und der Mörfer fich vermöge
feiner Theilbarkeit überall leicht hinfchaffen läfst. DieEinfallwinkel der Kanonen
find zu klein, um alle durch Traverfen und die Bruftwehre gedeckten Räume des
Wallganges oder der Trancheen und Angriffsbatterien wirkfam beftreichen zu
können; die glatten, leichten Mörfer haben zwar einen gröfseren Sprengeffedt,
aber zu kurze Wurfweiten und zu geringe Präcifion, um fie auch fchon in den
erften Perioden der Belagerung, in welchen das indiredte Feuer am häufigften zur
Anwendung kommt, benützen zu können, und fchwere Mörfer zum Bekämpfen der
Truppen auf den Wallgängen oder in den Trancheen zu verwenden, kann wohl
Niemandem beifallen.
Die Feuerfchnelligkeit des befprochenen Gefchützes ift allerdings eine
geringe und auch die Manipulation eine complicirtere, als bei glatten Mörfern,
Nachtheile, die aber durch gröfsere Wurfweite und Präcifion aufgewogen werden.
Immerhin fcheint die Idee lebensfähig, zumal wenn eine noch einfachere Con-
ftrudtion der Verbindung realifirt werden könnte.
Bochumer Verein fürBergbau- und Gufsftahl-Fabrication.
Der Bochumer Verein* hatte vier Gefchütze ausgeftellt, über welche
die auf Seite 45 folgende Tabelle einige Daten enthält.
Die beiden Feldgefchütze find von der nämlichen Conftrudion, wie
jene, welche der Bochumer-Verein im Jahre 1871 der ottomanifchen Regierung
in gröfserer Anzahl geliefert hat. Das Conftrudtionsfyftem der Rohre ift das
preufsifche; fie haben jedoch den Broadwell’fchen Flachkeil-Verfchlufs.
Die beiden fchweren Rohre gehörten der Ringconftrudion an; das
2I-centimetrige war vollftändig ausgefertigt und hatte den Krupp’fchen Rundkeil-
Verfchlufs. Das I5-centimetrige war blofs bis auf den Verfchlufs fertig geftellt.
Ein 15-Centimeter-Ringrohr (Küftengefchüt z), genau wie das eben-
erwähnte, wird zur Zeitin Tegel bei Berlin von der königlichen preufsifchen
Artillerie-Prüfungscommiffion Schiefsverfuchen unterzogen. Bei ungefähr 600
Schufs zeigte es bisher eine ganz befondere Trefffähigkeit und ein in jeder Bezie-
hung befriedigendes Verhalten, wie es denn auch von einem fo nahe an die
* Die Gufsftahl-Fabrik des Bochumer Vereins befteht feit 30 Jahren. Die Production
derfelben belief fich im Jahre 1872 auf 96 Millionen Pfund Gufsflahl im Geldwerthe von
6 Millionen Thaler. Die Fabrik erzeugt Beffemer- und Tiegelftahl. Der Katalog gab, ohne
fich jedoch auf officielle Daten zu beziehen, an, dafs überhaupt die erfte Gufsftahl-Kanone
aus der Bochumer Gufsftahl-Fabrik im Jahre 1847 hervorgegangen, in der Fabrik von Kamp
& Comp. in Witten gebohrt und fertig geftellt und fchliefslich in Bochum Schiefs- und Spreng-
verfuchen unterzogen worden ift.