Militärfanität und freiwillige Hilfe im Kriege. 53
Endlich ftellte Gueride aus Paris (ift leider im Specialkatalog nicht auf-
genommen) einen troisquartähnlichen Apparat aus, deffen Stachel vorne ein
abgerundetes Knöpfchen trägt, welches zwei durch rechtwinklig fich treffende Ein-
fchnitte gebildete kreuzförmige etwa zwei Linien tiefe Furchen befitzt, Die Furchen-
ränder find fcharf und fchneidend zugefchärft. Führt man den armirten Trois-
quart bis zur Kugel vor, fixirt die Canüle daran, und rotirt dann den feft
angedrückten Stachel an das Bleiprojedil, fo werden die fcharfen Ränder der
Kreuzfurchen kleine Partikelchen davon wegkratzen und mitnehmen. Entfernt
man dann das Inftrument und befichtigt die abgekratzten Stückchen mit der Loupe,
fo wird man mit Leichtigkeit die Blei-, eventuell die Knochenpartikelchen zu
erkennen in der Lage fein.
Da aber die Schufscanäle oft gekrümmte und gewundene Gänge darftellen,
in welche der ftarre und gerade Troisquart nicht einzudringen vermöchte, hat
Gueride die Canüle fowohl als den Stachel feines Explorativinftrumentes beweg-
lich gemacht; die Canüle befteht aus einer enggewundenen Metallband-Spirale, der
Stachel aus einer enggegliederten Kette ähnlich einer Jeffray’fchen Kettenfäge.
Starre und bewegliche Troisquarts fammt Loupebilden den Inhalt des Gueride-
fchen Etuis.
Zur Extradtion von Schufsprojedtilen fanden wir die Kugelbohrer von
Baudens, Collin, Movy und Anderen, Kugellöffel nachB.v. Langenbeck,
Hakenzange nach Tiemann, auch amerikanifche Kugelzange genannt, und deren
fehr praktifche Modification von Mathieu.
Von completen Inftrumentarien waren auch fehr hübfche Exemplare aus-
geftellt, fo von Collin, Mathieu, Windler, Geffer, Leiter, Thürriegl
(deutfcher Ritterorden, Inftrumentarium für den Verbandplatz); dann die regle-
mentären Armee-Inftrumentarien von Deutfchland, Rufsland, Oefterreich, Schwe-
den und Spanien.
Unter dem Titel: „Apparat, um ohne Blutverluft Operationen
an den Gliedmaffen auszuführen“, ftellte Profeffor Esmarch (Katalog
Nr. 74) eine elaftifche Rollbinde und einen etwa fingerdicken Kautfchukfchlauch
aus, zwei Apparate, welche für die Friedens- und Kriegeschirurgie von der gröfsten
Bedeutung find. Seitdem man fie kennt, werden faft fämmtliche Operationen an
den Extremitäten auf eine unblutige Weife ausgeführt, und Fingercompreffion
fowohl als Tourniquets haben fchon jetzt dem Kautfchukfchlauche das Feld
geräumt. Esmarch’s Gedanke war, das Operationsfeld blutleer zu machen, und
es auch bis zur Vollendung des Eingriffes blutleer zu erhalten. Die Applications-
weife ift einfach folgende: Die zu operirende Extremität wird von den Fingern
oder Zehen an mit elaftifchen Rollbinden feft umfchnürt bis über die Stelle hinauf,
wo das Operationsplanum liegt, wodurch fämmtliches Blut aus den Extremitäten
förmlich aus- und dem Stamme zugeprefst wird. Hierauf wird knapp über der
letzten Bindentour der Kautfchukfchlauch ftramm um die Extremität gewickelt
und der Theil derart comprimirt, dafs das arterielle Blut auch nach Abnahme der
elaftifchen Rollbinde nicht mehr in die Extremität einzudringen vermag.
Durch diefes combinirte Verfahren kann man jede Extremität ganz blutleer
machen, und jede Operation mit Mufse, Ruhe und ohne durch Blutungen geflört
zu werden, ausführen. Die Entfernung des Kautfchukfchlauches ftellt im Momente
die normale Circulation des Theiles wieder her. Bisher gemachte Erfahrungen
lehren, ‚dafs man den Kreislauf bis 40 Minuten lang in einem Extremitätstheile
aufheben könne, ohne letzterem Schaden zu bringen; auch der Verlauf der Wund-
heilung erleidet dadurch keine Abänderung. Diefes Esmarch’fche Verfahren,
welches wohl nicht in der Idee, wohl aber in der Art und Weife der Ausführung
neu ift, kann für alle blutigen Operationen, welche unterhalb des Schulter- und
Hüftgelenkes auszuführen find, Anwendung finden; gegenangezeigt ift es nur bei
eitrigen oder jauchigen Infiltrationen der Weichtheile, weil man dabei ob des
ganz ausgiebigen concentrirten Druckes nebft dem Blute auch die gedachten