54 Dr. Mofetig von Moorhof.
Flüffigkeiten in den Kreislauf zurückpreffen könnte. Der Kautfchukfchlauch allein
ift aber immer und unter allen Verhältniffen jedem anderen Compreffionsverfahren
zum temporären Aufheben der Circulation vorzuziehen, wo man letzteres an einem
Extremitätstheile auszuüben hat. Zur Compreffion der arteria fubelavia oder iliaca
eignet es fich freilich nicht.
Vauzetti Silveftri und Chaffagnac wollen Esmarch die Priorität der
gedachten Methode ftreitig machen, auch ift fie in allerneuefter Zeit in London
von Cripps in London infofern modificirt worden, als die Rollbinde weg-
gelaffen, und nur der Kautfchuckfchlauch zu beiden Zwecken verwendet wird.
Man umfchnürt mit 5 bis 6 Touren des elaftifchen Schlauches das Glied am
peripherften Theile, und rollt dann mit einereigenen Welle fämmtliche Kautfchuk-
touren, gradatim eine nach der anderen von der Peripherie zum Centrum, bis das
Operationsfeld überfchritten ift. Es ift klar, dafs man hiedurch im Stande ift,
alles Blut allmälig zurückzudrängen , und die Wirkung der Rollbinde vollkommen
zu erfetzen. Ob diefes Verfahren aber einfacher fei als jenes mit der elaftifchen
Binde, das müfste man wohl a priori bezweifeln.
Handapotheken für den Verbandplatz waren mehrere zur Anfchauung
gebracht, namentlich heben wir hervor jene des ruffifchen Kriegsminifteriums als
wohl geordnet und gut verpackt in den fchon erwähnten geflochtenen Körben mit
Schweinsleder-Ueberzug, und die ungemein niedliche, leicht transportable und
zweckmäfsig eingerichtete Feldapotheke desöfterreichifch-deutfchen
Ritterordens. In der Ausftattung ähnelt fie einem kleinen Handkoffer, der
auseinander geklappt in zwei Räumen, die wieder durch Deckelverfchlufs zu
fichern find , alle jene Medicamente enthält, welche als die nothwendigften für
die erfte Linie zu rechnen find. Sämmtliche Gefäfse liegen in eigenen Vertiefungen
des Bodens, und deren unverrückbare Lage und der Stoppelverfchlufs wird durch
Federdruck vollends gefichert. Das flüfige Eifenchlorid ift durch Leinwand-
röllchen, die damit gefättigt find, erfetzt, eine Einrichtung, die jeder praktifche
Chirurg gewifs billigen wird. Jedes Leinwand-Stückchen ift in Guttapercha-Papier
eingehüllt, und wird bei der Anwendung einfach glatt auf die Wunde gelegt. Bei
Blutungen aus Höhlenwunden dagegen wird das Läppchen trichterförmig in die
Höhle hineingefchoben und der Innenraum mit Charpie tamponirt. Vielfache Ver-
iuche bewiefen zur Genüge, dafs die Wirkung diefer ftyptifchen Leinwand ganz
identifch fei mit jener des flüffgen Eifenchlorides, nur ift die Art und Weife der
Anwendung eine viel einfachere, leichtere, und die Finger der Chirurgen fchonen-
dere, als jene mit dem flüffigen Präparate. Ebenfo praktifch erdacht ift die Ein-
richtung zur hypodermatifchen Morfiuminjedtion. Um nämlich die Abfcheidung
kıyftallinifchen Morfiums aus der Löfung zu verhindern, die doch bekannter-
mafsen immer eintritt, wenn die Löfung längere Zeit im Gefäfse fteht,
ift das Morfiumpulver in der Dofis von je 2 Gran in weithalfige Gläschen
von I Drachme Inhalt eingefchloffen. Bei der Anwendung füllt der Arzt
das Gläschen voll mit deftillirtem Waffer, und bekommt dadurch eine Löfung von
2 Gran auf ı Drachme. Das weithalfige Gläschen geftattet ferner das unmittelbare
Einführen der Pravaz’fchen Spritze ohne Beihilfe der Stichcanüle, wodurch die
Nothwendigkeit, die Löfung erft in ein Schälchen einfchütten zu müffen , bevor
und damit man fie ın die Spritze einfaugen könne, wegfällt. Die Menge der
bereiteten Löfung ift auch fo klein, dafs der Feldarzt kaum je in die Lage kommen
dürfte, fie nicht täglich verbrauchen zu müffen , wodurch auch der Vortheil fich
ergibt, eines ftets frifch bereiteten Medicamentes fich bedienen zu können.
Die oben angedeutete Form der Handapotheke, ähnlich einem Handkoffer,
empfiehlt fich vor jener bisher üblichen mit Etagenfächern aus dem Grunde, weil
‚der Arzt den Gefammtinhalt der Apotheke leichter überfehen kann, und dadurch
auch das Aus- und Einpacken bedeutend erleichtert wird.
Das Verdienft der Einrichtung und Conftrudion diefer Feldapotheke
gebührt dem Director der k. k. Hofapotheke in Wien, Herrn E. Steinebach.