Full text: Das Heerwesen auf der Weltausstellung 1873 in seinen Beziehungen zu Gewerbe und Industrie (Heft 84)

    
   
  
   
   
  
  
   
   
  
  
   
   
  
   
   
    
   
  
   
    
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
   
  
  
  
  
  
      
Das Heerwefen. 
Die Gruppe VII: 
Metallinduftrie 
ift diejenige, welche für das Heerwefen am ftärkften in Anfpruch genommen ift, 
denn fie liefert nichtnur alle Metallbeftandtheile überhaupt, fondern faft ausfchliefs- 
lich die ganze Bewaffnung. Es bietet fich hier eine faft erdrückende Ueberfülle des 
Intereffanten und Wichtigen, und würde deffen auch nur oberflächliche Würdigung 
den eng gefpannten Rahmen weit überfchreiten. Angefichts diefer wahrhaften 
„embarras de richesses* mufs fich auf eine allgemeine Rundfchau befchränkt 
verden, welche zunächft den Handwaffen gewidmet fei. 
Diefes Genre war in allen Ländern reich vertreten. Hier als Trophäe zur 
Ausfchmückung. dort als Meifterwerke der Waffentechnik! Von der mit zierlichem 
Baftgeflecht künftlich an dem Stiel aus Eifenholz befeftigten fteinernen Streitaxt 
des Cannibalenhäuptlings bis zum Ehrendamascener; vom Kris des Malayen, 
dem Yatagan des Orientalen bis zur weltberühmten Toledoklinge waren alle 
Gattungen Handwaffen vertreten, und boten fie in ihrerMehrzahl hochintereffante 
Objedte zu cultur-hiftorifchen Studien. Was ift gegen die niederfchmetternde 
Wirkung der heutigen Waffen die ausgeftellte Schutzwehr der Indier, Perfer und 
anderer Völker!? Reminiscenzen an vergangene für fie wohl fchönere Zeiten; 
Spielerei zur heiteren Zier geworden! Neben der als Schild verwendeten Schale 
der Riefen-Schildkröte fah man kunftvoll cifelirte Metallichilde und Bruftharnifche 
(bei Iidor Braun’s Söhne zu Schöndorf in Oberöfterreich) mit den Mahlen der 
eftandenen Kugelproben, Helme mit Nackenfchutz aus Panzerringen, äufserft 
unftvolle Panzerhemden, Bogen, Pfeile und die mannigfachften Gattungen von 
Lanzen, an denen namentlich der Orient reich war. 
Heute gilt es weniger Schutz zu bieten als vielmehr Trutz, und ging die 
Vervollkommnung der Hand- mit jener der Feuerwaffen in ziemlich gleichem 
Tempo. Vor Allem waren die Ausftellungen der Innerberger Gewer ke und 
der öfterreichifchen Waffenfabriks -Gefellfchaft hervorragend, 
welche eine äufserft reiche Collection der in der Armee üblichen Säbel, Bajonette, 
Fafchinmeffer u.f.w. boten, und durch die Vorzüglichkeit der Fabricate allgemeine 
Anerkennung fanden, welche auch der Wiener Firma „Thill’s Neffe* für die 
in kaltem Zuftande gefchnittenen Säbelkörbe zu Theil wurde. In Deutfchland 
brillirte neben anderen gröfseren Firmen das weltberühmte Solingen mit Klingen 
aller Art, unter welchen fich namentlich die mattgebeizten bemerkbar machten. 
Rufsland zeigte vorzügliche Armeewaffen, darunter als befonderes Kunftwerk 
eine Stahlklinge mit eingelegter Perleninfchrift. Schweden hatte Klingen aus 
Uchatiusftahl mit doppeltem Hohlfchliff und Rinnen längs des Rückens, dann ein 
Dolchbajonett und ein auf einer Spirale auffitzendes Schulbajonett zum Fecht- 
unterrichte ausgeftellt, während fich Belgien und Italien durch fehr fchöne 
Stahlklingen in vorzüglicher Montirung auszeichneten; namentlich letzteres 
brachte eine durchbrochen gearbeitete Säbelklinge, welche wohl nur als Probe 
für die Güte des Stahles dienen follte. — Amerika, auch in der Waffentechnik 
auf der Höhe der Zeit ftehend, brachte mehrere vorzügliche Klingen, darunter 
folche, die, am Rücken fägenartig gezähnt, einft in der öfterreichifchen Armee 
eingeführt waren, nun aber längft aufser Gebrauch gefetzt find, dann eine Specia- 
lität in Geftalt eines Spatenbajonetts, deffen Stahlfcheide eventuell als Schaft 
für einen am unteren Ende anzufchraubenden ftählernen Schaufeltheil verwendet 
werden kann. Spanien hatte nebft Armeefäbel feine famofen Toledoklingen 
fowohl vollendet, als auch in den verfchiedenen Stadien ihrer Erzeugung exponirt, 
Dann war die Rüftung Don Juan d’Auftria’s, des berühmten Seehelden von 
Lepanto, und der Helm Boadbil’s, des letzten Königs von Granada ausgeftellt, 
der nebft den Reften der einft fo mächtigen Mauren im felben Jahre vernichtet 
wurde, in welchem Chriftoph Columbus eine neue Welt entdeckte. 
  
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